Erster Bauabschnitt fertiggestellt
„Von Afrika lernen“: Unter diesem Motto hat der Theatermacher Christoph Schlingensief seine schier unglaubliche Idee eines Operndorfs in Burkina Faso entwickelt. Gut ein Jahr nach seinem Tod wurde mit der Eröffnung einer Schule im Herbst 2011 ein Teil des Traumes wahr.
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Die Schule nimmt pro Jahr jeweils 50 einheimische Buben und Mädchen auf. Zusätzlich zu den regulären Unterrichtsfächern soll es Film-, Kunst- und Musikangebote geben, in denen die Kinder lernen, sich eigenständig künstlerisch auszudrücken. „Die Schuleröffnung ist Ausgangspunkt von Schlingensiefs Idee, abseits der tradierten europäischen Hochkultur einen künstlerischen Schmelztiegel zu schaffen, in dem sich unterschiedliche Kulturen auf Augenhöhe begegnen“, erklärte Schlingensiefs Witwe Aino Laberenz bei der Eröffnung.
Noch zu Lebzeiten hatte der ebenso begnadete wie exzentrische Künstler sich mit aller Kraft für ein Operndorf Afrika eingesetzt. Zwei Jahre war er mit seiner um 20 Jahre jüngeren Gefährtin immer wieder auf dem Kontinent unterwegs, um einen geeigneten Standort zu finden, in Namibia, Mosambik, Kamerun. Bis er eines Tages in dem bitterarmen westafrikanischen Burkina Faso auf einem Hügel in der Nähe von Laongo stand und den weiten Blick auf die Savanne hatte: „Das ist es.“

APA/EPA/Florian Schuh
Zur Eröffnungsfeier 2010 zeigte der Theateraktivist Wilfrid Bambara mit mehr als 70 Jugendlichen das Projekt „Dodo Opera Connection“ - eine Mischung aus burkinischer Tanztradition und zeitgenössischer Aktionskunst
Schneckenförmige Anlage für „Kunst und Leben“
Die Regierung in Ouagadougou stellte 14 Hektar Land zur Verfügung, die Ältesten der umliegenden Dörfer befragten die Geister ihrer Ahnen - alles stand gut für Schlingensief. Mit dem in beiden Ländern beheimateten preisgekrönten Architekten Francis Kere entwickelte der Künstler seinen Traum weiter: Um das eigentliche Opernhaus sollten sich schneckenförmig Schule und Werkstätten, Wohn- und Gästehäuser, Krankenstation und Büros entwickeln. „Ein Projekt, wo Kunst und Leben zusammengehen“, sagte er.
Doch Schlingensiefs Tod machte den Plänen ein jähes Ende. Bei der Grundsteinlegung im Februar 2010 war er nach langen Kämpfen schon stark von seinem erneut ausgebrochenen Lungenkrebs gezeichnet. Am 21. August starb er mit 49 Jahren in Berlin.
Wiederaufnahme der Bauarbeiten
Für Monate schien das Schicksal des Operndorfs ungewiss. Doch Laberenz verstand die Vision ihres Mannes als Vermächtnis: Mit einem hochkarätigen Beraterkreis kurbelte sie die Bauarbeiten wieder an - mit der Schule ist nun die erste von drei Bauphasen abgeschlossen. Als Nächstes soll die Krankenstation folgen. „Wir können aber nicht so tun, als sei das alles eins zu eins die Umsetzung dessen, was er gemacht hätte“, sagte kürzlich der Berliner Rechtsanwalt und Berater Peter Raue.
Unterstützt wird das Projekt vom deutschen Auswärtigen Amt, der Kulturstiftung des Bundes und dem Goethe-Institut, das sich mit Kunst- und Bildungsprogrammen im Operndorf engagiert und „Dorfgespräche“ auf den Weg gebracht hat. Neben dem deutschen Beirat gibt es inzwischen auch einen künstlerischen Beirat in Burkina Faso. Er solle Ideen entwickeln, wie das Projekt mehr und mehr in die Handhabe der Menschen vor Ort übergehen könne, so die Organisatoren.
Auch für den Architekten Kere ist die echte Partnerschaft zwischen Europäern und Afrikaner Grundvoraussetzung für das Gelingen des Projekts. „Die Europäer können Afrika anschubsen, inspirieren, aber sie müssen auch akzeptieren, wenn dabei etwas anderes herauskommt, als sie erwarten.“
Nada Weigelt, dpa
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