„Lange überfällig“
Nicht zum ersten Mal stehen die USA nach einem folgenschweren Amoklauf vor einer - bisher folgenlosen - Debatte über die umstrittenen Waffengesetze des Landes. US-Präsident Barack Obama kündigte bereits „bedeutsame“ Schritte an. Dennoch zeigte sich etwa New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg skeptisch und fordert von Obama auch eine Umsetzung der in den Raum gestellten Versprechen.
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Mit tröstenden Worten allein sei es diesmal nicht getan, so Bloomberg laut „New York Times“ („NYT“): Für Obama sei es nun vielmehr an der Zeit, eine ernsthafte Debatte über das Waffengesetz anzustoßen. Doch auch Obama selbst beteuerte in seiner ersten Stellungnahme zum Newtown-Amoklauf, dass man „in den vergangenen Jahren zu viele dieser Tragödien durchgemacht“ habe.
Die USA müssten dem US-Präsidenten zufolge nun ernsthafte Schritte unternehmen und dürften sich dabei auch nicht von politischen Machtspielen abhalten lassen. „Wir müssen zusammenkommen und bedeutsam handeln, um mehr Tragödien wie diese zu verhindern - ohne Rücksicht auf Parteipolitik.“
Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein kündigte am Sonntag eine Gesetzesinitiative zum Verbot von Sturmgewehren in beiden Kongresskammern an. Auf die Frage, ob Obama diesen Vorstoß unterstützen werde, entgegnete sie auf NBC: „Ich glaube, das wird er.“
Demonstranten vor Weißem Haus
Vom Präsidialamt wurde bereits erklärt, Obama strebe weiter ein Verbot von schweren Schusswaffen an. Der Amoklauf in Connecticut werde die Debatte anstoßen, zeigte sich mit Jay Carney der Pressesprecher des Weißen Hauses am Freitag (Ortszeit) überzeugt. „Aber ich glaube nicht, dass heute der Tag dafür ist.“
Nur wenige Stunden nach dem Blutbad an der Grundschule in Newtown haben sich in der Nacht zum Samstag dennoch rund hundert Demonstranten vor dem Weißen Haus in Washington versammelt. Doch die Forderungen nach einem restriktiveren Waffengesetz verliefen bisher allesamt im Sand.
Keine Änderungen nach bisherigen Bluttaten
Nach Schießereien mit vielen Toten entfaltete sich in den vergangenen Jahren gewöhnlich eine Debatte, die grob drei Phasen umfasste: Unmittelbar nach der Katastrophe zeigt sich die Nation betroffen, dann liefern sich Befürworter und Gegner von schärferen Waffengesetzen ein Wortgefecht. Schließlich ebbt die Diskussion wieder ab - ohne größere Änderungen am Waffenrecht. Als im Juli in einem Kino in Aurora im US-Bundesstaat Colorado ein Mann während der Premiere des neues „Batman“-Films zwölf Menschen umbrachte, führten die USA eine jener Debatten - bis sie im Nachrichtenstrom unterging.
Dabei sterben in den USA jedes Jahr rund 30.000 Menschen durch Schusswaffen. Knapp 60 Prozent davon sind Selbstmorde, 40 Prozent Tötungsdelikte. Weitaus mehr Bürger werden im eigenen Land erschossen als bei Kriegseinsätzen im Ausland, etwa in Afghanistan. Das Recht auf Waffenbesitz ist im zweiten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten verbrieft. Wie weit dieses Recht reicht und welche Arten von Waffen davon betroffen sind, ist äußerst umstritten.
50 Prozent gegen Einschränkungen
Viele US-Bürger reagieren auf eine Verschärfung der Waffengesetze beinahe so allergisch, als solle ihnen das Recht auf freie Meinungsäußerung genommen werden. Auch nach dem Massaker von Aurora änderte sich an den Umfragewerten nicht viel. In einer Erhebung des Nachrichtensenders CNN vom August sprachen sich 50 Prozent gegen größere Einschränkungen des Waffenbesitzes aus. Dagegen forderten 48 Prozent eine stärkere Waffenkontrolle. Die Werte hätten sich gegenüber Umfragen aus dem Jahr 2011 nicht verändert, hieß es.
Die üblichen Protagonisten der Waffendebatte brachten sich nach dem Massaker von Newtown bereits in Stellung. Die Nichtregierungsorganisation Brady Campaign, die sich für schärfere Waffengesetze einsetzt, sagte, dass eine Reform „lange überfällig“ sei.
NRA hält sich bedeckt
Die mächtige Waffenlobby der National Rifle Association (NRA), die Waffen im Haushalt zur kulturellen Eigenheit der USA überhöht und jede Reform als Angriff auf bürgerliche Freiheiten brandmarkt, hielt sich zunächst bedeckt. Dafür äußerte sich auf dem erzkonservativen TV-Sender Fox News der frühere republikanische Präsidentschaftsbewerber Mike Huckabee. Mit strengeren Gesetzen lasse sich ein derartiges „Blutbad“ nicht verhindern. Stattdessen brachte er als Rezept mehr Gott und Religion in den Schulen ins Gespräch.
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