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„Nicht möglich“, Amt weiter auszuüben

Italiens Ministerpräsident Mario Monti steht offenbar vor seinem Rücktritt. Nach einem zweistündigem Krisengespräch mit Staatspräsident Giorgio Napolitano teilte das Präsidialamt in Rom am Samstagabend mit, dass Monti ein Rücktrittsangebot gemacht habe.

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Der Regierungschef, der seit Ende 2011 an der Spitze einer Technokratenregierung steht, halte es „nicht für möglich“, sein Amt weiter auszuüben, hieß es in der Mitteilung des Präsidialamtes weiter. Der Schritt erfolge nach Angaben italienischer Medien, nachdem Ex-Premier Silvio Berlusconi eine neuerliche Kandidatur als Spitzenkandidat für sein Mitte-rechts-Bündnis Popolo della Liberta (PdL) ankündigte.

Das Technokratenkabinett wurde bisher von den großen politischen Parteien Italiens mitgetragen. Bei der letzten Vertrauensabstimmung im Senat und im Abgeordnetenhaus verweigerte die PdL und somit die stärkste Einzelpartei im italienischen Parlament am Donnerstag Montis Technokratenregierung erstmals die Unterstützung. Monti konnte die beiden Abstimmungen aber noch knapp gewinnen.

Abschied nach Budgetabstimmung

Berlusconi hatte am Samstag erklärt, dass seine Partei die Regierung Monti noch so lange unterstützen werde, bis das sogenannte Stabilitätspaket mit Sparmaßnahmen für das nächste Jahr über die Bühne gebracht ist. Danach solle es zu Wahlen und wieder zu einer politischen Regierung kommen.

Monti sagte, er fühle nicht die Unterstützung von Berlusconis PdL. Wenn das Budget rasch verabschiedet werden könne, würde er seinen Rücktritt sofort bestätigen. Monti wolle nun umgehend feststellen, ob die parlamentarischen Kräfte bereit seien, das Gesetz über die Schuldenbremse zu beschließen. Unmittelbar danach werde Monti sich mit seinem Kabinett darüber verständigen, seinen „unwiderruflichen Rücktritt“ bekanntzugeben.

Wahl im Frühjahr 2013

Die Parlamentswahl steht im Frühling 2013 an. Dabei wird die sozialdemokratische PD ihren am vergangenen Wochenende nominierten Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani ins Rennen schicken, dem gute Chancen auf eine Mehrheit eingeräumt werden. Bersani hatte Berlusconi als „verantwortungslos“ bezeichnet. Noch im Oktober dieses Jahres hatte Berlusconi erklärt, er werde nicht noch einmal als Spitzenkandidat seiner Partei antreten, seine Rolle sei eine beratende.

Nach dem PdL-Schwenk lud Napolitano am Freitag zunächst sämtliche Parteichefs und die Präsidenten der beiden italienischen Kammern zu Beratungen in den Präsidentenpalast.

PdL-Chef Angelino Alfano machte im Anschluss deutlich, dass man die Regierung Monti nicht länger unterstützen wolle: „Vor 13 Monaten haben wir den Amtsantritt von Mario Monti unterstützt. Berlusconi hatte sich zu diesem Schritt entschlossen in der Hoffnung, dass sich die Lage in Italien bessern würde. Heute sagen wir, dass die Amtszeit dieser Regierung zu Ende ist.“

Lega: „Regierung Monti ist tot“

Auch die rechtspopulistische Oppositionspartei Lega Nord, die bis vor Kurzem als einzige gewichtige parlamentarische Kraft bereits offen gegen Monti auftrat, ortet nun verstärkten Anlass für eine Rücktrittsaufforderung. „Monti hat keine Mehrheit im Parlament mehr, er soll sofort seinen Rücktritt einreichen“, verlangte Lega-Chef Roberto Maroni. Sein Parteikollege Roberto Calderoli forderte sofortige Neuwahlen. „Die Regierung Monti ist tot. Das Parlament soll das Stabilitätsgesetz verabschieden und Neuwahlen ausschreiben“, sagte Calderoli.

Monti selbst unterstrich zuletzt die Leistungen seines Fachleutekabinetts in seiner einjährigen Amtszeit. „Wir haben hart gearbeitet, um den Haushalt zu stabilisieren und zu verhindern, dass sich ausgehend von Italien ein neuer Brand in der Euro-Zone auslöst. Wir haben dieses Resultat erreicht“, kommentierte Monti.

Sinkende Umfragewerte

Die Popularität seines Fachleutekabinetts ist jedoch auf Talfahrt. Laut einer Umfrage ist das Vertrauen der Italiener in Monti auf 33 Prozent gefallen, das sind drei Prozentpunkte weniger als vor einer Woche. Bei seinem Amtsantritt im November 2011 lag Montis Popularität noch bei 70 Prozent.

Der frühere EU-Kommissar Monti gilt in den Partnerländern und an den Märkten als Garant einer Politik, die das hoch verschuldete Italien wieder auf Gesundungskurs bringen soll. Der Senator auf Lebenszeit war angesichts der wachsenden Finanzprobleme des Landes von Napolitano nach dem Rücktritt Berlusconis mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Monti will bei den nächsten Wahlen nicht antreten. Er steht aber bereit, erneut Verantwortung zu übernehmen, sollte die Wahl nicht die erhoffte Klarheit bringen.

Auf den Finanzmärkten wachsen seit längerem die Sorgen vor der Zeit nach Monti. OECD-Ökonomen Padoan forderte Kontinuität in der Sparpolitik. „Angesichts der aktuellen Fragilität sollten die wichtigsten Parteien ein klares Zeichen setzen, dass die Agenda der Monti-Regierung fortgeführt wird“, sagte Padoan der Zeitung „Corriere della Sera“ vom Freitag.

EU warnt vor Abrücken von Sparkurs

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso warnte Italien angesichts der jüngsten Regierungskrise bereits vor einem Abrücken vom Sparkurs. „Die kommenden Wahlen dürfen nicht als Vorwand dienen, um die Unerlässlichkeit dieser Maßnahmen infrage zu stellen“, sagte Barroso in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Zeitung „Il Sole 24 Ore“. Die relative Ruhe an den Finanzmärkten bedeute keineswegs, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone die Schuldenkrise überwunden habe. Italien müsse an seinen Reformen festhalten.

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