Aller Kinder werden untersucht
Die Atomkatastrophe von Fukushima zeigt Spätfolgen: Die japanischen Behörden haben den ersten Fall von Schilddrüsenkrebs bei einem Jugendlichen bestätigt. Das berichtete die Umweltschutzorganisation Global 2000. Seit dem Reaktorunglück lassen die Behörden alle 360.000 Kinder und Jugendlichen in der Region untersuchen, ein wegen der Menge der Betroffenen und fehlender Ressourcen langwieriger Prozess.
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Die japanischen Behörden hatten es nach dem Unfall verabsäumt, flächendeckend Jodtabletten an Kinder im Umkreis von 100 bis 150 Kilometern auszuteilen, kritisierte Global 2000. Eine solche Maßnahme wäre in vielen Fällen lebensrettend gewesen. Nur im 20-Kilometer-Sperrgebiet „und noch dazu viel zu spät, nämlich erst fünf Tage nach Beginn der Katastrophe“, seien die Tabletten ausgegeben worden.
Weit mehr Erkrankungen?
Im vergangenen März wurden die Daten von 38.000 Kindern und Jugendlichen veröffentlicht: 13.384 oder 36 Prozent hatten Zysten und Knoten in der Schilddrüse. "Mittlerweile wurden 80.000 Kinder und Jugendliche untersucht, die Behörden fahren aber fort, abzuwiegeln und die Bevölkerung zu beschwichtigen.
Was den erkrankten Jugendlichen angeht, behaupten sie sogar, dass ‚nur ein‘ Schilddrüsenkrebsfall durch die Atomkatastrophe ausgelöst wurde", sagte Reinhard Uhrig von Global 2000. Er hingegen glaubt: „Wenn sich der traurige Untersuchungstrend bestätigt, könnten über 100.000 Kinder und Jugendliche bereits Schilddrüsenzysten und -knoten haben, im schlimmsten Fall 25.000 Schilddrüsenkrebs entwickeln.“
Andererseits ist es allerdings schwierig bis unmöglich, Krebserkrankungen auf ganz konkrete Auslöser zurückzuführen, meinen Mediziner. Die Erkrankung des Jugendlichen könnte demnach auch andere Ursachen haben, zumal die Latenzzeit im Normalfall fünf bis zehn Jahre nach der Verstrahlung beträgt.
Noch immer Spätfolgen von Tschernobyl
Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurden offiziell 4.000 Schilddrüsenkrebsfälle registriert. Die Dunkelziffer - damals fanden keine flächendeckenden Untersuchungen statt - sei wohl viel höher gewesen. Der Höhepunkt der Erkrankungen trat knapp zehn Jahre nach dem Super-GAU in den Jahren 1995 bis 2000 auf. Und die Zahl der Schilddrüsenerkrankungen bei jungen Erwachsenen in der Ukraine, die zum Zeitpunkt der Katastrophe Kinder waren, steigen laut Global 2000 noch immer.
Im Atomkraftwerk Fukushima kam es nach einem Erdbeben und einem dadurch ausgelösten Tsunami am 11. März 2011 zu einer Kernschmelze und dem Austritt großer Mengen Radioaktivität. Es war die folgenschwerste Atomkatastrophe seit dem Unglück von Tschernobyl 1986.
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