Rajoy wollte ein Zeichen setzen
In Griechenland und Spanien wird seit Tagen heftig gegen die Sparpläne protestiert. Trotzdem legte der konservative spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy am Donnerstag mit der Präsentation seines Haushaltsentwurfs für 2013 ein neues Sanierungspaket für die maroden Staatsfinanzen vor. Die Regierung kündigte weitere Rekordeinsparungen über 40 Mrd. Euro an.
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Die Vorstellung des Budgets hatte sich um mehrere Stunden verzögert. Es hatte offenbar noch großen Abstimmungsbedarf innerhalb des Kabinetts über die einzelnen Sparmaßnahmen gegeben. Die Spanier mussten in diesem Jahr bereits Einsparungen in einer Höhe von 27,3 Mrd. Euro mittragen.
Mit dem neuen Konsolidierungspaket sollen laut Angaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks RNE die Gehälter der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst für ein weiteres Jahr eingefroren werden. Spanien hatte die Gehälter für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bereits 2010 im Schnitt um fünf Prozent gesenkt. 2011 und 2012 wurden sie nicht erhöht. Nur die Pensionen sollen nun um ein Prozent steigen. Rajoy hatte im Wahlkampf versprochen, die Pensionen nicht anzutasten.
Nicht nur ein Wahlversprechen vom Tisch
Damit ist allerdings nicht das einzige seiner Wahlversprechen aus dem Vorjahr vergessen. Auch im Sozialsystem, etwa bei Frühpensionen, soll ebenfalls der Rotstift angesetzt werden. Generell legt der Budgetplan den Fokus erneut auf Einsparungen und Reformmaßnahmen anstatt auf Steuererhöhungen.
Als Reformmaßnahmen plant Madrid unter anderem die Einführung einer unabhängigen Steueraufsichtsbehörde. Außerdem sollen die öffentliche Verwaltung weiter umgebaut und Wirtschaftssektoren wie Energie, Dienstleistungen und Telekommunikation weiter liberalisiert werden.
EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn begrüßte die Sparankündigungen der spanischen Regierung als „wichtigen Schritt“ in die richtige Richtung. „Der Reformplan umfasst konkrete, ehrgeizige und zielgerichtete Maßnahmen.“
Kampf um Vertrauen der Investoren
Auch die Finanzmärkte hatten gespannt auf die Pläne der spanischen Regierung gewartet. Rajoy wollte mit dem Budgetentwurf ein Zeichen setzen, dass seine Regierung am Reformkurs festhält. Investoren mussten überzeugt werden, dass die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone sich selbst aus der Krise retten kann. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit waren die Zinsen auf Zehnjahresstaatsanleihen zuletzt allerdings wieder über die Sechsprozentmarke gestiegen.
Entsprechend werden die Staatsausgaben trotz der drastischen Einsparungen steigen. Grund dafür sind die hohen Risikoaufschläge auf Zinssätze, die Spanien für Staatsanleihen zahlen muss. Laut „El Pais“ werden die Ausgaben für den Schuldendienst im kommenden Jahr um rund neun auf 38 Mrd. Euro steigen. Die Ausgaben für Zinsen liegen damit weiter über dem, was für Gehälter im öffentlichen Dienst ausgegeben wird.
„Wir wissen, was wir tun“
Rajoy von der Partido Popular (PP) hatte bereits am Mittwoch vorgebaut: Er wisse, dass die Reformen eine Menge an Entbehrungen mit sich brächten. Aber es gebe keine Alternative zu Europa. Zudem pochte er auf seinen Reformwillen: „Wir wissen, was wir tun müssen, und da wir es wissen, tun wir es.“
Schon im Vorfeld hatte es Kritik gegeben. Es mangle den Maßnahmen an Substanz. Unklar sei zudem, woher die notwendigen Einnahmen kommen sollen. „Papier ist geduldig. Es wird hart werden, das Budget glaubwürdig zu machen angesichts all der berechtigten Zweifel am Defizitziel“, sagte ein Parlamentarier aus dem Regierungslager gegenüber Reuters. Dass Spanien das angestrebte Defizitziel von 6,3 Prozent der Wirtschaftsleistung heuer erreicht, gilt als unwahrscheinlich.
Grundsätzliche Bereitschaft für Hilfsgesuch
Die 2008 geplatzte Immobilienblase hatte den spanischen Bankensektor mitgerissen. Seitdem kämpft Spanien mit der Wirtschaftskrise und steckt in der Rezession. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent. Im Juni wurde ein Hilfsprogramm für Spaniens Banken in der Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro beschlossen - knapp 60 Mrd. Euro werden laut eines „Stresstests“ auch tatsächlich benötigt.
Doch bei einer direkten Unterstützung aus dem Euro-Rettungsfonds ziert sich Spanien noch. Rajoy bekundete lediglich grundsätzliche Bereitschaft zu einem Hilfsgesuch, falls die Refinanzierungskosten „zu lange zu hoch“ blieben. Die Regierung versucht so die damit verbundenen Spar- und Reformbedingungen, wie sie Griechenland von Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU auferlegt wurden, zu vermeiden.
Regionen brauchen zunehmend Hilfe
Indes wurde bekannt, dass mittlerweile die fünfte Region Spaniens, Madrid um Finanzhilfe bat. Die Region Kastilien-La Mancha will nach Angaben des staatlichen Rundfunks RNE eine finanzielle Unterstützung von 800 Mio. Euro beantragen. Spanien hatte einen Rettungsfonds im Umfang von 18 Milliarden Euro ausgestattet, um verschuldete Regionen vor einer Pleite zu bewahren.
Schon bisher suchten Katalonien, Valencia, Murcia und Andalusien um Hilfe an. Schon die bisher angekündigten Anträge wurden drei Viertel des Fonds aufbrauchen. Dass noch weitere Regionen folgen werden, gilt als wahrscheinlich.
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