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„Die Gefahr einer Attacke war real“

In Polen ist ein Mann wegen der Planung eines Anschlags auf das Parlament in Warschau festgenommen worden. Wie die Sicherheitsbehörden am Dienstag bekanntgaben, wollte der Mann bei dem Attentat die gesamte Staatsspitze ausschalten, während diese im polnischen Unterhaus (Sejm) zu einer Sondersitzung versammelt war. Die Pläne standen demnach kurz vor der Umsetzung in die Tat.

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Der Verdächtige, der als ein 45-jähriger Sprengstoffexperte identifiziert wurde, habe mit vier Tonnen Sprengstoff das Parlament in Gegenwart von Präsident Bronislaw Komorowski, Regierungschef Donald Tusk und mehreren Ministern in die Luft sprengen wollen, sagte der zuständige Staatsanwalt Mariusz Krason am Dienstag vor Journalisten in Warschau. Demnach arbeitete der Mann als Dozent an der Landwirtschaftlichen Universität von Krakau und hatte damit Zugang zu Chemikalien und den Labors der Uni.

Mindestens vier Komplizen

Bei der Pressekonferenz wurden Videos aus dem Besitz des Verhafteten gezeigt, die Testsprengungen zeigen. Laut den Angaben wurden auch zwei Komplizen verhaftet, denen illegaler Waffenbesitz vorgeworfen wird. Insgesamt soll der Mann vier Personen angeworben haben. Im Besitz des Haupttäters wurden laut den Angaben Sprengstoff, Zündvorrichtungen, Fernsteuerungen, Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände wie Sturmhauben gefunden.

Bildercombo sichergestellter Waffen und Werkzeuge

Reuters/Polish Prosecutors Office

Einige der beschlagnahmten Gegenstände

„Die Gefahr einer Attacke war real“, sagte ein weiterer Staatsanwalt, Artur Wrona. Der Haupttäter soll sich teilweise geständig zeigen. In den Aussagen, wie man dem Mann auf die Spur kam, blieben die Behörden vage. Offenbar wollte er weitere Helfer anwerben und erregte dabei die Aufmerksamkeit der Exekutive. Krason verwies aber auch darauf, dass der Verhaftete die Gegend um den Sejm ausgekundschaftet hatte. Unklar war, ob er sich auch dadurch verdächtig gemacht hatte.

Klar rechtsextremer Hintergrund

Die Ermittlungen des polnischen Inlandsgeheimdienstes ABW liefen seit dem 5. November. Seit dem 9. November ist der Mann in Haft. Das Attentat hätte möglicherweise am 11. November, dem polnischen Unabhängigkeitstag, verübt werden sollen. Laut anderen Angaben war die Budgetsondersitzung des Sejm das Ziel. Am Nationalfeiertag wurde laut den Angaben auch die Staatsspitze von der Causa informiert. Der Verhaftete handelte laut Krasons Aussagen isoliert aus fremdenfeindlichen, nationalistischen und antisemitischen Motiven.

Polens wachsendes Nationalismusproblem

In Verhören soll sich der Mann, der von Medien als der Universitätsangehörige Brunon K. identifiziert wurde, teilweise geständig zeigen. Bei seinen Äußerungen soll er erklärt haben, dass der Präsident und der Premier für ihn „Fremde“ seien. Eigens unterstrich Krason, dass der Verdächtige kein Mitglied einer politischen Gruppe oder Partei sei - offenbar ein Verweis im Hinblick auf Polens wachsendes Extremismusproblem.

Gerade am polnischen Nationalfeiertag war es zu Ausschreitungen und 176 Festnahmen bei einem Aufmarsch von Nationalisten gekommen. Bei der Kundgebung mit geschätzt 20.000 Teilnehmern waren auch Abgeordnete der rechtskonservativen Parteien Recht und Gerechtigkeit (PiS) und Solidarisches Polen (SP) präsent. Das Land soll zudem demnächst die Gründung einer neuen nationalistisch-rechtsextremen Plattform erleben, die bald auch zur Partei werden könnte.

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