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61 Mrd. Dollar für Komplettübernahme

Das Ziel, zum weltgrößten Ölkonzern aufzusteigen, rückt für den russischen Staatskonzern Rosneft in greifbare Nähe. Am Montag stimmte der britische Ölkonzern BP zu, seine 50 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP an Rosneft zu verkaufen. Die andere Hälfte gehörte russischen Oligarchen, die sich den Wünschen von Präsident Wladimir Putin ebenfalls nicht verschließen konnten.

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Rosneft bot für die Teilübernahme von TNK-BP 17,1 Milliarden Dollar (13,1 Mrd. Euro) und eine Unternehmensbeteiligung für BP in Höhe von 12,84 Prozent. Zusätzlich kaufe BP für 4,8 Milliarden Dollar weitere 5,66 Prozent an Rosneft, teilte BP mit. Damit wird das britische Unternehmen hinter dem russischen Staat zum zweitgrößten Aktionär. BP hofft nach eigenen Angaben nun darauf, zwei Posten im Aufsichtsrat des Staatskonzerns zu übernehmen.

Rosneft-CEO Igor Sechin und Russland-Präsident Wladimir Putin

AP/RIA-Novosti/Presidential Press Service/Mikhail Klimentyev

Igor Setschin (l.) und Putin (r.) wollen Rosneft zum Weltmarktführer machen

Oligarchen ausgekauft

Damit will BP seinen Einfluss im bald größten Ölkonzern der Welt absichern. Unmittelbar nach Unterzeichnung des Deals teilte Rosneft-Chef Igor Setschin mit, sein Unternehmen habe auch die zweite Hälfte an dem Joint Venture von einem russischen Oligarchenkonsortium erstanden. Er bezifferte das Gesamtvolumen auf 61 Milliarden Dollar (46,76 Mrd Euro).

Ölmacht Russland

Die Fördermenge von Rosneft wird von Experten auf 4,5 Millionen Barrel pro Tag geschätzt. Das ist fast doppelt so viel, wie etwa ExxonMobil und PetroChina fördern. Russland gehört neben Saudi-Arabien schon bisher zu den größten Ölförderer der Welt.

Vorangetrieben wurde das Projekt von Putin, der eine Rückverstaatlichung der Ölindustrie in Russland anstrebt. Putin sagte am Montag, Rosnefts Kauf sei „ein gutes Geschäft zu einem guten Preis“. Zudem sei das Geschäft nicht nur für den russischen Energiesektor wichtig, „sondern auch für die Wirtschaft des Landes“, so Putin. Befürchtungen vor einem übermächtigen Ölriesen versucht Moskau zu zerstreuen. „Es wird kein Monopol geben. Bei uns herrscht eine verhältnismäßig starke Konkurrenz auf dem Markt“, betonte Energieminister Alexander Nowak noch vor wenigen Tagen.

Streit über Arktisvorkommen

Russland war schon länger ein schlechter Boden für BP. Nach Streitigkeiten mit den TNK-BP-Eignern musste sich 2008 der heutige BP-Chef Bob Dudley fluchtartig aus Russland zurückziehen. Dazu kamen zermürbende Streitereien um lukrative Förderquellen in der Arktis, wo Experten ein Fünftel der weltweit noch unentdeckten Ölvorkommen vermuten. BP wollte bei der Erschließung von Feldern in der Region mit Rosneft zusammenarbeiten. Das Oligarchenkonsortium aber bestand darauf, dass nicht BP selbst, sondern TNK-BP dort mit Rosneft Öl fördert.

Doch die Vorliebe der russischen Regierung, größere Ölfelder an staatseigene Betriebe zu vergeben, schränkte den Aktionsradius von TNK-BP deutlich ein. Zumindest finanziell hat sich die TNK-BP-Investition für die Briten aber gelohnt: Das Unternehmen war 2003 gegründet worden, BP hatte der Anteil damals sieben Milliarden Dollar gekostet.

Mit Putins Hilfe ganz nach oben

Rosnefts steiler Aufstieg begann Mitte des vergangenen Jahrzehnts, als der Konzern den Großteil des Ölkonzerns Yukos von Putin-Kritiker Michail Chodorkowski übernahm. Chodorkowski wurde in spektakulären Prozessen wegen Steuerhinterziehung, Unterschlagung und Geldwäsche zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, Yukos musste in die Insolvenz und wurde zerschlagen.

Chodorkowski gehörte zu einer kleinen Gruppe russischer Unternehmer, die in den Zeiten der Privatisierung durch den günstigen Erwerb von Staatsbetrieben reich wurden. Er bezeichnet das Vorgehen gegen ihn als politisch motiviert und vermutet das Präsidialamt im Kreml als Drahtzieher dahinter. Einer der an der Zerschlagung maßgeblich beteiligten war Putins Vizestabschef Setschin - heute mächtiger Rosneft-Chef.

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