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„Chance für Friedensprozess“

Österreich wird am Donnerstag für den palästinensischen Antrag auf Aufwertung zu einem Nichtmitgliedsstaat bei der UNO stimmen. Es sei zwischen Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) eine entsprechende Einigung erzielt worden.

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Im Ministerrat am Dienstag hatte Spindelegger vorgeschlagen, für den Antrag zu stimmen, wie er im Anschluss an die Regierungssitzung im Pressefoyer berichtete. Als Grund nannte der Außenminister, der ursprünglich für eine Enthaltung als gemeinsame Position der EU eingetreten war, jüngste Wortlautänderungen in der Resolution.

Zusicherungen von Abbas

Demnach ziele der Antrag nun nur noch auf die Vereinten Nationen und nicht auf weitere internationale Organisationen - damit dürften die Palästinenser auf die Möglichkeit verzichten, etwa Israel vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen. Zudem habe Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Vorfeld versichert, er werde keine weiteren Vorbedingungen, etwa einen Siedlungsstopp, für Verhandlungen mit Israel stellen, wenn der UNO-Antrag durch sei. Das sei eine Chance für den Nahost-Friedensprozess, sagte der Außenminister.

Keine gemeinsame EU-Position

Am liebsten wäre ihm eine gemeinsame Position der EU-Staaten gewesen, hielt Spindelegger weiters fest, doch diese sei „in letzter Sekunde“ gescheitert. Nach derzeitigen Informationen werden bei der Abstimmung in der UNO-Vollversammlung am Donnerstag rund die Hälfte der EU-Länder wie Österreich mit Ja stimmen, ein, zwei Länder möglicherweise den Antrag ablehnen und die übrigen Länder sich voraussichtlich enthalten, hieß es aus dem Außenministerium.

Wo die EU-Staaten stehen

Das Stimmverhalten der EU-Länder dürfte ähnlich ausfallen wie vor mehr als einem Jahr, als sich die Palästinenser - erfolgreich - um die Aufnahme in die UNESCO bewarben. Damals stimmten neben Österreich auch Belgien, Zypern, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Luxemburg, Malta, Slowenien und Spanien dafür. Elf Staaten enthielten sich (Bulgarien, Dänemark, Estland, Ungarn, Italien, Lettland, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei und Großbritannien). Deutschland, Litauen, die Niederlande, Schweden und Tschechien stimmten dagegen.

Laut dem Onlinemagazin EUobserver könnten vor allem Zypern und die Niederlande ihre Position geändert haben. Zyperns Kontakte zu Israel hätten sich wegen Gasexplorationsprojekten im Mittelmeer intensiviert. Die Niederlande hätten mit Frans Timmermans nun einen eher israelkritischen Außenminister. Der französische Außenminister Laurent Fabius kündigte am Dienstag in der Nationalversammlung in Paris die Zustimmung an. Es sei seit 1982 die Position Frankreichs, für einen Palästinenserstaat einzutreten.

Gewinn oder Fehler?

Anders als im Sicherheitsrat gibt es in der Generalversammlung kein Vetorecht, weshalb eine Zustimmung zum Antrag der Palästinenser bereits jetzt fix ist. Mehr als 130 der 193 Mitglieder zählenden Versammlung haben ihr Ja bereits zugesagt. Die Palästinenser wollen mit diesem Antrag ihren Status verbessern, nachdem im Herbst des Vorjahres ein Antrag auf Vollmitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat am Veto der USA gescheitert war. Diese wollen erst zustimmen, wenn es eine endgültige Friedensregelung zwischen Palästinensern und Israelis gibt.

„Wir glauben, dass dieser Schritt ein Fehler ist, und sind dagegen“, machten die USA am Dienstag erneut ihre Position, die eng mit Israel abgestimmt ist, klar. Die Palästinenser um Abbas erwarten sich, dass die Anerkennung als Nichtmitglied ihren Ansprüchen auf das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem mehr Gewicht verschaffen wird.

Wichtig für Abbas

Für Abbas ist dieser diplomatische Erfolg allerdings mittlerweile von eminenter innenpolitischer Bedeutung: Seitdem die Hamas erfolgreich gegen die Fatah-Führung im Gazastreifen geputscht hat, sind die Palästinenser nicht nur territorial, sondern auch politisch zweigeteilt. Die Fatah, die - anders als die Hamas - über Verhandlungen mit Israel zu einer Lösung des Nahost-Konflikts zu kommen versucht, verlor in den letzten Jahren stark an Einfluss und Zustimmung. Auch die jüngste Gewalteskalation zwischen Israel und der Hamas hat innerpalästinensisch die Hamas auf Kosten der Fatah gestärkt. Umso wichtiger wird es für Abbas daher sein, diesen diplomatischen Erfolg für sich verbuchen zu können.

Israel versuchte seit Monaten diplomatisch hinter den Kulissen, aber auch mit offenen Drohungen in Richtung Palästinenser, den Antrag zu verhindern - doch offensichtlich vergeblich. Noch letzte Woche eilte Israels Außenminister Avigdor Lieberman zu einem Krisentreffen mit Botschaftern seines Landes in zahlreichen europäischen Staaten nach Wien.

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