Themenüberblick

„Ohne ‚Emmanuelle‘ wäre ich Sekretärin“

Die durch den Erotikfilm „Emmanuelle“ bekanntgewordene niederländische Schauspielerin Sylvia Kristel ist tot. Kristel sei im Alter von 60 Jahren ihrem Krebsleiden erlegen, teilte ihre Agentur am Donnerstag mit. Kristel wurde 1974 durch die Hauptrolle in dem französischen Film „Emmanuelle“ über die sexuellen Abenteuer einer jungen Frau in Asien international bekannt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Laut Agentursprecherin Marieke Verharen starb Kristel in der Nacht auf Donnerstag „im Schlaf“. Die Schauspielerin - sie rauchte ab ihrem elften Lebensjahr filterlose Zigaretten - war bereits vor längerem an Kehlkopfkrebs erkrankt, im Juni erlitt sie außerdem einen Schlaganfall.

Genrewechsel nicht geglückt

Kristel spielte nach ihrem Erfolg im ersten „Emmanuelle“-Film, der 13 Jahre lang in den Kinos der Pariser Champs-Elysees blieb und der erfolgreichste französische Streifen der 70er Jahre war, in mehreren weiteren Folgen der Reihe bis in die 90er Jahre. Zudem drehte sie andere Erotikfilme, darunter eine Verfilmung von D. H. Lawrences „Lady Chatterley’s Lover“. In anderen Genres konnte sie kaum Fuß fassen. Ende der 70er Jahre spielte sie in „Airport ’80 – Die Concorde“ an der Seite von Alain Delon, in „Das Geheimnis der eisernen Maske“ und in „Der fünfte Musketier“ mit Beau Bridges und Ursula Andress - ohne große Erfolge zu erzielen.

Als Malerin zurückgezogen gelebt

„Ohne ‚Emmanuelle‘ wäre ich Sekretärin“, sagte Kristel in der Dokumentation „Sylvia Kristel - Paris“ der jungen niederländischen Künstlerin Manon de Boer, die 2004 bei der Viennale lief. Für den preisgekrönten Streifen hatte die Künstlerin der „Emmanuelle“-Darstellerin im Abstand von zehn Monaten bis einem Jahr immer dieselbe Frage gestellt: Welche Erinnerungen hat Kristel an ihre Ankunft in Paris und den weiteren Verlauf ihres Lebens?

Die niederländische Sylvia Kristel

APA/EPA/ANP/Levin den Boer

Kristel kämpfte jahrelang gegen Krebs

„Ich habe die Tendenz, nur die guten Erinnerungen zu behalten. Das ist Teil meines Selbstschutzes“, so Kristel, die in den vergangenen Jahren zurückgezogen als Malerin und gelegentliche Filmschauspielerin in Amsterdam lebte. Und diese guten Erinnerungen drehten sich um Filme, Männer und ihr Leben als Star.

„Leben war wie eine Hochschaubahn“

„Mein Leben damals in den 1970ern war wie eine Hochschaubahn - und ich habe einfach losgelassen. Ich bin wie auf einem Surfboard die Welle geritten und war verzückt“, so Kristel in dem Film über die Zeit ihres rasanten Aufstieges zur Erotikikone, zu der sie die ab 1974 in den Kinos angelaufenen „Emmanuelle“-Streifen machten. „Mit 19 habe ich bei einem Filmfestival Fred Astaire die Hand geschüttelt“, so Kristel und als eine der „Happy Few“ mit weiteren Stars aus Film, Show und Kunst diniert, gefeiert - und Affären gehabt. „Ich hätte damals sterben können, und mein Leben wäre erfüllt gewesen.“

Alkohol, Drogen, Männer

Eigentlich - und unerwartet angesichts der Freizügigkeit vieler ihrer Filme - widerstrebte Kristel jede Öffentlichmachung ihres Lebens. „Ich bin eine sehr private Person, ich lebe in meinem Appartement in Amsterdam mit meinen Gemälden und meinen Büchern.“ Als Malerin könne sie zurückgezogen bleiben. „Beim Film ist man Teil einer Familie. Das mag ich nicht“, so Kristel.

In ihrer 2006 erschienen Autobiografie „Nue“ (dt.: nackt) schildert Kristel offen ihr turbulentes Leben mit Alkohol und Drogen und wechselnden Beziehungen. Drei Ehen scheiterten. In der TV-Dokumentation „Hunting Emmanuelle“ gab sie eine Kokainsucht zu, die sie in jener Zeit, als sie erfolglos versuchte, in Hollywood Fuß zu fassen, an den Rande der Armut trieb.

Links: