Teufelskreis aus Not und Aggression
Mali hat lange als einer der wenigen demokratischen Musterstaaten Afrikas gegolten. 20 Jahre lang (1992 bis 2012) funktionierte ein demokratisches Mehrparteiensystem, es gab friedliche Machtwechsel nach Wahlen. Dann schlug der Kampf ums tägliche Überleben in dem bitterarmen Sahelland in politische Radikalisierung und Separatismus um.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die durchschnittliche Lebenserwartung der etwa 14,5 Millionen Einwohner liegt auch aufgrund der Armut bei nur 53 Jahren. Das 1,2 Millionen Quadratkilometer große Land - etwa 15-mal so groß wie Österreich - verfügt dabei über zahlreiche Bodenschätze und ist einer der wichtigsten Baumwollproduzenten Afrikas. Dürreperioden haben der Landwirtschaft nachhaltig geschadet. 60 Prozent des Landes sind von Wüste bedeckt.
Islamisches Fantasieland „Azawad“
Unruheherd ist seit langem der Stammesverband der Tuareg, von denen zwischen 300.000 und 400.000 im Norden Malis leben. Immer wieder lehnten sie sich gegen die Zentralregierung auf, führten zeitweise Krieg gegen die Regierungstruppen und verlangten einen eigenen Staat. Auch Libyens Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi rekrutierte die Tuareg für seine Streitkräfte. Nach Gaddafis Sturz kehrten viele zurück und schlossen sich Aufständischen im Norden Malis an.
Nach einem Militärputsch gegen die Regierung von Präsident Amadou Toumani Toure am 22. März rückten die Rebellen immer weiter vor. Unterstützung bekamen sie von Islamistengruppen wie Ansar Dine, der Verbindungen zu Al-Kaida nachgesagt werden. Die Gruppe rief im April gemeinsam mit der Tuarag-Nationalbewegung MNLA die unabhängige Islamische Republik „Azawad“ in Nordmali aus. In der Stadt Timbuktu, wo Moscheen, Mausoleen und Friedhöfe zum Weltkulturerbe gehören, zerstörten die Islamisten mehrere historische Heiligtümer.
Jeder gegen jeden
Seit der Machtübernahme der Extremisten im Norden flohen Hunderttausende aus dem Gebiet. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) leben derzeit mehr als 350.000 Menschen entweder als Binnenvertriebene oder als Flüchtlinge in Nachbarstaaten wie Mauretanien, dem Niger und Burkina Faso - das auch deshalb, weil es zudem innerhalb von „Azawad“ Spannungen zwischen Tuareg und den Islamistengruppen gibt.
Bei Gefechten der Tuareg mit Kämpfern der mit Ansar Dine verbundenen Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (MUJAO) wurden im Juni in der Stadt Gao mindestens 20 Menschen getötet. Anfang Dezember gab es in Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, Verhandlungen zwischen der Regierung von Mali, den Tuareg und Ansar Dine, um eine politische Lösung zu finden. Die Gespräche führten zu keinem konkreten Ergebnis.
Die internationale Staatengemeinschaft bereitete sich seit Wochen auf eine militärische Intervention vor, um die die Regierung in Bamako ersucht hatte. Angesichts des Vormarsches der Islamisten wollte Paris nun nicht mehr warten und hat Soldaten in das Krisenland entsandt, um den Regierungstruppen zur Seite zu stehen.
Links: