Offenbar nicht genügend erhitzt
Die Ursache der massenhaften Magen-Darm-Infektionen im Osten Deutschlands scheint geklärt. Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) hätten das Norovirus, das zu schwerem Brechdurchfall führt, in einer Portion Tiefkühlerdbeeren nachgewiesen, teilte das sächsische Verbraucherschutzministerium am Montag in Dresden mit. Damit wurden bisherige Vermutungen bestätigt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die Viren seien nun „eindeutig als Auslöser des akuten Brechdurchfalls erkannt“ worden, erklärte die sächsische Ressortchefin Christine Clauß (CDU). Es sei sichergestellt, „dass die verunreinigte Charge aus dem Verkehr gezogen wurde“. Offenbar wurde in vielen Fällen die verunreinigte Tiefkühlware vor dem Servieren als Nachspeise nicht vollständig erhitzt. Wenn gefrorene Erdbeeren nur aufgetaut oder zu schwach erhitzt würden, könnten nicht alle Keime sicher abgetötet werden.
Der Nachweis des Norovirus in einer Portion Tiefkühlerdbeeren gelang am Montag dem Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt, das im Auftrag des sächsischen Verbraucherschutzministeriums geforscht hatte. Bereits Ende der vergangenen Woche hatte sich der Verdacht auf Tiefkühlerdbeeren aus China gerichtet. Die Ergebnisse seien einer „intensiven Detektivarbeit“ der Lebensmittelüberwachungsämter zu verdanken, erklärte Clauß.
Entschädigung für Kinder angeboten
In Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Berlin waren Ende September und Anfang Oktober über 11.000 Menschen an Brechdurchfall erkrankt, nachgewiesen wurde in vielen Fällen ein ansteckendes Norovirus. Dem RKI zufolge sei damit die Ursache für die Epidemie aufgeklärt. Die Krankheitswelle könne zudem als beendet betrachtet werden. Seit dem Wochenende seien keine Neuerkrankungen mehr aufgetreten.
Die Betroffenen hatten in Schulen und Kindertagesstätten gegessen, die größtenteils von der Cateringfirma Sodexo beliefert worden waren. Mit 50-Euro-Gutscheinen für Schulbücher und Atlanten will sich Sodexo nun bei den erkrankten Kindern entschuldigen.
China weist Bericht über belastete Erdbeeren zurück
China weist einem Zeitungsbericht zufolge Kritik an seiner Lebensmittelsicherheit zurück. Es gebe keinerlei Beleg dafür, dass der Brechdurchfall Tausender deutscher Schüler auf unreine Erdbeeren aus China zurückzuführen sei, sagte eine Verantwortliche des Amts für Außenhandelsüberwachung und Quarantäne der Hafenstadt Qingdao (CIQ) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe) - noch bevor das Robert Koch-Institut am Montag die Erdbeeren aus China als Auslöser der Epidemie bestätigte.
Über den Hafen Qiingdao sollen nach früheren Medienberichten die belasteten Früchte nach Deutschland gelangt sein. „Es ist viel zu früh, um solche Aussagen zu treffen, erst muss das wissenschaftlich untersucht werden“, sagte die stellvertretende CIQ-Direktorin Wang Xixin der Zeitung. Weder deutsche Stellen noch die Zentralbehörden in Peking hätten dem Amt einen entsprechenden Verdacht mitgeteilt.
Debatte über Qualität von Schulessen entbrannt
In Deutschland hat der Fall mittlerweile eine breite Diskussion über die Qualität von Schulessen ausgelöst. Die Berliner Senatsverwaltung für Verbraucherschutz forderte, für Schulessen keine Lebensmittel zu verwenden, die nicht der Saison entsprechen. „Warum bekommen unsere Schulkinder chinesische Erdbeeren auf den Teller und nicht frische Äpfel oder Rhabarberkompott?“, fragte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir am Sonntag.
Kritik an Billig-Essen-Mentalität
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hingegen widersprach Forderungen, für Schulessen nur noch saisontypische Lebensmittel zu verwenden. „Wir werben für regionale und saisonale Produkte, aber auch bei Lebensmitteln aus dem Ausland muss sich der Verbraucher jederzeit darauf verlassen können, dass sie sicher sind und von hoher Qualität“, sagte Aigner der „Welt am Sonntag“. In der EU gebe es hohe Standards für die Sicherheit von Lebensmitteln. Diese strengen Auflagen müssten „selbstverständlich“ auch Importprodukte erfüllen.
Der Ernährungswissenschaftler Volker Peinelt von der Hochschule Niederrhein kritisierte die geringen Budgets für die Mahlzeiten. Bundesweit lägen sie zwischen zwei und 3,50 Euro pro Kind. „Da muss ich natürlich beim Einkauf sehen, dass ich den billigsten Anbieter erwische. Und dann habe ich eben nicht die volle Sicherheit“, so der Fachmann.
Links: