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Von Homosexuellenehe bis Marihuana

In den USA wird am Dienstag nicht nur ein neuer Präsident gewählt: Auf allen drei Ebenen - Bund, Bundesstaaten, Kommunen - werden Ämter vergeben und Referenden abgehalten. Ein typischer Wahlzettel kann mehr als 50 Einzelentscheidungen umfassen. Neben Gouverneurswahlen in einigen Bundesstaaten finden sich auch Volksabstimmungen etwa über Homoehe und die Legalisierung von Marihuana.

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Neben der Abstimmung über das Staatsoberhaupt gilt als wichtigster Urnengang die Neuwahl des gesamte Repräsentantenhauses. Bei der jüngsten Kongresswahl vor zwei Jahren hatten die Republikaner das Repräsentantenhaus im Sturm genommen. Eine Welle der Empörung über Präsident Barack Obamas Gesundheitsreform und die explodierende Staatsverschuldung schwappte eine Reihe von Neulingen ins Parlament, die dem erzkonservativen „Tea-Party“-Flügel der Partei angehörten. Derzeit sind 240 Republikaner im Repräsentantenhaus, Obamas Demokraten haben dort 190 Abgeordnete. Fünf Sitze sind unbesetzt. Eine Legislaturperiode beträgt zwei Jahre.

Wahlbeobachter bereitet die Wahlmaschinen vor

Reuters/Chris Keane

Der Aufbau der Wahlmaschinen wird überprüft

25 Sitze heiß umkämpft

„Die Republikaner werden das Repräsentantenhaus sehr wahrscheinlich halten“, vermutet Nathan Gonzales von „The Rothenberg Political Report“. Gonzales glaubt zwar, dass die Demokraten einige Sitze zurückerobern werden - aber bei weitem nicht so viele, wie sie für eine Mehrheit benötigen.

Der „New York Times“ zufolge sind 25 Sitze im Repräsentantenhaus heiß umkämpft. Um ihre Wiederwahl bangen muss unter anderem die Abgeordnete Michele Bachmann, die sich erfolglos um die republikanische Präsidentschaftskandidatur beworben hatte. Die „Tea-Party“-Ikone tritt in ihrem Wahlkreis in Minnesota gegen den Hotelmanager Jim Graves an, der Bachmann vorwirft, nur das nationale Rampenlicht zu suchen und ihre Wähler in der Heimat zu vernachlässigen.

Empörung über Senatsbewerber

Auch ein Drittel des Senats wird neu gewählt. Senatoren werden auf sechs Jahre gewählt. Die Republikaner starteten mit dem Ziel ins Wahljahr 2012, den Demokraten nach dem Repräsentantenhaus auch den Senat abzunehmen. Derzeit haben die Demokraten dort 51 Sitze, die Republikaner 47. Dazu kommen zwei parteilose Senatoren. Die Chancen der Republikaner für eine Machtübernahme schienen groß, schließlich werden von den 33 in diesem Jahr neu zu vergebenden Sitzen 23 von Demokraten gehalten. Doch dann brachten sich die Republikaner selbst um die gute Ausgangsposition.

Zunächst sorgte der republikanische Senatsbewerber Todd Akin aus Missouri für Empörung, als er im August behauptete, der weibliche Körper könne bei einer Vergewaltigung eine Schwangerschaft verhindern. Akin, der bis dahin in Umfragen geführt hatte, fiel daraufhin hinter die demokratische Senatorin Claire McCaskill zurück. Auch der Senatsbewerber Richard Mourdock, der einen von den Republikanern gehaltenen Sitz in Indiana verteidigen soll, stellte sich mit einem umstrittenen Kommentar zu Abtreibungen ins Abseits. Selbst eine Schwangerschaft nach Vergewaltigungen sei gottgewollt, sagte er vergangene Woche.

Verspielte Chance für Republikaner?

„Der Senat neigt ganz leicht den Demokraten zu“, sagt Politikprofessor Larry Sabato von der Universität Virginia. Das Onlinemagazin Politico urteilte, dass die Republikaner zum zweiten Mal nach 2010 wegen schwer vermittelbarer Kandidaten die Chance verspielen könnten, eine Mehrheit im Senat zu erobern. Die „Supermehrheit“ von 60 der 100 Sitze, mit der die Republikaner eine Blockade ihrer Gesetzesentwürfe verhindern könnten, ist außer Reichweite.

Obamas Partei könnte auch den Sitz des 2009 verstorbenen demokratischen Senators Ted Kennedy aus Massachusetts zurückerobern. Diesen hatte der Republikaner Scott Brown in einer Nachwahl für den Rest von Kennedys Amtszeit bis Ende dieses Jahres ergattert. Nun liegt Brown in aktuellen Umfragen hinter seiner demokratischen Herausforderin Elizabeth Warren. Anders als im Repräsentantenhaus sind im Senat alle US-Bundesstaaten unabhängig von ihrer Bevölkerungszahl mit zwei Vertretern repräsentiert.

Rennen um Gouverneursposten

Auf der Ebene der Bundesstaaten werden elf Gouverneursposten neu vergeben. Die Republikaner dürften ihre Mehrheit unter den 50 US-Länderchefs um einen oder zwei Vertreter ausbauen. Gegenwärtig stellen sie 29 Gouverneure, die Demokraten 20. Der Gouverneur von Rhode Island ist parteilos. Mehr als 6.000 Sitze in den Parlamenten der Bundesstaaten werden ebenfalls neu gewählt. Die Republikaner kontrollieren 59 der 98 Kammern, die Demokraten 36, und in drei gibt es eine Pattsituation. Bei der letzten Wahl hatten die Republikaner den Demokraten 23 Kammern abgenommen.

Wegen der starken direkten Demokratie in den USA werden auf dieser Ebene oft auch Kabinettsposten wie Finanz-, Justiz- und Innenminister vom Volk bestimmt. Zum Teil werden auch Richter gewählt - im Bundesstaat Washington zum Beispiel auch die des Obersten Gerichtshofs.

Von Marihuana bis Todesstrafe

Auf Landesebene finden auch zahlreiche Volksabstimmungen statt. In 37 Bundesstaaten sind die Wähler aufgerufen, an insgesamt 172 Referenden teilzunehmen. Davon wurden 42 von den Bürgern selbst auf den Stimmzettel gehoben. In den vier Bundesstaaten Maine, Minnesota, Maryland und Washington finden Abstimmungen zum Thema Homosexuellenehe statt. In Kalifornien wird über die heiß diskutierte Abschaffung der Todesstrafe abgestimmt. Der Antrag dürfte scheitern. Zudem sollen die Bürger darüber entscheiden, ob gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen.

In Massachusetts geht es um die Einführung der Sterbehilfe. In Colorado, Oregon und dem Bundesstaat Washington entscheiden die Bürger auch über die Legalisierung von Marihuana. Umfragen zufolge könnten die Befürworter in Colorado und Washington einen Erfolg verbuchen.

Wer wird Sheriff?

Auf der Kommunalebene setzt sich das Prinzip der direkten Demokratie fort. Neben den Bürgermeistern, Stadträten, Schatzmeistern und Richtern können auch hochrangige Beamte wie der Sheriff ein direktes Mandat benötigen. Auch hier gibt es eine Vielzahl von Volksbefragungen. Oft wird dabei entschieden, ob die Stadt oder der Landkreis etwa zweckgebundene Steuern erlassen oder Pfandbriefe herausgeben darf.

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