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Sartre wollte nur das Geld

In der 114-jährigen Geschichte des Nobelpreises für Literatur gab es eine Menge Tücken. Fast jedes Mal wurde Kritik an der Entscheidung der Nobeljuroren laut. Auch Skandale haben die insgesamt 106 Vergaben an 110 Preisträger begleitet.

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So musste 1958 der sowjetische Autor Boris Pasternak die begehrte Trophäe auf Druck seiner Regierung zurückweisen. Der Franzose Jean-Paul Sartre lehnte sie 1964 als bisher einziger freiwillig ab und erklärte stolz: „Jeder Preis macht abhängig.“ Das hinderte ihn jedoch nicht daran, elf Jahre später beim Nobelkomitee diskret nachzufragen, ob man ihm nachträglich die Dotierung von damals 273.000 schwedischen Kronen überweisen könne.

Der Ire George Bernard Shaw hatte 1926 zuerst „Nein“ gesagt, die Ehrung aber dann doch angenommen. Der damals 70-Jährige meinte: Das Geld sei ein Rettungsanker, der einem Schwimmer (Autor) erst zugeworfen werde, nachdem er das rettende Ufer schon erreicht habe.

Jüngster Preisträger aus Großbritannien

Der bisher jüngste Preisträger war 1907 der 41-jährige Autor des „Dschungelbuchs“, der Brite Rudyard Kipling. Der älteste kam ebenfalls aus Großbritannien und ist eine Frau: Doris Lessing, der 2007 mit 88 Jahren der Preis zuerkannt wurde. Die Londonerin musste allerdings die Preisverleihung aus gesundheitlichen Gründen ebenso absagen wie ein Jahr zuvor ihr Landsmann Harold Pinter. Aus Angst vor großen Menschenansammlungen blieb die Österreicherin Elfriede Jelinek 2004 ihrer Nobelpreisverleihung in Stockholm fern.

Der schwedische Lyriker Erik Axel Karlfeldt wurde 1931 posthum geehrt. Seit 1974 verbieten die Statuten der Nobelstiftung allerdings eine Ehrung verstorbener Schriftsteller - es sei denn, der Auserwählte stirbt erst nach der Bekanntgabe. Ein Fall, der bisher noch nicht eingetreten ist.

Ein Premierminister als Literat

Den Friedensnobelpreis erhielt Winston Churchill nicht, obwohl er zweimal nominiert war. Doch 1953 wurde der damalige britische Premier mit dem Literaturnobelpreis geehrt. Die Jury begründete das mit Churchills „Meisterschaft in der historischen und biografischen Darstellung“ sowie seiner glänzenden „Redekunst, mit der er menschliche Werte verteidigt“.

Mit der Vergabe des wichtigsten Literaturpreises der Welt an den italienischen Dramatiker Dario Fo sorgte die Akademie 1997 für einen Aufschrei der Kritiker. Fo sei doch nur ein unterhaltsamer Gaukler, aber kein Autor von Weltrang, lautete der damals wenig freundliche Grundtenor. Als Replik gab der 71-jährige seiner „Nobel-Vorlesung“ den Titel „Gegen freimütige Gaukler“ und machte daraus eine umjubelte Gauklershow. Nobeltraditionen scherten den Italiener wenig.

„Dauerkandidaten“ auf der Buchmacherliste

Anwärter für den berühmten Preis zu sein und dennoch leer auszugehen, das musste der deutsche Autor Günter Grass lange erleiden. Erst 1999 erhielt er den ehrenvollen Anruf aus Stockholm. An hochkarätigen „Dauerkandidaten“ mangelt es auf den Listen der Schwedischen Akademie nicht - der Amerikaner Philip Roth oder die Kanadierin Margaret Atwood gehören dazu. In der langen Geschichte des Preises fehlen auch überragende Autoren der Literaturgeschichte wie James Joyce, Virginia Woolf, Marcel Proust, Henrik Ibsen und August Strindberg.

Der Nobelpreis für Literatur wird seit 1901 fast jährlich vergeben. In den Jahren 1914, 1918, 1935 und 1940 bis 1943 wurde die Verleihung ausgesetzt. Viermal mussten sich zwei Schriftsteller die Auszeichnung teilen, 1904, 1917, 1966 und 1974. Keiner der auserwählten Autoren erhielt die Trophäe mehr als einmal.

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