Diskussion über Kontrolle der Staatsanwaltschaften
Einen neuerlichen Vorstoß zur Klärung der parlamentarischen Kontrolle der Staatsanwaltschaften unternahm gestern der Verfassungsrichter Georg Lienbacher. Bei einer Diskussion im Wiener Straflandesgericht bekräftigte er seine Überzeugung, dass Staatsanwälte mit einer Aussage vor einem Untersuchungsausschuss die Verschwiegenheitspflicht verletzen würden - und ebenso Polizisten, etwa auch gegenüber der Innenministerin, wenn sie im Auftrag der StA ermitteln. Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, trat dem entgegen.
Lienbacher, damals noch Chef des Verfassungsdienstes im Kanzleramt, hatte schon im November 2009 mit seiner Aussage im damaligen U-Ausschuss für eine intensive Diskussion über die Kontrolle der Staatsanwälte gesorgt. Drei Jahre später erweiterte er nun seine Kritik an dieser „Praxis, die mit der Verfassung nicht vereinbar ist“.
Wegen Verschwiegenheitspflicht als Auskunftspersonen unzulässig?
Seit 1. Jänner 2008 gelten Staatsanwälte laut Art. 90a B-VG als „Organe der Gerichtsbarkeit“. Als solche unterlägen sie der Verschwiegenheitspflicht. Somit wäre es unzulässig, sie als Auskunftspersonen in den U-Ausschuss zu laden, argumentierte Lienbacher.
Mit einem VfGH-Erkenntnis aus 2010 sei aber noch ein weiterer „Dominostein“ dazugekommen: Damals stellte das Höchstgericht klar, dass Kriminalpolizisten, wenn sie für die StA ermitteln, als Organe der Gerichtsbarkeit tätig sind. Damit unterlägen auch diese Handlungen der Verschwiegenheitspflicht und seien von der parlamentarischen Kontrolle ausgenommen. Nicht einmal ihrer obersten Dienstherrin, der Innenministerin, dürften Polizisten dann Auskünfte geben, sagte Lienbacher - und pochte auf eine „klare Definition“.
Für Pilnacek ist das eine „idealistische Auslegung“. Auch die unabhängige Gerichtsbarkeit könne und solle kontrolliert werden - und die Regelungen dazu seien sowohl ausreichend als auch ausgewogen. Seit die Staatsanwälte mit der Vorverfahrensreform in den Mittelpunkt der Ermittlungen gerückt worden seien, stünden sie nun auch „im Mittelpunkt der Kritik“. Die Kontrolle reiche aber aus, mit der internen Revision und der Kontrolle in der Hierarchie, die „bis zu meinem Schreibtisch“ führe. Die Diskussion über mehr Kontrolle sei eine „Scheindiskussion, die die Arbeit der Staatsanwälte unnötig erschwert“.