Lob für Portugals Reformbemühungen
Begleitet von Protesten und einem enormen Sicherheitsaufgebot ist die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag zu ihrem eintägigen Besuch in Portugal eingetroffen. Sie traf in Lissabon zunächst mit Präsident Anibal Cavaco Silva und danach mit Ministerpräsident Pedro Passos Coelho zusammen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Kanzlerin will das Land auf seinem Reformkurs unterstützen, der angesichts der fortdauernden Krise zunehmend in Frage gestellt wird. In einem Interview mit dem portugiesischen TV-Sender RTP hatte Merkel die Regierung des Landes für ihren „Mut“ bei der Umsetzung der Reformen gelobt.
„Es handelt sich um einen langen und harten Prozess, und ich weiß, dass er viele Opfer fordert“, sagte Merkel dem Sender. Es gebe aber keinen Anlass, die Reformauflagen neu auszuhandeln oder gar ein zweites Hilfspaket für das Land aufzulegen.
Demonstrationen im Zentrum Lissabons
Doch die Bevölkerung hat wenig Verständnis für das Beharren Deutschlands auf strengen Sparmaßnahmen. „Merkel raus“ skandierten Tausende Demonstranten, die sich am Abend im Zentrum Lissabons versammelt hatten. „Merkel führt eine Kampagne gegen die Länder Südeuropas“, rief der Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes CGTP, Armenio Carlos.
Die Zahl der Protestierer blieb jedoch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Medien führten das auf die massive Polizeipräsenz mit Scharfschützen, Hubschraubern und unzähligen Straßensperren zurück. Kundgebungen in der Nähe der offiziellen Veranstaltungsorte waren zudem verboten.
Treffen in einer Festung
Das Treffen Merkels mit Regierungschef Passos Coelho fand nicht in dessen Amtssitz, sondern rund sechs Kilometer außerhalb der Lissaboner Innenstadt in einer rund 500 Jahre alten Festung, dem Sitz des Verteidigungsministeriums, statt. Angesprochen auf die Proteste sagte Merkel: „Mich stört das nicht besonders.“ Demonstrationen gehörten zur Demokratie. Sie zeigten, was in dem Land los sei. „Das nehme ich zur Kenntnis.“ In Portugal ist es Merkels erster offizieller Besuch als Kanzlerin.
Merkel gilt der wachsenden Zahl von Kritikern am Reformkurs in Portugal als Verkörperung der harten Sanierungsauflagen, die das Land erfüllen muss, seit es im Mai 2011 unter den Euro-Rettungschirm schlüpfte. Zusätzlich befeuert wurden die Proteste dadurch, das zeitgleich mit Merkel eine Delegation der Troika aus EU und IWF eine erneute Überprüfung vor Ort starten sollte.
Portugal ab 2014 wieder auf sich gestellt
Bei ihrem Treffen mit Passos Coelho, sagte Merkel, sie sei sicher, dass die auch der Auszahlung der sechsten Hilfstranche zustimmen würden. Passos Coelho betonte, dass sein Land an den Reformen festhalten werde. „Es ist wichtig für uns und Europa, dass das Anpassungsprogramm funktioniert.“ Forderungen aus Portugal, über die Bedingungen erneut zu verhandeln, lehnte er ab.
Die internationalen Geldgeber hatten vor eineinhalb Jahren ein Hilfspakt im Umfang von insgesamt 78 Milliarden Euro für Portugal geschnürt. Das Programm endet 2014, vorgesehen ist, dass das Land sich ab September nächsten Jahres wieder an den Märkten finanzieren kann.
Modell gegen Jugendarbeitslosigkeit
Merkel traf am Nachmittag außerdem deutsch-portugiesische Unternehmer. Bei der Wirtschaftskonferenz soll es unter anderem darum gehen, wie portugiesischen Unternehmen geholfen werden kann, die derzeit wegen der hohen Zinsen zu wenig Geld für Investitionen zur Verfügung haben. Zudem soll über das deutsche Ausbildungsmodell als ein Mittel im Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit gesprochen werden.
Troika-Forderungen entschärft
Mitte September hatte die Troika aus Europäischer Union (EU), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) Portugal Zugeständnisse bei den Reformanforderungen gemacht. So muss das Defizit in diesem Jahr nur auf fünf Prozent und nicht wie ursprünglich geplant auf 4,5 Prozent gesenkt werden und im nächsten Jahr nur auf 4,5 Prozent statt drei Prozent. Zahlreiche Analysten bezweifeln allerdings, dass das Land aus eigener Kraft diese Ziele erreichen kann.
Links: