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Haneke nun alleiniger Rekordhalter

Die große Gala des Europäischen Filmpreises 2012 auf Malta ist mit einem Triumph für den österreichischen Regisseur Michael Haneke zu Ende gegangen. Beim 25. Treffen der europäischen Kinoelite in der kleinen Gastgeberstadt Valletta konnte er sich mit seinem sechsmal nominierten Werk „Amour“ in den Kategorien Bester Film, Regie, Hauptdarsteller und Hauptdarstellerin durchsetzen.

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Mit der Ehrung als Bester Film hat Haneke bereits zum dritten Mal für einen seiner Filme die Auszeichnung erhalten - nach „Das weiße Band“ 2009 und „Cache“ 2005. Er ist damit zum illustren Kreis von Gianni Amelio und Lars von Trier gestoßen, die beide ebenfalls je drei Siege für ihre Werke verbuchen können.

Ebenso drei Siege kann Haneke nun in der Sparte als Bester Regisseur sein Eigen nennen - womit er in der Geschichte des Europäischen Filmpreises an der Spitze steht. Ebenfalls prämiert wurde „Amour“ mit den Auszeichnungen Bester Darsteller an Jean-Louis Trintignant und Beste Schauspielerin an Emmanuelle Riva.

„Bin sehr für europäischen Film“

Österreichs erfolgreichster Filmemacher, der nur in den Sparten Drehbuch und Kamera leer ausging, legte im Anschluss an die Jubiläumsgala auch gleich ein Bekenntnis zum europäischen Kino ab: „Ich bin natürlich sehr für den europäischen Film, weil das der Autorenfilm ist.“

Haneke wollte dabei in seinem Triumph kein Präjudiz für den Auslandsoscar sehen, zu dem Österreich „Amour“ eingereicht hat: "Das letzte Mal (2010 mit „Das weiße Band", Anm.) hat es auch gut ausgesehen und ich habe ihn dann nicht bekommen. Ich kann mich nur überraschen lassen: Wird es eine gute Überraschung, freut es mich, wird es eine schlechte, werde ich auch nicht sterben.“

Preisverleihung in Malta

Reuters/Darrin Zammit Lupi

Haneke bei seinem ersten Auftritt auf der Bühne

Tiesel „unterliegt“ Riva

Damit blieb es für Margarethe Tiesel als Ulrich Seidls Hauptdarstellerin in „Paradies: Liebe“ bei der Nominierung. Dafür hatte die in Graz wohnende Schauspielerin im Gegensatz zur erkrankten Riva Gelegenheit für ein Gespräch mit Moderatorin Anke Engelke - der die barbusige Performance der Schauspielerin einige Gelegenheit zu „breasttakend"en Sprachspielen bot.

Leer ging gleich zu Beginn des Abends auch der dritte österreichische Nominierte aus: Albert Stackl, der gegen 13 weitere Werke mit seinem 23-minütigen "Im Freien“ in der Kategorie Bester Kurzfilm angetreten war, musste sich dem rumänischen Beitrag „Superman, Spiderman or Batman“ des rumänischen Regisseurs Tudor Giurgiu geschlagen geben.

Mirren und Bertolucci geehrt

Die Ehrung für zwei große Stars des europäischen Kinos hatte dagegen bereits im Vorfeld festgestanden. Michael Gambon überreichte seiner alten Freundin Helen Mirren ohne große Umschweife den Award für Verdienste um das europäische Kino, den die 67-Jährigen mit Tränen in den Augen entgegennahm. Zudem wurde der betagte Regiealtmeister Bernardo Bertolucci, der im Rollstuhl auf die Bühne geschoben wurde, für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Begonnen hatte die Jubiläumsausgabe der Europäischen Filmpreise mit einem Defilee der Stars über den Roten Teppich im Mediterranean Conference Centre, einem aus dem 16. Jahrhundert stammenden einstigen Krankenhaus des Johanniterordens an der Westspitze der Halbinsel von Valletta. So fanden sich letztlich gut 1.000 Zuschauer aus der Filmbranche im mit Malteserkreuzen dekorierten Saal, wobei sie bereits zum vierten Mal in Folge gewohnt humorvoll von Anke Engelke durch den Abend geführt wurden.

TV-Hinweis

Die Höhepunkte der Filmpreisgala werden am 4. Dezember um 0.35 Uhr in ORF III gezeigt.

Heiratsantrag auf der Bühne

Ihren Auftaktsauftritt erledigte die 46-Jährige auf der ehemaligen Ordensinsel Malta in einer Ritterrüstung. „This will be a Knight to remember“, so die Erklärung der Moderatorin. Im Anschluss begleitete sie die Gäste in launigen Verkleidungen und Showideen durch den 25. „The European Film Award“ oder wie ihn die Amerikaner nennen würden „The What?“.

Und schließlich gab es sogar ein wirkliches Happy End bei der Gala. Während seiner Dankesrede für die Auszeichnung mit dem Publikumspreis für die belgische Komödie „Come as you are“ machte Produzent Mariano Vanhoof seiner Lebensgefährtin auf offener Bühne einen Heiratsantrag - der angenommen wurde.

„Kritische Menge erreicht“

Die ersten Gratulationen für Haneke trafen umgehend ein. Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) sprach von einem „fulminanten Erfolg“ Hanekes. „Es ist für mich sehr interessant, dass Österreich nicht nur jetzt stark war, sondern die Erfolge schon eine ganze Weile anhalten“, freute sich Schmied, die bei der Gala persönlich anwesend war: „Es braucht für Innovation und Kreativität einfach eine kritische Menge, und die hat Österreich mittlerweile. Das ist ein wirklich interessantes Phänomen, vor allem auch in Relation zur Größe des Landes.“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) gratulierte Haneke in einer Aussendung am Sonntag ebenfalls „sehr herzlich“: „Nur zwei anderen Filmschaffenden gelang es bisher, dreimal diese Ehrung zuerkannt zu bekommen. Auch das dokumentiert Hanekes Bedeutung in der zeitgenössischen Filmkunst eindrucksvoll“, so Faymann. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sieht in der Auszeichnung für Haneke „die hohe Qualität der Lehrenden und der Ausbildung an den heimischen Hochschulen“ unterstrichen, lehrt doch Haneke an der Filmakademie Wien an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

Auch Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) freute sich über Hanekes „fulminanten Erfolgsweg“. ORF-Chef Alexander Wrabetz - über das Film/Fernseh-Abkommen kofinanziert der ORF heimische Produktionen - würdigte den 70-Jährigen als „einen der bedeutendsten Filmregisseure unserer Tage - nicht nur in Österreich, sondern international“.

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