Themenüberblick

Keine Proteste für Syrien

Die Gewalt in Syrien geht täglich weiter. Von Rebellen gehaltene Viertel etwa in Rastan und Aleppo werden vom Regime bombardiert. Von Damaskus bis Homs fliegt das Militär Luftangriffe. Erst am Montag wurden laut libanesischen Behörden aus zwei syrischen Kriegsflugzeugen vier Raketen abgefeuert, die auf libanesischem Staatsgebiet eintrafen. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die internationale Diplomatie scheiterte mit härteren Maßnahmen gegen das Regime bisher am Veto der UNO-Sicherheitsratsmitglieder China und Russland. Aber auch die Bevölkerung in Nahost, die sich nun seit Tagen zu Tausenden gegen das in den USA produzierte Mohammed-Schmähvideo wehrt, schweigt weitgehend zu den Ereignissen in Syrien - zum Ärger der syrischen Aktivisten.

In Syrien starben UNO-Angaben zufolge in den vergangenen 18 Monaten mindestens 27.000 Menschen. Täglich kommen zig weitere Tote hinzu. Aufstände wegen der Gewalt in Syrien hat es bisher aber keine gegeben.

Proteste für Regime nützen

„Die Araber sind sehr emotional. Filme bringen sie zum Lachen, zum Weinen, zum Toben, zum Ausflippen und zum Töten. Aber wenn sie sehen, wie in Syrien Moscheen und Kirchen bombardiert, Korane verbrannt und Frauen beleidigt werden, kümmert es sie nicht. Weil es kein Film ist, sondern Realität. Wir wünschten, was gerade in Syrien passiert, wäre ein Film. Wenigstens dann würden die Araber etwas für uns tun“, zitierte der „Spiegel“ die syrische Satire-Facebook-Seiten Dumari.

Feuerwehr löscht Brand von Dänischer Botschaft in Damaskus

Reuters/Khaled Al Hariri

Schon 2006 eskalierten die Proteste gegen Mohammed-Karikaturen

Schon einmal nützte das Regime von Baschar al-Assad Proteste zu seiner eigenen Legitimation. WikiLeaks-Dokumente zeigen, dass das syrische Regime 2006 Proteste gegen dänische Karikaturen nicht nur zuließ, sondern auch förderte. Damals wurde unter anderem die dänische Botschaft attackiert. Auch jetzt sind einige Syrer überzeugt, dass Assad Nutznießer der Proteste ist. „Baschar al-Assad schreibt sicher gerade einen Dankesbrief an den Regisseur“, zitiert der „Spiegel“ einen Regimegegner.

Gewaltausmaß immer schlimmer

Dass sich die Situation in Syrien eher verschlechtert als verbessert, zeigt eine am Montag vom UNO-Menschenrechtsrat vorgestellte neue Fassung des Untersuchungsberichtes zur Lage in Syrien, dass die Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten sowie der alawitischen Minderheit zunehme. Beide Seiten begingen Menschenrechtsverletzungen, betonte Kommissionsvorsitzender Paulo Pinheiro, aber die Verbrechen der Regierungstruppen und verbündeter Milizen seien schwerer. Ausmaß und Häufigkeit von schweren Menschenrechtsverletzungen hätten so stark zugenommen, dass es schwierig sei, diese in wenige Worte zu fassen.

Pinheiro zufolge liegen der Untersuchungskommission weitere Belege für vermutete Kriegsverbrechen vor. Es sei eine zweite, geheime Liste mit Namen von Syrern und anderen Verdächtigen erstellt worden, die sich für ihre Taten vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ISTgH) verantworten sollen. Jetzt müsse der UNO-Sicherheitsrat aktiv werden und den Fall an Den Haag verweisen.

Zerstörter Vorort von Damaskus

Reuters

Das syrische Regime setzt täglich seine Bombardements fort

Der syrische UNO-Botschafter Faysal Khabbaz Hamoui wies die Richtigkeit und Objektivität des Berichts zurück. Er stimmte aber dem Menschenrechtsrat zu, dass es externe Kräfte gebe, die an einer Verschärfung der Krise in Syrien mitwirken. Der UNO-Bericht hatte bekräftigt, dass „Terroristen“ von außen am Krieg in Syrien mitwirkten. Einige schlossen sich den Rebellen an, andere agierten eigenständig.

Trägersystem für Giftgasgranaten getestet?

Auch rund um das Giftwaffenarsenal Syriens gibt es immer wieder neue Gerüchte. Der „Spiegel“ berichtete, dass die syrische Armee schon vor einigen Wochen Trägersysteme für Giftgasgranaten in der Nähe des Forschungszentrums für Chemiewaffen bei Safira, östlich von Aleppo, testete. Insgesamt fünf oder sechs der Granaten, die für chemische Kampfstoffe vorgesehen seien, wurden laut Zeugenaussagen Ende August „unbefüllt“ abgeschossen.

Syrien streitet die Existenz von Giftgas nicht ab, betont aber, dieses nicht gegen die eigene Bevölkerung einsetzen zu wollen, sondern nur im Fall eines Angriffs aus dem Ausland. Für US-Präsident Barack Obama war diese Ankündigung Anlass, erstmals mit einem militärischen Eingreifen in den Konflikt zu drohen.

Links: