Weniger Platz für Menschen und Tiere
Während eine Insel, die es nie gegeben hat, seit Jahren fälschlicherweise in Karten verzeichnet ist, könnte tatsächlich vorhandenen Pazifikinseln womöglich bald die Streichung aus den Seekarten drohen: Ein durch den Klimawandel bedingter Anstieg des Meeresspiegels dürfte dramatische Auswirkungen auf kleinere Inseln im Pazifik, Atlantik und im Indischen Ozean haben.
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Für das Leben der Inselbewohner, die Landwirtschaft, die Wirtschaftslage und die Tourismusindustrie könnte der ansteigende Meeresspiegel schon bald drastische Folgen zeitigen. Das Forum der Pazifikinseln (PIF) bezeichnete den Klimawandel auf seinem Gipfeltreffen im Vorjahr als „größte Bedrohung“ der Region. In einigen Pazifikstaaten mussten Bewohner aufgrund des steigenden Meeresspiegels bereits umgesiedelt werden.
Grundwasser immer salziger
Der steigende Meeresspiegel ist beispielsweise für die Marschallinseln zu einer echten Bedrohung geworden. Die Salzkonzentration im Grundwasser steigt, und immer höhere Wellen nagen auf dem Jaluit-Atoll an der wichtigen Verbindung von der Insel zum Flughafen. Die UNO geht davon aus, dass wegen der Erderwärmung und der abschmelzenden Polkappen der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um durchschnittlich 60 Zentimeter steigen wird. Besonders flache Inseln könnten dann größtenteils überschwemmt werden.
Säugetiere spüren Folgen doppelt
Es gibt Befürchtungen, wonach der Meeresspiegel durch die globale Erwärmung voraussichtlich noch in diesem Jahrhundert um ein bis zwei Meter ansteigen könnte. Das hat nicht nur Konsequenzen für Menschen, die in Küstengebieten leben, sondern auch für die Tierwelt dieser Regionen. Eine vor wenigen Monaten in der Fachzeitschrift „Global Change Biology“ veröffentlichte Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt, dass vor allem Säugetiere doppelt betroffen sind: Einerseits verlieren sie Lebensraum durch das steigende Wasser, andererseits durch den Menschen, der ebenfalls neue Wohngebiete erschließen muss, so die Universität in einer Aussendung am Mittwoch.
Mit Hilfe einer Computersimulation haben Dustin Penn und Florian Wetzel vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung die Auswirkungen eines Anstiegs des Meeresspiegels auf den Lebensraum von Säugetieren auf mehr als 1.200 Inseln im südostasiatischen und pazifischen Raum berechnet. Dabei zeigte sich, dass vor allem in dicht besiedelten Gebieten die Verdrängung der Arten durch den Menschen, der neue Wohn- und Anbaugebiete benötigt, den Lebensraum der Wildtiere in gleichem Maße oder sogar stärker einschränkt als der Wasseranstieg selbst. Bedroht sind etwa der Taguan, ein Riesengleithörnchen, und die Dunkelschwänzige Weißbauchratte.
Menschen verdrängen Tierarten
Rechnet man mit einem Anstieg des Meeresspiegels um etwa einen Meter, gehen rund drei Prozent der Küstengebiete verloren. Damit verlieren etwa acht Millionen Menschen ihren Lebensraum, den sie an anderer Stelle wieder einnehmen. In diesem Szenario sind zehn bis 18 Prozent der untersuchten Arten, wie zum Beispiel das Rauchgraue Gleithörnchen, stärker von der Verdrängung durch den Menschen betroffen als durch die Überschwemmungen. Einige Arten (neun Prozent), die bevorzugt im Hinterland leben, seien überhaupt nur durch den Menschen bedroht, so die Studie.
Zusätzlich berechneten die Forscher, dass die Küstenregionen im südostasiatischen und pazifischen Raum unterschiedlich stark von einem Anstieg des Wasserlevels betroffen wären. In Ozeanien wären die Arten vor allem durch das Wasser selbst beeinträchtigt, während die Lebensräume der Tiere der Indo-Malayischen Inseln aufgrund der dichten Besiedlung eher von Verlagerungseffekten vernichtet würden.
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