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Kann sich Obama von Romney absetzen?

US-Präsident Barack Obama hat laut Schnellumfragen und US-Kommentatoren das zweite TV-Duell gegen seinen republikanischen Herausforderer Mitt Romney klar für sich entschieden. Obama machte damit nach seiner Schlappe bei der ersten TV-Konfrontation wieder Boden gut. Ob er damit das Steuer herumgerissen hat und sich in der Wählergunst von Romney absetzen kann, ist weiterhin fraglich.

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In einer nicht repräsentativen Schnellumfrage von CNN und ORC sagten 46 Prozent der befragten Wähler, der Amtsinhaber habe die TV-Debatte gewonnen. Nur 39 Prozent sahen Romney vorn. Beim Auftakt vor zwei Wochen hatten 67 Prozent der befragten Wähler Romney vorn gesehen. Eine Umfrage von CBS News/Knowledge networks zeigt allerdings, dass der Abstand bei den noch unentschlossenen Wählern geringer ist. So sahen zwar 37 Prozent Obama im Vorteil, aber immerhin 30 Prozent Romney. 33 Prozent sahen keinen Gewinner. Das ist ein kleinerer Vorsprung für Obama als für Romney nach der ersten Debatte, als das Verhältnis 46 zu 22 für Romney war.

Zurückgeschraubte Erwartungen

Laut „New York Times“ könnten Obama auch die zurückgeschraubten Erwartungen geholfen haben. In einer CNN-Befragung gaben 73 Prozent an, dass Obama besser als erwartet agiert habe. Nur zehn Prozent sagten, er sei schlechter gewesen. Eine weitere Ad-hoc-Umfrage unter Wählern in den wichtigen „Swing-States“, die die Debatte gesehen hatten, sieht Obama deutlicher im Vorteil. Hier gewann er mit 53 zu 38 Prozent.

Kommentatoren sehen Obama als Gewinner

„Er zeigte den Kampfgeist, den er in der ersten Debatte vor zwei Wochen nicht gezeigt hatte“, kommentiert die „New York Times“ nur Minuten nach dem Rededuell Obamas Auftritt. „Romney hatte einen soliden Auftritt, aber Obama die Nase vorn“, so der CNN-Experte David Gergen. „Obama musste zeigen, dass er wirklich den Job will“, so ein ABC-Moderator.

„Anders als in der ersten Debatte war Romney mehr in der Defensive als in der Offensive“, schrieb die „Washington Post“ in einem Kommentar. Doch der erbitterte Kampf werde weitergehen. Zu viel stehe für beide Kandidaten auf dem Spiel, so die „Washington Post“ weiter. „Barack is back“ (Barack ist zurück) titelte die Website Huffington Post. Von einer „aufgeladenen“ Debatte, bei der die Kontrahenten mit bloßen Fäusten gekämpft hätten, schrieb die „New York Times“. Er glaube, dass niemand sagen könne, dass Romney gewonnen habe, so der Politexperte Mark Halperin.

Obama in Angriffslaune

Obama gab sich am Dienstagabend (Ortszeit) an der Hofstra-Universität in Hempstead im Bundesstaat New York nach seiner Schlappe im ersten TV-Duell sehr angriffslustig. Der ebenfalls offensiv agierende Romney wurde allerdings streckenweise von einem gut gelaunten und spritzigen Obama in die Defensive gedrängt. Der Präsident wirkte nach seinem schlechten Abschneiden im ersten TV-Duell souverän und aggressiv. „Was Gouverneur Romney sagt, ist einfach nicht wahr“: Gleich mehrfach fuhr der Präsident seinem Herausforderer in die Parade.

Romney bat um mehr Zeit

Doch auch Nervosität war zu spüren. So unterbrach Romney mehrmals kurz Moderatorin Candy Crowley, und Obama zog in Zweifel, ob die Stoppuhren, die die reglementierte Redezeit messen, auch richtig funktionierten. Mehrmals fielen einander die beiden Kandidaten ins Wort. Romney bat die Moderatorin auch mehrmals um mehr Zeit, um auf Obama antworten zu können.

Bei der ersten Debatte am 3. Oktober hatte der Amtsinhaber einen überraschend passiven Eindruck hinterlassen und liegt seitdem in Umfragen hinter oder gleichauf mit Romney. Auch das Vertrauen der Amerikaner in ihren Präsidenten hat in wichtigen Punkten wie der Wirtschaftspolitik gelitten.

Obamas veränderte Körperhaltung

Obama setzte beim zweiten TV-Duell auf rhetorische Kunstgriffe. Er verwies bei seinen Antworten des Öfteren auf die Ziele Romneys - etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen -, mit denen er übereinstimmte, um dann die Argumentation Romneys mit knappen, pointierten Worten zu widerlegen und sein eigenes Konzept zu präsentieren. In anderen Fällen parierte Obama Vorwürfe Romneys mit einem knappen „Das stimmt nicht“, um dann ebenfalls zu seiner Argumentation zurückzukehren.

Der amtierende Präsident ließ sich im Gegensatz zum vorigen TV-Duell von Romney nicht aus dem Konzept bringen. Auch in Sachen Körpersprache hatte Obama dazugelernt: Diesmal schlug er nicht die Augen nieder, schaute nicht wie gebannt auf seine Schuhspitzen - diesmal schaute er meist direkt ins Publikum.

Steuer herumgerissen?

Ein „Game-Changer“ - ein Ereignis, das den Wahlkampf völlig auf den Kopf stellt - war diese zweite Debatte nicht. Romney schlug sich tapfer, setzte dem Präsidenten erneut mit der hohen Arbeitslosigkeit und mit der schlechten Wirtschaftslage zu. Doch die entscheidende Frage ist: Wie reagieren die Wähler auf dieses zweite Duell?

Romney konnte nach der ersten Debatte zwar punkten, doch die Umfragen sagen im Kern noch immer ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Mehr noch: Es gibt Experten, die meinen, es sei in der Geschichte der US-Wahlkämpfe nur extrem selten vorgekommen, dass die Debatten entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis hatten. Noch ist der Wahlkampf jedenfalls völlig offen. Das dritte und letzte Rededuell findet am Montag statt. Gewählt wird am 6. November.

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