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„Anti-Terror-Film“ als Oscar-Favorit

Es war der 2. Mai 2011, als die Nachricht um die Welt ging: Osama bin Laden ist tot. Fast zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September hatte eine Spezialeinheit des US-Militärs den Al-Kaida-Chef in einem Haus in Pakistan getötet. Oscar-Preisträgerin Kathryn Bigelow („Tödliches Kommando - The Hurt Locker“) erzählt dazu in „Zero Dark Thirty“ eine Geschichte hinter der Geschichte.

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„Zero Dark Thirty“ ist ein Film über die Jagd auf Bin Laden - dem Mann hinter den Terroranschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon, auf den der US-Senat im Jahr 2007 ein Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar aussetzte. Der Untertitel des Films lautet „The Greatest Manhunt in History - Die größte Verbrecherjagd der Geschichte“.

Im August 2010 hatte die US-Regierung erste Hinweise auf den Unterschlupf von Bin Laden erhalten, wie US-Präsident Barack Obama nach dem Tod des sogenannten „Topterroristen“ sagte. Die Jagd aber begann viel früher - direkt nach 9/11, dem traumatischen Erlebnis mit rund 3.000 Toten, das die USA in ihren Grundfesten erschütterte.

Jessica Chastain im Film Zero Dark Thirty

AP/Columbia Pictures Industries, Inc., Jonathan Olley

Terrorjagd in Pakistan

CIA-Agentin auf der Jagd nach Bin Laden

Im Mittelpunkt der Geschichte von Regisseurin Bigelow und ihrem ebenfalls Oscar-prämierten Drehbuchautor Mark Boal steht die junge CIA-Agentin Maya (Jessica Chastain), die - nahezu besessen - Jahre ihres Lebens für die Jagd nach Bin Laden opfert und bereit ist, sich selbst dafür aufzugeben.

Freunde hat sie nicht, von einer Familie ist nicht die Rede - Zielperson Bin Laden bestimmt ihr Leben. Ihre wichtigste Bezugsperson ist ihre Kollegin Jessica (Jennifer Ehle, die „Elizabeth Bennet“ aus der legendären BBC-Fernsehverfilmung von Jane Austens Klassiker „Stolz und Vorurteil“).

Der gut zweieinhalbstündige Film zeigt die Arbeit der Agenten - akribisch geplante Einsätze und gnadenlose Folter - und kommt schließlich zu dem Ende, das jeder kennt: dem Einsatz der Spezialeinheit Navy Seals in Bin Ladens Festung in Abbottabad, nördlich der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Darauf bezieht sich auch der Name des Films: „Zero Dark Thirty“ ist ein Ausdruck im Militärjargon und bezeichnet eine halbe Stunde nach Mitternacht - den Zeitpunkt, zu dem der Sturm auf Bin Ladens Versteck begann.

Debatte über Folter

In den USA hat der Film schon vor dem Start eine Debatte über Folter ausgelöst. Schließlich ist sie im Film ein wichtiges Mittel für den Erfolg der Suche nach Bin Laden. Als dieser 2011 getötet wurde, hatten Bigelow und Boal schon lange an ihrer Filmidee gearbeitet - das Drehbuch musste daraufhin umgeschrieben werden.

Einen dramatischeren Einschnitt gab es im Frühjahr 2012 bei den Dreharbeiten in Nordindien: Radikale Hindus stürmten das Filmset in einem Vorort der Stadt Chandigarh, wo die Crew die pakistanische Stadt Abbottabad nachgebaut hatte. Die Hindus rissen pakistanische Nationalflaggen und Schilder in Pakistans Landessprache Urdu herunter. Sie wollten es nicht hinnehmen, dass pakistanische Fahnen in einer indischen Stadt wehten.

Dreharbeiten in Indien

Das Team hatte sich entschieden, den Film wegen der angespannten Sicherheitslage nicht in Pakistan, sondern im benachbarten - und noch immer mit Pakistan verfeindeten - Indien zu drehen. Bigelow erklärte sich nach dem Zwischenfall bereit, auf pakistanische Flaggen zu verzichten.

Das Risiko und die Anstrengungen aber dürften sich für Bigelow - die 2010 für den Kriegsfilm „The Hurt Locker“ als erste Frau den Regie-Oscar bekam und im gleichen Jahr auch den für den besten Film einheimste - gelohnt haben. In ersten Rezensionen erkoren Medien in den USA und Großbritannien Bigelows Film zum Meisterwerk und Oscar-Favoriten für das kommende Jahr. Bei den Nominierungen für die Golden Globes, die als Vorboten für die Oscars gelten, heimste „Zero Dark Thirty“ kürzlich vier Nominierungen ein, darunter für das beste Filmdrama und für die beste Regie.

Zugang zu geheimen CIA-Dokumenten?

Hatte sich die US-Regierung zunächst noch beschwert, dass die Darstellungen der Folter nicht den Tatsachen entsprechen würden und völlig aus der Luft gegriffen seien, kamen kurz nach dem US-Kino-Start Beschwerden anderer Art: Wie der „Hollywood Reporter“ vermeldete, setzt sich nun der Geheimdienstausschuss des US-Senats mit der Frage auseinander, ob die Macher des Films Zugang zu vertraulichen CIA-Unterlagen hatten. Bigelow und ihr Team dürften diese Vorwürfe derzeit wohl kaum stören - bedeuten sie doch eine unbezahlbare Publicity für ihren Film.

Britta Schultejans, dpa

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