Assad droht mit Panzeroffensive
In Syrien konzentrieren sich die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen seit Tagen auf die Stadt Aleppo. Machthaber Baschar al-Assad setzt offenbar alles daran, die Wirtschafts- und Kulturmetropole, die sich bis zum Sommer unter Kontrolle seiner Armee befunden hatte, zu halten. Zuletzt kündigte Assad eine Großoffensive mit Panzern an.
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Weite Teile Aleppos - vor allem im Zentrum - sind inzwischen zerstört, wie neue Bilder aus der Stadt zeigen. Am Mittwoch meldete die oppositionelle, in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 48 Tote und rund 100 Verletzte nach einer Serie von Explosionen im Stadtzentrum. Laut Medienberichten handelte es sich um drei von Selbstmordattentätern gezündete Autobomben, die kurz nacheinander auf und nahe dem Saadalla-al-Dschabiri-Platz am Rande der Altstadt, wo sich auch ein Club für Offiziere befindet, explodierte.
Das staatliche Fernsehen sprach von „Terrorakten“. Die Altstadt Aleppos war auch am Mittwoch erneut Schauplatz von Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Bei den meisten Opfern dürfte es sich um Armeeangehörige handeln.

Reuters/George Ourfalian
Straßen gleichen nach den Kämpfen einer Trümmerwüste
Schwere Schäden in historischer Altstadt
Im ältesten Teil der Stadt, der Medina, die 1986 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden war, haben die Gefechte bereits schwere Schäden hinterlassen. Alte hölzerne Stadttore seien zerstört, meldete zuletzt die Nachrichtenagentur AP, an einem Tor finde sich ein riesiger Einschusskrater.
Moscheen und Stadttore zerstört
Vom Minarett der Al-Kiltawiya-Koranschule aus dem 14. Jahrhundert ist laut Vorortberichten nur noch der Rumpf übrig, die Al-Mihmandar-Moschee wurde von einer Rakete getroffen. Der Bürgerkrieg könnte das archäologische Erbe der Stadt - seit 2006 „Kulturhauptstadt des Islam“ - zerstören, warnte Walid al-Akhras, Historiker an der Universität Aleppo.
Die Ursprünge der Stadt gehen bis auf das 19. vorchristliche Jahrhundert zurück. Am Wochenende war wegen der anhaltenden Gefechte ein Brand im historischen Markt (Souk), mit rund 12,5 Kilometern der längste im gesamten Nahen Osten, ausgebrochen. Rund 500 Geschäfte wurden dabei zerstört.

AP/Shaam News Network SNN via AP video
Ein Brand vernichtete große Teile des historischen Souks
Seit zwei Monaten toben in der Stadt - nicht nur Kultur- sondern vor allem auch Wirtschaftsmetropole mit rund 1,7 Millionen Einwohnern - heftige Kämpfe. Zuvor war Aleppo vollständig unter Kontrolle der Truppen Assads. Schon im Sommer hieß es, rund 200.000 Menschen seien aus der Stadt geflohen.
Assad angeblich in Aleppo
Laut einer Meldung der libanesischen, als Assad-freundlich geltenden Zeitung „al-Dijar“ vom Dienstag soll der syrische Machthaber zuletzt Aleppo besucht und dabei angeordnet haben, dass die Metropole „gesäubert“ werden müsse. Ob sich Assad tatsächlich in Aleppo aufgehalten hatte, war unklar.

Reuters/George Ourfalian
Zerstörte Moschee im Stadtviertel al-Arkub
Außerdem hieß es, der Präsident wolle weitere 30.000 Soldaten mobilisieren und rund 2.000 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge nach Aleppo abkommandieren lassen. Der Nachrichtensender al-Arabija mit Sitz in Dubai zitierte am Mittwoch syrische Medienberichte, in denen es hieß, neue Truppenverbände seien bereits in der Stadt bzw. Region eingetroffen: „Neue Verstärkung ist angekommen, um die Armee zu unterstützen, (...) und die bewaffneten Männer (Rebellen) sind nun erschöpft und haben begonnen, aus ihren Dörfern und Städten in der Provinz Aleppo und anderswo zu fliehen.“
Granaten töten fünf Menschen in der Türkei
Am Mittwochnachmittag kam es laut türkischen Medienberichten erneut zu einem Grenzzwischenfall. In der Kleinstadt Akcakale seien mindestens fünf Menschen durch den Einschlag einer oder mehrerer Granaten ums Leben gekommen. Die Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan berief daraufhin eine Sitzung ein.
Russland gegen Einmischung der NATO
Auf internationaler politischer Ebene hatte zuletzt Russland die NATO aufgefordert, sich aus dem Konflikt herauszuhalten. Außenstaatssekretär Gennadi Gatilow lehnte am Dienstag auch Hilfskorridore für die Bevölkerung und Pufferzonen zwischen Rebellen und Regierungstruppen ab. Das NATO-Mitglied Türkei, Syriens nördlicher Nachbar, hatte die Schaffung von Sicherheitszonen für die Zivilbevölkerung vorgeschlagen.
Weitreichende UNO-Resolutionen gegen Assad waren bisher mehrfach am Widerstand Russlands und Chinas im Sicherheitsrat gescheitert. Bei den seit mittlerweile 18 Monaten andauernden Unruhen und Kämpfen sind nach Angaben der Opposition bisher rund 31.000 Menschen ums Leben gekommen. Die UNO fürchtet, dass bis Jahresende die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien auf bis zu 700.000 ansteigen könnte.
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