Erstes Attentat seit Beginn der Kämpfe
Bei einem Bombenanschlag auf einen Autobus in der israelischen Metropole Tel Aviv sind am Mittwoch laut Medienberichten zahlreiche Menschen verletzt worden. Laut „Haaretzt“ wurden 21 Menschen verletzt. Drei von ihnen seien schwer verletzt.
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Der Anschlag habe sich auf dem Schaul-Hamelech-Boulevard im Zentrum Tel Avivs ereignet. Der israelische Rundfunk meldete, es handle sich nicht um einen palästinensischen Selbstmordanschlag. Möglicherweise habe ein Attentäter eine Bombe gelegt und sei entkommen. Augenzeugen berichteten, eine Person habe eine Bombe platziert und sei davongelaufen.

Reuters/Nir Elias
Der Bus wurde vollkommen zerstört
Die Fenster des Busses seien von der Wucht der Explosion zersplittert. Fernsehbilder zeigten den beschädigten Bus, aus dem dichter Rauch aufstieg. Die Polizei bestätigte zunächst lediglich, dass es eine Explosion gegeben habe.
Vollkommen ausgebrannt
Ein Augenzeuge sprach davon, dass der Bus durch die Explosion vollkommen ausgebrannt sei. Die Sicherheitsstufe um das israelische Verteidigungszentrum Kirja wurde angehoben. Die Schulen wurden angewiesen, die Schüler bis auf weiteres nicht ins Freie zu lassen. Außerdem wurde das nahe gelegene Azrieli Center abgeriegelt.
Medienberichten zufolge bekannten sich die Al-Aksa-Brigaden, die einen bewaffneten Arm der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bilden, zu dem Anschlag. Die Bombenleger seien entkommen, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung laut dem israelischen Internetportal Ynet. Außerdem übernahmen die Volkswiderstandskomitees, eine weitere bewaffnete Palästinensergruppe, die Verantwortung für den Anschlag.
Suche nach weiteren Verdächtigen
Die Polizei nahm rund eine halbe Stunde nach der Explosion einen Terrorverdächtigen in der Nähe des Anschlagsortes fest. Die Polizei sucht allerdings nach zwei weiteren Verdächtigen. Der arabische Fernsehsender al-Arabija meldete, dass sich eine Frau unter den Terrorverdächtigen befinde. Bereits Tage zuvor war vor möglichen Anschlägen gewarnt worden.
Zahlreiche Opfer
Seit der blutigen Eskalation des Konflikts vor einer Woche kamen mehr als 140 Menschen im Gazastreifen und fünf in Israel ums Leben. Fast 1.000 Menschen wurden verletzt, die meisten von ihnen Palästinenser.
Hamas: Heldenhafte Operation
Der Sprecher der radikalislamischen Hamas, Sami Abu Suhri, begrüßte den Anschlag. „Hamas segnet die Märtyreroperation gegen Tal Abib (Tel Aviv). Diese heldenhafte Operation ist eine natürliche Reaktion auf das Massaker an der Familie Dalu und die Angriffe auf Zivilisten, Frauen und Kinder in Gaza“, so Abu Suhri. Der Hamas-Sprecher bezog sich unter anderem auf einen israelischen Luftangriff auf das Haus der Familie Dalu in Gaza, bei der am Sonntag elf Menschen getötet wurden, darunter neun Mitglieder der Familie. Fünf Kinder waren unter den Toten.
„Wir weisen alle westlichen Verurteilungen dieses heroischen Angriffs (auf Tel Aviv) zurück“, fügte Abu Suhri hinzu. Die Hamas habe nie gesagt, dass sie ihre „Märtyrerangriffe“ angesichts der andauernden Angriffe auf die palästinensische Zivilbevölkerung durch die Besatzer (Israel, Anm.) einstellen werde, so der Hamas-Sprecher.
Freudenschüsse im Gazastreifen
Im Gazastreifen wurden Freudenschüsse abgegeben, nachdem lokale Radiosender die Nachricht von der Busexplosion in Tel Aviv verbreitet hatten. Das Attentat kommt gerade zu einer Zeit, da die Bemühungen zur Vermittlung eines Waffenstillstands im vollen Gange sind. Zuletzt wurde die israelische Wirtschaftsmetropole von einem schweren Bombenanschlag im April 2006 erschüttert. Damals tötete ein palästinensischer Selbstmordattentäter elf Menschen bei einem Busbahnhof.
Hoffnung auf Waffenruhe zerschlagen
Während die internationale Diplomatie weiter auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas drängt, gehen die Kämpfe unvermindert weiter. Auch in der Nacht auf Mittwoch wurden aus Gaza-Stadt wieder Luftangriffe gemeldet.
Zugleich berichteten arabische und israelische Medien von weiteren Raketen, die aus dem abgeriegelten Palästinensergebiet auf Israel abgefeuert worden seien. Auch Mittwochfrüh ging der Beschuss Israels vom Gazastreifen aus weiter. Laut dem israelischen Nachrichtenportal Ynet schlugen am späten Abend erneut Raketen auf israelischem Gebiet ein. Meldungen über Schäden oder Verletzte gab es nicht. Wie die Armee in der Früh mitteilte, wurden zwei weitere Geschoße, die auf dicht besiedeltes Gebiet abgefeuert worden sein, in der Nacht abgefangen und zerstört.

Reuters/Ibraheem Abu MustafaAPA/EPA/Oliver Weiken
Ein Wohnhaus in Israel wurde am 15. November von einer Hamas-Rakete zerstört
Gezielt Hamas-Einrichtungen beschossen
Der US-Sender CNN berichtete Mittwochfrüh von einer Serie von Explosionen an einem Regierungsgebäude in Gaza-Stadt. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan meldete den Beschuss einer Polizeistation in Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets. Die israelische Luftwaffe bombardierte nach eigenen Angaben mehrere Dutzend Ziele, darunter das Hamas-Ministerium für innere Sicherheit und eine Polizeizentrale. Man habe auch ein Versteck für ranghohe Hamas-Mitglieder angegriffen, teilte die Armee mit.

Reuters/Ibraheem Abu Mustafa
Eine Explosion nach einem israelischen Angriff im Gazastreifen
Die israelische Luftwaffe habe auch gezielt eine Geheimdienstzentrale der Hamas angegriffen, die absichtlich in einem Mediengebäude versteckt gewesen sei, hieß es in einer Mitteilung. Es seien auch ein ranghohes Mitglied der Hamas-Luftabwehr, mehrere Terrorzellen sowie etwa 50 unterirdische Raketenabschussrampen, Waffenschmugglertunnel sowie Waffenlager beschossen worden.
Hektische Suche nach Lösung
Hoffnungen auf eine rasche Waffenruhevereinbarung unter ägyptischer Vermittlung hatten sich am Dienstagabend zerschlagen. Das israelische Fernsehen berichtete am Mittwoch, es gebe noch Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Seiten. Man hoffe jedoch auf eine Einigung binnen 24 Stunden.
US-Außenministerin Hillary Clinton führte in der Nacht Gespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, Außenminister Avigdor Lieberman und Verteidigungsminister Ehud Barak. Clinton hob die Bedeutung einer für alle Seiten akzeptablen Lösung des Nahost-Konflikts hervor. „Das Ziel ist eine dauerhafte Regelung, die zur regionalen Stabilität beiträgt und den Sicherheitsinteressen und legitimen Forderungen Israels und der Palästinenser Rechnung trägt“, sagte sie nach einem Treffen mit Netanjahu in Jerusalem. Clinton würdigte ausdrücklich die Vermittlung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursis zur Beilegung des Gaza-Konflikts.
Weiterer Gesprächsreigen
Am Mittwoch reiste sie von Jerusalem nach Ramallah im Westjordanland, wo sie von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas empfangen wurde. Vor dem Präsidentensitz demonstrierten etwa 50 Menschen gegen den Besuch. Starke Polizeikräfte riegelten das Gelände ab.
Abbas fordert ein sofortiges Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen. Ein Sprecher der israelischen Regierung wollte Berichte nicht kommentieren, Clinton werde sich danach erneut mit Netanjahu treffen. Später wird Clinton zu Gesprächen in Kairo mit Mursi erwartet.
Absage per Twitter
Bis Dienstagabend war am Verhandlungsort in Kairo mit der Verkündung der Waffenruhe gerechnet worden. Zuvor hatte Mursi angekündigt: „Der israelische Angriff auf den Gazastreifen wird heute enden. Die Bemühungen um eine Waffenruhe zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite werden in den nächsten Stunden positive Ergebnisse bringen.“
Die Absage kam dann per Twitter. „Bisher gibt es keine Einigung auf ein Abkommen, und es wird auch heute Nacht keine mehr geben. Alle Optionen sind offen. Unser Volk und unser Widerstand sind auf alle Möglichkeiten vorbereitet“, schrieb das Mitglied des Hamas-Politbüros, Isat Rischek.
Iran bestätigt Militärhilfe für Hamas
Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani bestätigte am Mittwoch zum ersten Mal, dass der Iran der Hamas militärische Hilfe leistet und darauf auch „stolz“ sei. „Die arabischen Länder veranstalten Konferenzen und reden nur, aber sie müssen wissen, dass die Palästinenser das nicht brauchen. Wir sind daher stolz zu verkünden, dass unsere Hilfe für Hamas finanziell und militärisch ist“, sagte Laridschani nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars.
Die iranische Regierung hatte bis jetzt stets behauptet, dass Teheran die Hamas und die Palästinenser nur politisch und nicht militärisch unterstützen würde, auch im jüngsten Konflikt im Gazastreifen. „Wir sind auch stolz darauf, dass wir stets an der Seite von Palästina und Hamas gewesen sind und das auch, sogar unter schlimmsten Umständen, in der Zukunft sein werden“, sagte Laridschani weiter.
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