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Mehr Unfälle auf dem Spielplatz

Die Unfallabteilungen in den USA schlagen Alarm: Immer öfter werden kleine Kinder mit Verletzungen eingeliefert, die offenbar durch die Unachtsamkeit der Eltern zustande gekommen sind. Die Bandbreite reicht von Platzwunden bis hin zu Ertrinkungsfällen. Die Schuld dafür geben die Ärzte der permanenten Beschäftigung mit dem Handy.

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Jahrelang ging die Zahl der Unfälle von kleinen Kindern in den USA zurück - doch seit einigen Jahren ist ein Gegentrend zu bemerken. So stiegen die Verletzungen bei Kindern unter fünf Jahren zwischen 2007 und 2010 um zwölf Prozent, wie die aktuellen Zahlen des Centers of Disease Control and Prevention belegen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Smartphone-Nutzer von neun Millionen im Jahr 2007 auf 114 Mio. im Juli 2012.

Unfallzahlen steigen rapide

Da seit den 1970er Jahren - gerade was die Sicherheit auf Kinderspielplätzen, in Haushalten und in der Nähe von Swimmingpools angeht - sehr viel getan wurde, und die Bemühungen bisher auch mit deutlich gesunkenen Unfallzahlen belohnt wurden, wurden Ärzte und Unfallexperten stutzig. „Der jüngste Anstieg ist wirklich beachtlich“, sagte Jeffrey Weiss, Kinderarzt in einem Krankenhaus in Phoenix und Mitarbeiter einer Arbeitsgruppe zur Unfallvermeidung, gegenüber dem „Wall Street Journal“ („WSJ“).

Ein Zusammenhang zwischen den Verletzungen und der Handynutzung sei durch keine Untersuchung belegt, aber es sei naheliegend, so der Gründer des Center for Injury Research, Gary Smith. „Das Problem ist, den Kausalzusammenhang nachzuweisen, aber es ist auf jeden Fall eine Frage, die gestellt werden muss.“ Dass die Verwendung eines Handys während der Autofahrt oder beim Überqueren einer Kreuzung das Unfallrisiko erhöht, ist bereits gut belegt - nun vermuten Experten, dass es auch bei den Verletzungen von Kindern eine Rolle spielen kann.

Multitasking scheitert oft

„Wir glauben, dass wir multitasken können und fühlen uns vielleicht gar nicht abgelenkt. Aber in Wirklichkeit sind wir das“, sagte Rahul Rastogi, Notarzt in Oregon. Diese Wahrnehmung wurde bei einem Rundruf des „WSJ“ auch von anderen Notärzten bestätigt. „Kinder, die nicht beaufsichtigt werden, haben ein größeres Risiko, sich zu verletzten“, bestätigt auch der Psychologe David Schwebel gegenüber dem „WSJ“. Dabei ist den Eltern oft gar nicht bewusst, wie lange sie ihre Kinder aus den Augen lassen.

Das belegen auch Vergleiche mit Aufnahmen auf Überwachungskameras. Während Mütter versicherten, nur wenige Sekunden abgelenkt gewesen zu sein, zeigen die Bilder, dass mitunter Minuten vergingen, in denen das Kind völlig ignoriert wurde. „Was diese Geräte machen, ist jemanden geistig völlig aus der Situation zu nehmen“, erklärt Soziologe Clifford Nass von der Stanford Universität. „Die Fähigkeit, Probleme vorherzusehen, wird stark reduziert.“

Und mitunter wird Handys sogar mehr Wichtigkeit eingeräumt als der unmittelbaren Sicherheit der Kinder. So beobachteten Psychologiestudenten bei einer Untersuchung an Eltern auf öffentlichen Plätzen, dass ein Elternteil sogar mitten auf der Straße die Hand des Kindes losließ - um eine SMS zu lesen.

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