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Feuerball in Manhattan

Während des Wirbelsturms „Sandy“ hat es in der Nacht in einem New Yorker Umspannwerk eine Explosion gegeben. Bilder zeigten einen gewaltigen Feuerball aus der Anlage in der Lower East Side von Manhattan am späten Montagabend (Ortszeit).

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Der Unfall verschärfte die Lage in Manhattan nach zahlreichen Stromausfällen weiter. Mindestens 660.000 Menschen waren ohne Strom, nachdem „Sandy“ über New York hinweggezogen war. Teilweise war der Strom vorsorglich abgestellt worden, zumeist versagte aber das Netz oder wurde durch umgestürzte Bäume unterbrochen. Allein die Explosion, deren Ursache zunächst unklar war, schnitt 250.000 Menschen von der Stromversorgung ab. In den Medien wurde spekuliert, dass die Detonation in dem Umspannwerk eine Sturmfolge sein dürfte.

Einwohner baden in Flut in Brooklyn

Reuters/Gary He

Manche nehen das Unwetter ganz locker: Zwei Männer schnorcheln durch Brooklyn

„Leute nehmen das nicht ernst genug“

Die Rettungs- und Einsatzkräfte waren unterdessen im Dauereinsatz. In Lower Manhattan kamen Feuerwehrleute teils nur noch mit Schlauchbooten vorwärts. So retteten sie auch mehrere Mitarbeiter des Stromerzeugers ConEd, die wegen der Fluten stundenlang in einem Umspannwerk festsaßen. Einer der Geretteten sagte, er sei einer von mehreren, die angeboten hätten, auch während des Sturms für die Stromfirma weiterzuarbeiten: „Das passiert, wenn man sich freiwillig meldet“, meinte er.

Der Polizeibeamte Tiffany Barrett beklagte, dass die Leute die Gefahr „eindeutig nicht ernst genug nehmen“. „Unsere größte Sorge ist, dass der Sturm zu einer Art ‚Katrina‘ wird und wir die Menschen nicht mehr erreichen können“, erinnerte Barrett an die Flutkatastrophe in New Orleans vor sieben Jahren.

Explodeierender Transformator in Manhattan

AP/Dani Hart

Feuerball nach der Explosion in einem Umspannwerk

Der New Yorker Stromversorger ConEd sprach von „Rekordausfällen“. Das Unternehmen hat sowohl mit umfallenden Bäumen, die die oberirdischen Leitungen kappen, zu kämpfen als auch mit den Fluten, die die unterirdisch verlegten Leitungen unter Wasser setzten. Eine Firma, die auf das Schätzen von Schäden spezialisiert ist, schätze die Kosten des Sturms auf 20 Milliarden US-Dollar (15,5 Mrd. Euro). Auch wenn „Sandy“ weniger intensiv ist als der Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005, so hatte er doch auf seinem Weg zur US-Küste bereits mehr als 60 Menschenleben gefordert.

„Größte Katastrophe in 100 Jahren“

Die New Yorker Verkehrsbehörde Metropolitan Transportation Authority (MTA) - mehrere Tunnel der U-Bahn und auch Straßentunnel wurden geflutet - handelte es sich in diesem Bereich um die schlimmste Katastrophe seit mehr als einhundert Jahren. „Die New Yorker U-Bahn ist 108 Jahre alt, aber niemals war sie mit einer derart verheerenden Katastrophe konfrontiert, wie wir sie in der vergangenen Nacht erlebt haben“, sagte MTA-Chef Joseph Lhota.

Ein durch den Sturm zerstörter Kran in New York

APA/EPA/Andrew Gombert

Ein beschädigter Kran an der Fassade eines New Yorker Hochhauses

Die meisten überschwemmten U-Bahn-Tunnel befanden sich unter dem East River, der sich an der Halbinsel Manhattan entlangzieht, auf die heftige Regenfälle niedergingen. „Sandy“ verursachte der MTA zufolge im gesamten U-Bahn-Netz „Chaos“, führte zu Stromausfällen und überschwemmte Busdepots. Die New Yorker U-Bahn hatte ihren Betrieb am Sonntagabend vorsorglich unterbrochen.

Laut MTA ist bisher unbekannt, wie hoch das Wasser unter der Erde gestiegen sei, hieß es. Mehrere Sender berichteten, dass in den Tunneln das Wasser 1,20 Meter hoch stehe. Der Battery-Tunnel, Nordamerikas längster Unterwasser-Straßentunnel, lief ebenfalls voll Wasser. Er liegt unter dem East River und verbindet den Stadtteil Manhattan über drei Kilometer mit Brooklyn. Auch auf Ground Zero, wo einst die Türme des World Trade Center standen, strömte Wasser in eine Baugrube.

Die Behörden evakuierten auch die Umgebung der Baustelle eines 90-stöckigen Wolkenkratzers in der Nähe des Central Parks: Nachdem die Spitze eines riesigen Krans in dem starken Wind brach, bestand die Gefahr, dass sein ganzer Ausleger abstürzen könnte.

„‚Sandys‘ größter Idiot“

Die Sturmnacht von New York hatte ihre Helden - und auch ihren „Idioten“. So betitelten New Yorker Medien einen Mann, der am Montagabend (Ortszeit) mitten im Wirbelsturm mit seinem Jet-Ski im New Yorker Hafen herumfuhr. „Der Typ ist verrückt, einfach nur verrückt“, sagte eine Sprecherin der Stadt. New Jersey auf der anderen Seite des Hafens hatte zuvor mit deutlichen Worten gemahnt, sich aus den gefährlichen Zonen zurückzuziehen: „Wenn Sie bleiben, sterben Sie. Und Sie sterben als sehr eigensüchtiger Mensch, weil Sie nicht an die Helfer denken, die kommen, wenn Sie verletzt sind, oder Ihre Leiche bergen müssen.“

Fluten weichen zurück

Nach dem Wirbelsturm „Sandy“ begann sich in den ersten Teilen der schwer getroffenen Millionenstadt New York die Lage leicht zu entspannen. Die Fluten wichen am Dienstag zurück. In dem weniger vom Unwetter geschädigten Stadtteil Harlem, wo in der Nacht das Wasser des Hudson River in Ufernähe knietief stand, blieb eine dünne Schlammschicht auf den Wegen zurück.

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