Glaubwürdigkeit infrage gestellt
Die SPÖ stellt die Glaubwürdigkeit eines Zeugen in der Inseratenaffäre um Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) infrage. Konkret hält sie den früheren ÖBB-Personenverkehr-Vorstandsdirektor Stefan Wehinger, der Faymann und Ostermayer in der Inseratenaffäre belastet, für „völlig unglaubwürdig“.
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SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter berief sich am Mittwoch in einer Aussendung auch auf einen Bericht der Staatsanwaltschaft. Offenkundig befinde sich Wehinger auf einem „Rachefeldzug“. Seinen Vorwürfen würden alle anderen Zeugen von Ex-ÖBB-Vorstand Martin Huber abwärts unmissverständlich widersprechen, meinte Kräuter.
Berufung auf Staatsanwaltschaft
Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer bezieht sich in seiner Aussendung auf einen Bericht der Staatsanwaltschaft zur Zeugenaussage Wehingers. Demnach hätten sich mehrere Punkte der Aussage Wehingers als „objektiv unrichtig bzw. zumindest unvollständig herausgestellt“.
Die Staatsanwaltschaft verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Wehinger von einem Schaden für die ÖBB durch eine Mehrbelastung der Mitarbeiter aufgrund der „Kronen Zeitung“-Kampagne spricht. Diese hätten die Beschwerden, die im Zuge der Kampagne an Faymann, der sich dabei als Bahn-Ombudsmann vermarktete, gerichtet wurden, bearbeiten müssen. Wehinger unterließ es aber laut Staatsanwaltschaft anzugeben, dass Leasingmitarbeiter für diesen Zweck eingestellt und deren Lohnkosten vom Verkehrsministerium übernommen wurden.
Vorwürfe wiederholt
Weiters seien seine Angaben, der von den ÖBB bezahlte Betrag von 630.000 Euro brutto für die Kampagne sei in weiterer Folge an die ÖBB Personenverkehr AG weiterverrechnet worden, durch Hubers Angaben und insbesondere durch die Mitteilung der ÖBB Holding AG, wonach eine solche Weiterverrechnung nicht erfolgt sei, „widerlegt“.
Wehinger hatte im aktuellen „Falter“ seine Vorwürfe wiederholt: Er kritisierte dabei, „dass Faymann auf Kosten der ÖBB persönliche Werbung gekauft hat“. An den ÖBB habe er „null Interesse“ gehabt. Im Gegenteil: Für die ÖBB sei die Kampagne, bei der sich der damalige Infrastrukturminister Faymann 2007 in der „Kronen Zeitung“ als Bahn-Ombudsmann vermarktete, ein „Schlag in die Magengrube“ gewesen.
„Massiver Ärger in den ÖBB“
Vor der Staatsanwaltschaft gab Wehinger zu Protokoll, dass die „Krone“-Kampagne Faymanns ohne Wissen des ÖBB-Managements initiiert worden sei. Als er mit Faymanns damaligem Büroleiter Ostermayer darüber diskutieren wollte, habe ihm dieser gesagt, „dass er mein Weiterverbleiben in der Position des Vorstandes in Zusammenhang mit der Kooperationsfähigkeit bei solchen Dingen sehe“. Ostermayer bestreitet das. Er ist am 2. Oktober in den Ausschuss geladen.
Im „Falter“ bekräftigte Wehinger, dass die Kampagne ohne Wissen des ÖBB-Managements initiiert worden sei. Wegen der Kosten habe es „massiven Ärger in den ÖBB und im Vorstand“ gegeben. Laut Wehinger entstanden den ÖBB über die unmittelbaren Inseratenkosten von bis zu 700.000 Euro hinaus auch noch Zusatzkosten für die Beantwortung Tausender Leserbriefe in Zusammenhang mit der Kampagne. Man habe extra Personal dafür anstellen und dafür mehrere zehntausend Euro zahlen müssen.
ÖBB wiesen Vorwürfe zurück
Die ÖBB wiesen die Vorwürfe Wehingers zurück. Das damalige Management habe die Advertorialkampagne zur persönlichen Kundenansprache genutzt, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme auf Anfrage der APA. Wehinger so wie andere Vorstände würden selbst mehrfach in den Schaltungen mit Porträtfoto vorkommen.
Bei den diskutierten Inseraten habe es sich um einen Teil einer großen Advertorialkampagne mit einem Umfang von insgesamt 136 Seiten gehandelt. Alleine 112 Promotionseiten seien in anderen Printmedien als der „Kronen Zeitung“ geschaltet worden. „Alle Schaltungen waren darüber hinaus mittels Vorstandbeschluss legitimiert“, so eine Sprecherin des Unternehmens.
„Gutachten dokumentieren Werbewirkung“
Weiters würden mehrere Gutachten unabhängig voneinander die Werbewirkung für das Unternehmen dokumentieren. „Advertorials und ein umfangreiches Beschwerdemanagement, wozu auch die Beantwortung von schriftlichen Kundenbeschwerden zählt, gehörten auch nach Wehingers Abgang zu den selbstverständlichen Instrumenten der ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit.“ Zudem wies man bei den ÖBB darauf hin, dass alle Sachverhalte inklusive Studien zum Werbenutzen dem Rechnungshof im Zuge der bereits abgeschlossenen Prüfung lückenlos vorgelegt worden seien.
Von Gorbach zu den ÖBB geholt
Wehinger war unter dem früheren Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach (damals FPÖ) 2004 in die ÖBB-Führungsebene gekommen. Zuvor leitete er die Montafonerbahn AG. Kritiker besonders von SPÖ-Seite warfen dem Vorarlberger Gorbach damals Postenschacher vor: Wehinger habe als Vorstand der nur wenige Kilometer langen Vorarlberger Regionalbahn zu wenig Kompetenz. Gorbach hatte die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen.
Aus Wehingers ÖBB-Ära wurde zuletzt die railjet-Affäre bekannt - den bei einem ÖBB-Workshop entwickelten Markennamen für den neuen Hochgeschwindigkeitszug kauften die ÖBB dem Lobbyisten Peter Hochegger 2007 um 180.000 Euro ab. Nach dem Ende der schwarz-blauen bzw. schwarz-orange Koalition wurde ÖBB-Vorstand Wehinger vorzeitig am 1. April 2008 außer Dienst gestellt, obwohl sein Vertrag erst im September auslief.
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