„Besonders verwerfliche Motivlage“
Der ehemalige Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz ist am Montag im Birnbacher-Prozess am Landesgericht Klagenfurt wegen Untreue (Paragraf 153) zu einer unbedingten Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Die „besonders verwerfliche Motivlage“ komme bei Martinz erschwerend hinzu, so der Richter in der Urteilsbegründung.
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Die Vorstände der Kärntner Landesholding (KLH), Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, wurden vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Manfred Herrnhofer zu drei bzw. zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Steuerberater Dietrich Birnbacher, der als einziger geständig gewesen war, erhielt drei Jahre - zwei davon bedingt auf drei Jahre.
Der Ankläger und die Anwälte von Martinz, Megymorez und Xander legten umgehend Berufung und Nichtigkeit ein. Birnbacher erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Staatsanwalt Andreas Höbl akzeptiert das Urteil nicht, weil der Schöffensenat die Ausweitung der Anklage nicht berücksichtigt hat, die Verteidiger von Martinz, Megymorez und Xander wollen in der Instanz einen Freispruch erreichen.
„Nicht mehr verfolgbarer Dr. Jörg Haider“
Die Angeklagten wurden in Zusammenhang mit der Zahlung eines Honorars in der Höhe von sechs Millionen Euro an Birnbacher für dessen Rolle im Verkauf der Hypo-Landesanteile an die BayernLB verurteilt. Der deutsche Gutachter Frank Schäfer hatte den Wert der Arbeit Birnbachers mit maximal 300.000 Euro beziffert. Der Mehrbetrag von 5,7 Millionen Euro sei „rechtsgrundlos“ anerkannt worden.
Die Bestellung der Gutachter sei erfolgt, um diese Tathandlung zu verschleiern, Martinz und der „nicht mehr verfolgbare Dr. Jörg Haider“ hätten Megymorez und Xander zur Zahlung des Geldes an Birnbacher und damit zur Ausführung der Straftat bestimmt.
Staatsanwalt: Primitiver Versuch
In seinem Schlussplädoyer hatte Höbl in scharfen Worten Schuldsprüche für alle vier Angeklagten gefordert. Der „primitive“ Versuch, Millionen Euro in die Parteikassen von BZÖ/FPK und der Kärntner ÖVP umzuleiten, sei von Anfang an ersichtlich gewesen. Auch die Geständnisse des Steuerberaters Birnbacher in dem Prozess hätten nichts mit Reue zu tun, sondern vielmehr mit der erdrückenden Beweislast: Es sei ihm gar nichts anderes übriggeblieben. Milderungsgründe sah Höbl nur wenige - Gründe für eine harte Strafe umso mehr.

dapd/Gert Eggenberger
Richter Herrnhofer bei der Urteilsverkündung
Martinz fühlt sich als Opfer
Die Verteidiger taten sich mit ihren Freispruch-Plädoyers entsprechend schwer. Nach ihren Plädoyers nutzte Martinz sein Schlusswort dazu, noch einmal darzulegen, worum es beim Hypo-Verkauf gegangen sei. Er sei als Politiker aber quasi „der ideale Sündenbock“ in der politischen Landschaft. Ohne ihn hätte es dieses gute Geschäft für Kärnten „nie gegeben“. Er habe den Fachleuten vertraut und nicht den geringsten Zweifel an „einem renommierten Wirtschaftsprüfer und Freund“ gehabt.
In einer ersten Stellungnahme nach seiner Verurteilung bezeichnete Martinz das Verfahren als „Schauprozess“. Noch im Gerichtssaal erklärte er, die Entscheidung des Richters sei im politischen Umfeld zu finden und nicht sachlich begründet. Er hoffe, dass das in der höheren Instanz anders sein werde. Birnbacher sagte, er habe einen „großen Fehler“ gemacht, er akzeptiere den Schuldspruch - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Senat sah Schuld als erwiesen
Richter Herrnhofer erklärte in seiner Urteilsbegründung, man habe sich ausführlich mit allen Unterlagen und Beweisen auseinandergesetzt und der Senat sei der Ansicht, dass die Beweislage ausreichend für einen Abschluss des Verfahrens gewesen sei. Bei den Vorständen der Landesholding, Megymorez und Xander, handle es sich - ebenso wie beim Aufsichtsratsvorsitzenden der KLH, Martinz - um Personen, die wussten, wie Bankgeschäfte laufen und die Entscheidungsträger waren.
Das gelte auch für den damaligen Aufsichtskommissär, den inzwischen verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider. Die Zeugeneinvernahmen hätten ergeben, dass in der Landesholding „politische Spielchen“ getrieben worden seien. Bei den Erfolgen hätten alle dabei sein wollen, bei den Niederlagen aber nicht. Herrnhofer: „Hier hat die Politik das Geschehen bestimmt, es war die Politik, die Einfluss genommen hat. Und es war auch so, dass im Aufsichtsrat, der politisch besetzt wurde, bei Abstimmungen politisches Kleingeld gewechselt wurde.“
„Der andere ist nicht mehr da“
Zum Strafausmaß von fünfeinhalb Jahren für Martinz meinte Richter Herrnhofer, das Hypo-Geschäft sei wohl ein gutes Geschäft gewesen, aber auch eines der „schmutzigsten Geschäfte Kärntens“, das für eigene Zwecke verwendet worden sei. Erschwerend sei natürlich auch die Höhe des Schadens, mildernd die Unbescholtenheit. Martinz habe richtig gesagt, dass er es nicht allein gewesen sei, „aber der andere ist nicht mehr da“.
Bemerkenswert aus rechtlicher Sicht sei, dass sich Haider und Martinz absichern wollten, auf keinen Fall zahlen zu müssen, falls die Landesholding doch nicht in der Lage sein sollte, das Honorar zu zahlen. „Da gehört schon eine kriminelle Energie der besonderen Art dazu.“ Herrnhofer bezog sich dabei auf Verzichtserklärungen Birnbachers. Dieser hatte den Politikern schriftlich gegeben, dass er ihnen gegenüber auf Ansprüche verzichte.
Megymorez und Xander schieden Montagabend knapp nach ihrer erstinstanzlichen Verurteilung aus ihren Ämtern als Vorstände der KLH aus. In einer wegen der Verurteilungen kurzfristig einberufenen Aufsichtsratssitzung wurde der Vorstand des Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds, Hans Schönegger, zum interimistischen KLH-Vorstand bestellt.
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