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Klagewelle durch Designpatente?

Ausgerechnet eine Yoga-Hose könnte dafür sorgen, das sich Modedesigner in Zukunft mit Patentklagen eindecken. Bisher wurde gegen abgekupferte Designs in der Modewelt kaum rechtlich vorgegangen. Mit den Klagen von Apple gegen Samsung, die sich zum Teil auch auf reine Designfragen beziehen, sind nun aber auch Modefirmen auf den Geschmack gekommen: Der kanadische Yoga- und Sportmodehersteller Lululemon zieht gegen einen prominenten Konkurrenten vor Gericht.

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Lululemon hatte im August im US-Staat Delaware die Klage gegen das Modehaus Calvin Klein eingebracht. Darin heißt es, Calvin Klein verkaufe Hosen, die drei Patente verletzten, darunter eines für einen „unverwechselbaren Hosenbund“ mit sich überlappenden Stoffschichten. Abbildungen des „Wall Street Journals“ zufolge sehen die Modelle tatsächlich recht ähnlich aus. Allerdings ist „Astra Pant“ von Lululemon aus Lycra und Nylon gefertigt und kostet 98 Dollar. Die Calvin-Klein-Hose aus Polyester und Spandex gibt es um 19,99 Dollar.

Immer mehr Designpatente

Experten sehen in der Klage einen neuen Schritt in der Modebranche. Bisher waren nämlich vor allem Logos und Markennamen geschützt. Designs wie den Schnitt der Bluse und die Form eines Kragens urheberrechtlich zu schützen war hingegen bisher kaum erfolgreich: Auch in den USA sind funktionale Dinge wie Hemden und Hosen vom Urheberrecht eigentlich nicht gedeckt - und auch entsprechende Ideen für Gesetzesänderungen fanden nicht genügend Unterstützer.

Lululemon schlug einen neuen Weg sein, indem die Firma seine Designs per Patent schützen ließ. Und damit ist das Unternehmen nicht alleine. Im Vorjahr wurden beim US-Patentamt bereits 21.356 Designpatente angemeldet, berichtet das „Wall Street Journal“. 2005 waren es noch rund 12.000 gewesen, die Zahl hat sich also fast verdoppelt.

Vorbild Apple

Zudem wurde auch die Dauer des Verfahrens verkürzt. Früher dauerte es über ein Jahr, bis das Patent angemeldet war, war es in der schnelllebigen Modebranche schon längst wieder passe.

Dass nun immer mehr dieser Patente angemeldet und auch daraufhin Klagen eingebracht werden, führen Experten auch auf die Vorbildfunktion von Apple zurück. Der Elektronikkonzern hatte den Konkurrenten Samsung mit Klagen wegen Patentverletzungen eingedeckt. Unter anderem warf man dem Gegner vor, bei Tablets die abgerundeten Ecken abgekupfert zu haben. Zuletzt war Apple bei den Prozessen erfolgreich.

Rote Sohlen erfolgreich eingeklagt

Erst vor kurzem erging in New York ein Urteil in einem ähnlichen Streit: Der französische Luxusschuhdesigner Christian Louboutin hatte seinen Konkurrenten Yves Saint-Laurent in New York geklagt, weil dieser sein Markenzeichen, die roten Schuhsohlen, kopiert hatte. In erster Instanz wurde die Klage im Vorjahr noch abgewiesen. In der Modeindustrie habe Farbe „schmückende und ästhetische Funktionen“, die für einen gesunden Wettbewerb von großer Bedeutung seien, hieß es damals. Louboutin ging in Berufung und bekam nun recht: Rote Sohlen dürfen von anderen Herstellern nur noch dann verwendet werden, wenn auch der Schuh selbst rot ist.

Welle an Gerichtsverfahren?

Die Modebranche habe solche Patente zu lange massiv unterschätzt, so Perry Saidman, Experte für Recht und Design. Es sei die richtige Zeit für solche Anstrengungen, sagt auch Susan Scafidi, Gründerin des Instituts für Moderecht an der Fordham University in New York: „Heutzutage ist es einfacher denn je, sogar die innovativsten Entwürfe zu kopieren und selbst zu vermarkten“, sagt sie dem „Wall Street Journal“.

Experten glauben, dass die Anwälte von Calvin Klein bei ihrer Verteidigung argumentieren werden, dass das Patent nie vergeben werden hätte dürfen. Es sei höchst problematisch, wenn für ein oder zwei Nähte mehr am Hosenbund gleich ein Patent vergeben werde, so Ilse Metchek von der California Fashion Association. Sie fürchtet eine Welle an Gerichtsverfahren - und das brauche die Modebranche am allerwenigsten.

Hemmschuh für Innovationen?

Dem widerspricht Kal Raustiala, Rechtsprofessor an der University of California in Los Angeles. Designpatente würden nur vor exakten Kopien - oder nahezu exakten - schützen. Sie seien daher recht eingeschränkt. Dass die Vorgangsweise Vorbildwirkung haben wird, glauben nahezu alle Experten: Designpatente hätten im Patentrecht bisher eher ein Schattendasein geführt - und das werde sich jetzt ändern.

Genau davor warnt das Magazin „Wired“: Es sei fragwürdig, wie Apple rechteckige Formen schützen lassen kann, denn wie sollte ein Tablet sonst aussehen? Zudem würden solche Patente auch Wettbewerb und Innovationen behindern: Um Produkte weiterzuentwickeln und zu verbessern, sei es manchmal nötig, zunächst eine „fremde“ Form aufzugreifen.

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