Drastische Prognosen
Die Europäische Umweltagentur (EUA) hat sich in einer aktuellen Studie mit Auswirkungen des Klimawandels speziell in Europa auseinandergesetzt. Das Ergebnis: Der gesamte Kontinent wird sich in den kommenden Jahrzehnten laut ihrer Einschätzung - regional unterschiedlich - auf deutliche Veränderungen einstellen müssen. Wetterextreme würden jedenfalls häufiger auftreten als bisher.
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Der südliche Teil Europas werde zunehmend mit Trockenheit, der Norden häufiger mit Hochwasser zu kämpfen haben, so die EUA. Laut dem Bericht lag die Durchschnittstemperatur zwischen 2002 bis 2011 in Europa (auf dem Festland) um 1,3 Grad höher als in der Zeit vor der Industrialisierung (ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Anm.). Damit sei das Jahrzehnt das wärmste, das bisher registriert wurde - häufigere Hitzeperioden inklusive.
Zwischen 2071 und 2100 dürfte das durchschnittliche Temperaturniveau in Europa (gegenüber dem Jahr 2000) um weitere 2,5 bis vier Grad Celsius steigen - „wenn keine ambitionierte globale Klimaschutzpolitik verfolgt wird“. Weltweit könnte sich der Wert laut Prognose zwischen 1,1 und 6,4 Grad bewegen.
Regional unterschiedliche Folgen
Welche Rolle der Klimawandel in diesem Zusammenhang genau spiele, bedürfe noch weiterer Forschungen, heißt es in dem Papier. Allerdings sei „menschliche Aktivität in den gefährdeten Gebieten ein Schlüsselfaktor“. Am stärksten dürften die Temperaturen künftig im Winter in Nord- und Osteuropa steigen. In den Sommermonaten dürfte vor allem der Süden des Kontinents mit Trocken- bzw. Hitzeperioden zu kämpfen haben, heißt es in dem Bericht unter dem Titel „Klimawandel, Auswirkungen und Gefährdung in Europa 2012“. Eine Entwicklung in diese Richtung habe sich in den letzten Jahren abgezeichnet.
„Die Eisdecke in Grönland, das Meereis in der Arktis und zahlreiche Gletscher in Europa schmelzen, Schneedecken schwinden, und die meisten Dauerfrostböden haben sich erwärmt“, so die EUA am Mittwoch in einer Aussendung zu dem Bericht. Das Abschmelzen des arktischen Eises und der Rückzug der Gletscher würden sich weiter beschleunigen, wobei die Eisdecke im Norden bereits heute nur noch die Hälfte der minimalen Ausdehnungen von vor 30 Jahren ausmache. Die Gletscher seien seit 1850 um zwei Drittel geschrumpft. In Westeuropa sei ein Anstieg von „Intensivniederschlägen“ zu beobachten gewesen. Diese Tendenz könnte sich in den kommenden Jahrzehnten weiter verstärken.
Notwendigkeit zur „Anpassung“
Für die Zukunft bedeute das die Notwendigkeit, Vorkehrungen zu treffen: „Wenn sich die europäischen Gesellschaften nicht anpassen“, würden „die durch die Schäden verursachten Kosten“ weitersteigen. In den letzten 30 Jahren seien diese von neun auf 13 Mrd. Euro pro Jahr geklettert. Zum Vergleich: Den Schaden nach Hurrikan „Sandy“ Anfang des Monats bezifferten Versicherungsexperten mit einer Summe von umgerechnet bis zu 23,4 Mrd. Euro.
„Der Klimawandel ist weltweit eine Realität, und das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieses Wandels zeichnen sich immer deutlicher ab. Dies bedeutet, dass alle Bereiche der Wirtschaft und auch die Haushalte sich anpassen, und die Emissionen reduziert werden müssen“, so die Exekutivdirektorin der EUA, Jacqueline McGlade.
Dürre, Hochwasser, neue Krankheiten
Begleiterscheinungen der Klimaveränderung, gegen die künftig Vorkehrungen getroffen werden müssten, seien etwa eine Zunahme der Zahl an Hitzetoten und Waldbrände sowie sinkende Grundwasserspiegel (mit entsprechenden Folgen für die Landwirtschaft) in Süd- und Zentraleuropa. In Nordeuropa sind die Risikofaktoren dagegen häufige Flusshochwasser und an den Küsten (lokal) Überschwemmungen bei Stürmen wegen steigender Meeresspiegel.
Laut dem EUA-Bericht wird sich auch der Gesundheitssektor mit neuen Herausforderungen konfrontiert sehen, da der Klimawandel eine deutliche Rolle „bei der Übertragung von bestimmten Krankheiten“ spiele. Zeckenarten etwa, die im Süden heimisch sind - und damit Krankheiten, welche sie übertragen - tauchen plötzlich im Norden auf. Ein weiterer Anstieg der Durchschnittstemperaturen könne Europa künftig als Lebensraum „geeigneter“ für bestimmte Krankheitserreger übertragende Mückenarten machen. Bestimmte Tier- und Pflanzenarten, die sich regional nicht rasch genug an die neuen Bedingungen anpassen können bzw. deren Fähigkeit zum „Übersiedeln“ in andere Regionen zu gering ist, könnten dagegen verschwinden.
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