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Lohnvergleich wird schwergemacht

Nachdem in heimischen Betrieben Maßnahmen zur Bekämpfung großer Einkommensscheren langsam umgesetzt werden, tauchen auch schon Gegenerscheinungen auf. Eine umstrittene „Geheimhaltungsklausel“ will Arbeitnehmern das Ausplaudern und Vergleichen ihrer Löhne verbieten. Das läuft aber dem Bestreben nach einer transparenten und fairen Aufteilung zuwider. In Österreich fehlt ein Präzedenzfall.

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Generell gilt in Österreich bei den Finanzen zwar noch die „Schweigen ist Gold“-Regel: Über das eigene Gehalt spricht man nicht. Wenn das aber – wie kürzlich aus Beratungsstellen der Arbeiterkammer Salzburg bekanntwurde – ausdrücklich verboten wird, ist das laut Arbeitsrechtsexperten fragwürdig. Arbeitnehmer hatten AK-Beratern von Klauseln in ihren Dienstverträgen berichtet, wonach es das Gehaltsgeheimnis zu wahren gelte - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

AK rät zu Vorsicht

Auch in der Beratungsstelle der AK Wien sei in Einzelfällen von entsprechenden Vertragsklauseln berichtet worden, heißt es auf Anfrage von ORF.at. Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie der AK Wien: „In solchen Fällen raten wir den Personen zu Vorsicht, wenn sie mit Kollegen über ihre Gehälter reden.“ Wie viele Fälle es bisher waren, sei nicht bekannt. Statistiken dazu werden jedenfalls nicht erstellt.

Eine solche Klausel stehe auf jeden Fall im Widerspruch zum Gleichbehandlungsgesetz und konterkariere die Maßnahmen gegen Lohndiskriminierung und für mehr Transparenz, sagt Moritz. Das sei insbesondere in Österreich wichtig. Die Menschen in anderen Ländern - zum Beispiel im angloamerikanischen Raum - seien mit finanziellen Angaben offener.

Scharfe Kritik in der Öffentlichkeit

In Deutschland ist die umstrittene Klausel laut einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2010 unwirksam. Arbeitnehmer dürfen trotz schriftlichen Verbots offen über ihre Löhne sprechen, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ zum Urteil.

„Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich allerdings noch keine Judikatur diesbezüglich. Wir kritisieren die Situation in der Öffentlichkeit scharf, mehr können wir aber momentan nicht tun“, so die AK-Expertin. Wie in Mecklenburg-Vorpommern, wo ein Arbeitnehmer erfolgreich gegen die „Geheimhaltungsklausel“ geklagt hatte, brauchten auch die heimischen Gesetze einen Präzedenzfall. Als Entlassungsgrund könne das Ausplaudern des Einkommens aber nicht gelten. In dem Fall solle man sich unbedingt an die Arbeiterkammer wenden, wo die Betroffenen Rechtsschutz bekämen.

„Wie bin ich eingestuft?“

Moritz zufolge kommen hier strukturelle Elemente zum Tragen: „In jeder Einstufung darf die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern nicht höher sein als drei Prozent. Eventuelle Unterschiede, die im innerbetrieblichen Gehaltsbericht auffallen, müssen erklärbar und nachvollziehbar sein. Arbeitnehmer sollen bei den Betriebsräten nachfragen dürfen. Sie haben nämlich Einsicht in die Einkommensdaten.“

Bei der Gewerkschaft seien Fälle mit der „Geheimhaltungsklausel“ nicht bekannt, heißt es auf Anfrage von ORF.at. Aus dem Grund hält man sich mit Auskünften eher bedeckt. Martin Parnholzer, Pressesprecher der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), sagte nur, dass es eine „Herausforderung für den Betriebsrat wäre, wenn Arbeitnehmer gegen solche Vertragsbedingungen vorgehen möchten“. Als geeignetes Hilfsmittel dient die Einkommensoffenlegung, zu der immer mehr heimische Unternehmen verpflichtet sind.

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