Das Gedächtnis sichtbar machen
Im ehemaligen Wiener k. k. Telegrafenamt zeigen bekannte Künstler wie der Chinese Ai Weiwei, die US-amerikanische Scherenschnittkünstlerin Kara Walker, das Kollektiv D-Fuse und die niederländische Videokünstlerin Fiona Tan in ihren Werken, wie Geschichts- und Erinnerungsstrukturen durch künstlerische Prozesse sichtbar gemacht werden können.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Auch die Electric Avenue im Wiener MuseumsQuartier (MQ) steht im Rahmen der Vienna Art Week ganz im Zeichen der „Digital Memories: Die Erinnerungen von morgen“. Am Dienstagabend werden zu Fragestellungen wie „Wie werden die Aufzeichnungen von Mailboxen, Onlinefreunden, Blogs, Datenbanken oder unseres Spielverhaltens in 20 Jahren unser Leben rekonstruieren?“ Prognosen der digitalen Kultur geboten
Der Subotron-Shop, die Anlaufstelle für digitale Spielkultur, lädt mit „Die Zukunft der Geschichte“ zur Reise durch digitale Spieleerinnerungen. Die Künstlergruppe monochrom widmet sich dem Thema „Digitale Demenz - das Vergessen im digitalen Zeitalter“. Den Schlusspunkt des Abends bildet ein Vortrag des Berliner Netzaktivisten Markus Beckedahl zum Themenschwerpunkt „Digital Memories“ im Rahmen der q/uintessenz-Veranstaltungsreihe „bits4free“.
Zeitreise in das „Wien 1900“
Zu den weiteren Höhepunkten der über hundert Einzelveranstaltungen umfassenden Vienna Art Week zählt die Eröffnung der Neuaufstellung der MAK-Schausammlung „Wien 1900“ am Dienstagabend. Drei Schauräume sind der Entwicklung des Wiener Kunstgewerbes zwischen 1890 und 1938 (von den Sezessionisten Otto Wagner und Adolf Loos bis zu den Vorreitern des Neuen Wiener Wohnens Josef Frank und Oskar Strnad) gewidmet. Durch gezielte Eingriffe in die Schausammlung gibt die US-Künstlerin Pae White im Rahmen der Vienna Art Week neue Sichtweisen auf die Werke frei.

Sharon Lockhart, 2011
Performance der Noa-Eshkol-Chamber-Tanzcompany
Tägliche Liveperformances
Das Andenken an die verstorbene israelische Tanzkomponistin, Theoretikerin und Künstlerin Noa Eshkol (1924 – 2007) bildet ab Donnerstag das Highlight für alle Tanzbegeisterten. Die kalifornische Künstlerin Sharon Lockhart, die hauptsächlich im Bereich Video und Fotografie arbeitet, hat sich für die Ausstellung „Sharon Lockhart | Noa Eshkol“ intensiv mit dem Leben der Tanzkomponistin auseinandergesetzt.
Eshkols in den 30er-Jahren entwickelte Tanznotation (Eshkol-Wachman-Bewegungsnotation) ist mittlerweile elementarer Bestandteil der Tanzgeschichte. Neben den gezeigten Fotos und Videos werden Mitglieder der Noa-Eshkol-Chamber-Tanzcompany jeden Nachmittag in den neuen Räumen des TBA21-Augartens öffentliche Proben abhalten und auf diese Weise vor Publikum Schritt für Schritt eine komplette Choreographie erarbeiten, die abschließend in der Secession aufgeführt wird.

Michael Borremans
Michael Borremans „The Case“
Porträts ohne Zeit und Raum
Jeglichem zeitlichen und räumlichen Kontext entrückt wirken die schaurig-schönen Porträts des belgischen Künstlers Michael Borremans - ab Donnerstagabend in der BAWAG Contemporary. Durch gezielt eingesetzte Hell-dunkel-Effekte und tiefe Schatten wirken die Figuren Borremans’ oftmals wie lebende Tote in nachdenklicher Haltung oder halb bewusstlosem Zustand und geben dem Betrachter Rätsel auf. So könnte die weibliche Figur in „The Case“ (2009) einem Horrorfilm oder einer forensischen Fotografie entstammen, aber ebenso Opfer eines geheimen Verbrechens geworden oder in tiefen Schlaf gefallen sein.
Mit Musils zeitgeschichtlichem Panoptikum „Der Mann ohne Eigenschaften“ setzt sich der österreichische Künstler Julius Deutschbauer, bekannt für die „Bibliothek ungelesener Bücher“, auseinander. Er hält am Samstag die Performance „Zwischen allen Stühlen der Liebseligkeit“ in der Künstlerhaus k/haus Passagegalerie ab.
Gespräche zum Vertiefen des Gesehenen
Begleitend zu Ausstellungen und Performances, lädt die Vienna Art Week auch zum vertiefenden Meinungsaustausch mit Künstlern und Kunstinteressierten. Den „Künstler als Sammler“ beleuchtet am Donnerstagnachmittag eine Podiumsdiskussion im Dorotheum. Diskutiert wird unter anderem die Frage, warum Künstler sammeln. Dient Sammeln der Inspiration, ist es eine Wertanlage oder ein kulturpolitisches Statement? Denn gerade unter Künstlern wird sehr viel Kunst getauscht. Auf diesem Weg entstehen sehr spezielle Sammlungen, die die Perspektive einer Einzelperson auf die Kunst wiedergeben.
Tatsächlich scheint der Kunstmarkt von ökonomischen Turbulenzen unberührt zu bleiben, entgegen dem globalen Trend sogar zu florieren. Das hat wiederum zur Folge, dass der monetäre Wert die künstlerischen Inhalte zunehmend in den Hintergrund rückt. „Über den Wert von Kunst in Zeiten ökonomischer Unsicherheit“ sprechen am frühen Freitagnachmittag Künstler und Kuratoren im Dorotheum.
Das Symposium „Planning Unplanned_Exploring the New Role of the Urban Practitioner“ setzt sich mit der Rolle von Künstlern bei der Um- und Neustrukturierung von Städten auseinander. Die Vorträge, Diskussionen und Workshops zur Kunst und Architektur im öffentlichen Raum finden am Montag und Dienstag in der TU Wien statt.

kidizin.com und shootthemodel.com
Hosenlabor der Gebrüder Stitch
Künstler öffnen ihre Ateliers
Am Samstag haben Kunstinteressierte Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der zeitgenössischen Kunstproduktion zu werfen. Über 70 österreichische Künstler laden am „Open Studio Day“ in ihre Ateliers ein, darunter Eva Schlegel, Florian Pumhösl, Sonja Leimer und die Kiki Kogelnik Foundation. Erstmals öffnen auch ausgewählte Modeateliers ihre Pforten, und Fashionistas können im Rahmen eines Rundgangs durch Wiens Modeszene unterschiedliche Herangehensweisen an Design und Produktion kennenlernen.
Veranstaltungshinweis
Die Vienna Art Week findet von 19. bis zum 25. November statt.
Link:
Freier Eintritt im mumok
Am Sonntag können dann im Dorotheum vorab jene Objekte moderner und zeitgenössischer Kunst sowie Designstücke besichtigt werden, die in der Auktionswoche darauf versteigert werden. Ein abschließendes Highlight bietet das Museum moderner Kunst (mumok) im Museumsquartier, das am Sonntag bei kostenlosem Eintritt besucht werden kann.
„Inzwischen ist die Vienna Art Week aus dem Wiener Kunstkalender nicht mehr wegzudenken. Dank des großartigen Engagements aller Beteiligten ist es in den letzten acht Jahren gelungen, Wien als internationale Kunstmetropole zu etablieren“, so Robert Punkenhofer, künstlerischer Leiter der Vienna Art Week.
Beate Macura, ORF.at
Links: