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Handyhersteller braucht einen Erfolg

Nokia will mit neuen Kartendiensten und einer stark verbesserten Kamera in seinem neuesten Topmodell verlorenen Boden im boomenden Smartphonemarkt zurückgewinnen. Als besonderes Feature können Nokias neueste Smartphones drahtlos aufgeladen werden.

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Der einstige Handymarktführer stellte Anfang September in New York sein neues Smartphone-Flaggschiff Lumia 920 mit dem kommenden Betriebssystem Windows Phone 8 von Microsoft vor. Bei der Vorstellung strich Nokia-Managerin Jo Harlow vor allem Nokias Kartendienste sowie die Kamera mit Nokias Pure-View-Technologie hervor. Sie soll mit 8,7 Megapixel fünfmal mehr Licht aufnehmen können und bessere und schärfere Bilder ermöglichen. Es sei die beste Smartphonekamera überhaupt. „Das ist Lumia, und es ist Zeit, zu wechseln“, so Harlow.

Die Börsianer zeigten sich davon nicht wirklich überzeugt: Noch während der Präsentation sackte die Aktie an der Börse in Helsinki ab und schloss um knapp 13 Prozent niedriger mit zwei Euro. An der NASDAQ in New York brach der Kurs sogar um 15,9 Prozent ein. Das Papier war Mitte Juli allerdings noch beim Allzeittief von 1,33 Euro gelegen.

Das neue Nokia-Handy Lumia 920

Reuters/ Brendan McDermid

Das Nokia Lumia 920

Schärferes Bild für Augmented Reality

Nokia verspricht beim 4,5 Zoll (11,4 cm) großen Bildschirm des Lumia 920 mit Nokias Display-Technologie Pure Motion HD+ und einer Auflösung von 1.280 mal 768 Pixel durch eine hohe Bildwiederholrate ein besonders scharfes Bild. Das Display soll zudem weniger spiegeln.

Die vorinstallierte Navigation wurde ebenfalls aufpoliert und hat einen Augmented-Reality-Modus namens City Lens spendiert bekommen. Dabei werden direkt im Kamerabild Informationen eingeblendet, damit Nutzer leichter ans Ziel kommen oder neue Geschäfte oder Restaurants finden können. Das Gerät soll zudem mit Handschuhen bedient werden können.

Laden ohne Kabel

Im Inneren des Lumia 920 arbeitet ein laut Nokia energieeffizienter Snapdragon-Prozessor. Aufgeladen wird das Gerät drahtlos via Induktion nach dem Qi-Standard: Es reicht, das Gerät auf eine Ladestation zu legen, damit es wieder aufgeladen wird. Nokia kündigte eine Reihe von Accessoires an, darunter Lautsprecher von JBL, die das Handy einfach durch Auflegen aufladen können.

Beim mit 4,3 Zoll etwas kleineren Lumia 820, das Nokia ebenfalls vorstellte, können die Covers in unterschiedlichen Farben ausgetauscht werden. Es ist auch drahtlos aufladbar, hat aber kein PureView, dafür einen Micro-SD-Slot zur Speichererweiterung. Das Lumia 920 kommt in den Farben Gelb, Rot, Grau, Weiß und Schwarz, das Lumia 820 wird es in Gelb, Rot, Grau, Cyan, Violett, Weiß und Schwarz geben. Beide sollen noch dieses Jahr auf den Markt kommen.

Microsoft-Manager Joe Belfiore zeigte noch Einzelheiten zum kommenden Windows Phone 8. Es lässt sich durch - etwa in der Größe - anpassbare Kacheln auf der Startseite stärker personalisieren, hat Nokias Kartendienste noch mehr integriert und bietet verbesserte Funktionen zur Bildbearbeitung wie eine Gesichtserkennung.

Ballmer sieht „wichtigen Meilenstein“

Für Microsoft und Nokia war die Vorstellung besonders wichtig, das unterstrich auch der Auftritt von Microsoft-Chef Steve Ballmer. Das Lumia 920 sei ein „wichtiger Meilenstein“, Nokia und Microsoft seien weit gekommen, so Ballmer.

Microsoft-CEO Steve Ballmer und Nokia-CEO Stephen Elop präsentieren das Lumia 920

Reuters/Brendan McDermid

Microsoft-Chef Steve Ballmer und Nokia-Chef Stephen Elop

Nokia und sein Chef Stephen Elop stehen massiv unter Druck. Der einstige Microsoft-Manager setzt für Nokias Smartphones voll auf Microsofts Handybetriebssystem und hat dafür andere Entwicklungen wie das bereits veraltete Symbian, aber auch das vielversprechende MeeGo vernachlässigt beziehungsweise aufgegeben.

Lange Durststrecke für Nokia

Mehr als eineinhalb Jahre nach Bekanntgabe der Kooperation zwischen Nokia und Microsoft halten sich die Fortschritte allerdings in Grenzen. Nokia schreibt Quartal für Quartal hohe Verluste, die Aktie steckt tief im Keller fest, die großen Ratingagenturen stuften die Bewertungen auf Ramschniveau herab. In den zwei Jahren, seit Elop nun Chef von Nokia ist, hat die Aktie 70 Prozent an Wert verloren und Nokia seine Weltmarktführerschaft eingebüßt.

Von Nokias aktuellen Lumia-Modellen mit Windows Phone 7 wurden im vergangenen Quartal vier Millionen Geräte verkauft. Das ist zwar eine deutliche Steigerung zu den vorherigen Quartalen, aber bei weitem nicht genug, um vorne mitzumischen. Samsung setzte in dieser Zeit rund 50 Millionen Smartphones ab. Apple kam auf rund 26 Millionen iPhones, obwohl viele Kunden schon auf das nächste Modell warten.

Microsoft im Verfolgermodus

Auch Microsoft muss dringend die Marktposition seiner Windows-Phone-Plattform verbessern. Im vergangenen Quartal haben die Lumia-Smartphones zwar nahezu im Alleingang den Marktanteil des Systems erstmals deutlich steigen lassen - es war aber nur eine Verbesserung von 1,6 auf 2,7 Prozent, wie die Marktforscher von Gartner berechneten. Das Google-Betriebssystem Android dominiert den Markt mit mehr als 60 Prozent. Allerdings könnten Windows-Handys von den aktuellen Patentstreitgkeiten rund um Android deutlich profitieren.

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