Islam zu stark betont?
Der Entwurf für eine neue ägyptische Verfassung verärgert Christen und Liberale. Sie stoßen sich an der Betonung des islamischen Charakters der Republik. Am Mittwoch präsentierte das von den Islamisten dominierte Verfassungskomitee den noch unvollständigen Entwurf vor der Presse in Kairo.
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„Wir sind bereit, über diesen Entwurf zu diskutieren und einzelne Paragrafen zu ändern“, versuchte Mohammed al-Beltagi von der Muslimbruderschaft die Kritiker zu beschwichtigen. „Wir werden jetzt mit dem Volk einen Dialog über die Verfassung beginnen, in allen Städten und Dörfern.“
Kritik auch von Frauen
Die christliche Minderheit stößt sich vor allem an einer Formulierung in Artikel 1, wo es künftig heißen soll: „Das ägyptische Volk ist Teil der arabischen und islamischen Nation.“
Feministinnen wiederum kritisieren einen Artikel, der festhält, der Staat habe dafür zu sorgen, „dass die Frauen ein Gleichgewicht finden können zwischen ihren Pflichten in der Familie und in der Gesellschaft“. Der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau soll eingeschränkt werden durch den Zusatz, „sofern dies nicht gegen die Prinzipien der islamischen Scharia verstößt“.
Präsident für vier Jahre gewählt
Der Entwurf sieht vor, die Amtszeit des Präsidenten von sechs auf vier Jahre zu verkürzen. Seine Wiederwahl ist nur noch einmal erlaubt. Anders als unter dem früheren Präsidenten Hosni Mubarak soll das Parlament bei der Ernennung der Regierung mitentscheiden dürfen. Die Artikel, die sich mit der Rolle des Militärs und der Justiz beschäftigen, sind noch nicht fertig.
Abstimmung 2013
Die Ägypter sollen über den Verfassungsentwurf, der in seiner endgültigen Fassung bis zum 12. Dezember vorliegen soll, voraussichtlich Anfang 2013 abstimmen. Allerdings steht noch ein Gerichtsurteil aus, das den ganzen Prozess ins Wanken bringen könnte. Denn ein Verwaltungsgericht soll am 16. Oktober entscheiden, ob das Verfassungskomitee überhaupt legal ist. Mehrere prominente Politiker hatten zu einem Boykott des Verfassungsprozesses aufgerufen, weil in dem Gremium ihrer Ansicht nach zu viele Parteigänger der Muslimbrüder und der radikal-islamischen Salafisten vertreten sind.
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