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Preis zu hoch

Indien hat der internationalen Pharmaindustrie erneut einen schweren Dämpfer versetzt. Das indische Patentberufungsgericht (IPAB) widerrief Anfang November das Patent des Schweizer Pharmakonzerns Roche auf das Medikament Pegasys zur Behandlung von Hepatitis C.

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Zur Begründung führte die Behörde unter anderem den hohen Preis für das Arzneimittel an. Das Gericht sah es auch nicht als erwiesen an, dass das Mittel wirksamer ist als andere Behandlungsmethoden. Roche hatte den Patentschutz für Pegasys von Indien 2006 erhalten. Die Aberkennung dürfte Experten zufolge die Beziehungen zwischen dem Land und internationalen Pharmakonzernen belasten.

Die weltweit agierenden Unternehmen der Branche betrachten den rund zwölf Mrd. Dollar (9,25 Mrd. Euro) schweren Arzneimittelmarkt in Indien als große Chance. Mittlerweile machen aber preiswertere Nachahmermedikamente (Generika) bereits 90 Prozent der Verkäufe dort aus.

Richtungsweisender Prozess

Es ist nicht der erste Fall, in dem Indien einem Medikament die Patentrechte versagte. Seit September läuft in Delhi ein richtungsweisender Patentprozess zwischen dem Pharmaunternehmen Novartis und dem Staat. Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) warnen, dass bei einem Sieg des Basler Pharmakonzerns Millionen von Menschen in Entwicklungsländern den Zugang zu billigen Generika verlieren könnten.

Ausgefochten wird der Rechtsstreit am Novartis-Krebsmedikament Glivec. Diesem versagte das indische Patentamt im Jänner 2006 die Patentierung auf dem indischen Markt. Beim Hauptwirkstoff handle es sich nur um eine neue Version eines bereits bestehenden Wirkstoffs, hatte das Patentamt geltend gemacht. Die vom indischen Patentgesetz geforderte „erhöhte therapeutische Wirksamkeit“ sei nicht gegeben.

Durch alle Instanzen

Novartis akzeptierte den Entscheid nicht und brachte den Fall vor die nächste gerichtliche Instanz. Auch diese entschied gegen Novartis, worauf der Konzern erneut Klage einreichte und damit nun vor den Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt des 1,2 Milliarden Einwohner zählenden Landes gelangte.

Aus Sicht des Weltkonzerns Novartis geht es bei dem Prozess um die Innovationssicherheit seiner Pharmaprodukte auf dem indischen Gesundheitsmarkt mit einer rasant wachsenden kaufkräftigen Mittelschicht. Für die benachteiligten Bevölkerungsschichten der Welt hingegen geht es um den billigen Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln.

Billige Verlängerung der Patente

Denn würde das indische Höchstgericht Novartis recht geben, hätten auch andere internationale Pharmakonzerne wie etwa Bayer und Pfizer mehr rechtliche Handhabe, um ihre Patente nur durch Neuformulierungen („Evergreens“) über die übliche Dauer von 20 Jahren hinaus verlängern oder neu gewähren zu lassen. Generikahersteller in Indien dagegen wären in ihrem Handlungsspielraum empfindlich eingeschränkt. Dabei geht es bei weitem nicht nur um Mittel gegen Krebs, sondern auch um Medikamente zur Vorbeugung von Epidemien und zur Behandlung von chronischen Krankheiten wie Tuberkulose und HIV/Aids.

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