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Hintergründe weiter völlig unklar

Nach dem mysteriösen Vierfachmord in den französischen Alpen sind am Haus der Opferfamilie in England Bombenexperten angerückt. Die Gebäude rund um das Einfamilienhaus im Ort Claygate in der Grafschaft Surrey wurden am Montag für mehrere Stunden evakuiert. Nach mehreren Stunden wurde schließlich Entwarnung gegeben.

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Das Haus in dem nahe London gelegenen Claygate wird seit Samstag von den Ermittlern durchsucht. Da nach wie vor jeglicher Hinweis auf ein Motiv der Bluttat fehlt, erhoffen sich die Behörden französischen Medienberichten zufolge dort nun Hinweise auf die Hintergründe. Wie die Polizei am Montag laut BBC zunächst mitteilte, wurden in dem Gebäude „nicht spezifizierbare“ Gegenstände gefunden.

Entschärfungskommando

EBU

Britische Entminungsexperten rücken in Claygate an

Einem Polizeisprecher zufolge wurde Montagfrüh die unmittelbare Nachbarschaft aus Sicherheitsgründen aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen. Zudem war auf TV-Bildern ein Fahrzeug des Entminungsdienstes vor dem Haus der Opferfamilie in der Oaken Lane zu sehen. Am frühen Nachmittag rückten die Bombenexperten laut BBC wieder ab. Auch die Straßensperre wurde den Angaben zufolge wieder aufgehoben. Die gefundenen Substanzen wurden von der Polizei im Anschluss als ungefährlich bezeichnet.

Siebenjährige aus Koma erwacht

Das aus dem Irak stammende britische Ehepaar al-Hilli sowie die Mutter der Frau und ein offenbar zufällig vorbeikommender Radfahrer waren am Mittwoch auf einem Waldparkplatz in Ostfrankreich erschossen worden. Die Opfer wurden durch jeweils zwei Kopfschüsse getötet. Die vierjährige Tochter überlebte unverletzt, weil sie sich unter der Leiche der Mutter versteckte. Ihre siebenjährige Schwester erlitt Schädelfrakturen und lag bis Sonntag im Koma. Die Hintergründe des Vierfachmordes sind nach wie vor völlig unklar.

Zuletzt wurde bekannt, dass der Vierfachmord nur mit einer Waffe verübt worden sein dürfte. Das verlautete am Montag aus Ermittlerkreisen, nachdem Spezialisten der französischen Polizei die rund 25 am Tatort gefundenen Patronenhülsen und die Kugeln untersucht hatten, mit denen die Opfer getötet wurden. Abgegeben wurden die Schüsse aus einer Automatikpistole vom Kaliber 7,65 Millimeter.

Wichtige Hinweise auf den bzw. die Täter könnten von der aus dem Koma erwachten Siebenjährigen kommen. Diese kann laut Staatsanwalt Eric Maillaud zwar immer noch nicht befragt werden, da sie weiter unter dem Einfluss von Medikamenten stehe. Auf Befragungen von Kindern spezialisierte Ermittler sollen das Mädchen aber so bald wie möglich vernehmen. Ihre jüngere Schwester traf laut Maillaud am Wochenende wieder in England ein. Sie überlebte unverletzt.

Bruder erneut befragt

Der Bruder des getöteten Familienvaters Saad al-Hilli wurde am Sonntag den zweiten Tag in Folge befragt. Er könnte Geldstreitigkeiten mit seinem Bruder gehabt haben. Er war zunächst von sich aus bei der Polizei erschienen, um Informationen zu dem Mord zu bekommen. Geldstreitigkeiten mit seinem Bruder bestritt er. Maillaud hatte zuvor gesagt, dass alle Menschen aus dem unmittelbaren Umfeld der Familie befragt würden.

Als lange unklar galt der genaue Verwandtschaftsgrad der getöteten Frau, bei der ein schwedischer Pass gefunden worden war. Am Montag konnte bestätigt werden, dass es sich bei der Frau um die Großmutter mütterlicherseits der beiden kleinen Mädchen handelte. Sie ist damit die Mutter der getöteten Ikbal al-Hilli und Schwiegermutter des getöteten Familienvaters.

Suche auf Italien und Schweiz ausgedehnt

Bei der Suche nach dem oder den Tätern des kaltblütigen Mordes sollen unterdessen auch die Nachbarländer Frankreichs helfen. „Alle Nachbarländer wurden mobilisiert“, sagte Maillaud, wobei er insbesondere Italien und die Schweiz hervorhob. Dabei gehe es vor allem um Wachsamkeit hinsichtlich einer möglichen Flucht der Täter.

Verbindungen in den Irak?

Die Opferfamilie lebte schon seit Jahren in Großbritannien. Al-Hilli war Ingenieur und hatte eine eigene Informatikberatungsfirma, er arbeitete vor allem im Bereich Luft- und Raumfahrt. Die Familie, die nahe London in einem großzügigen Haus lebte, hatte bei Annecy Urlaub auf einem Campingplatz gemacht.

Falls der Bruder als Täter ausgeschlossen werden kann, wären politische Hintergründe möglich, die zum Regime des irakischen Diktators Saddam Hussein zurückreichen. Der Getötete kam zwar schon in den 70er Jahren nach Großbritannien, stand aber beispielsweise im Jahr 2003 während des Irak-Krieges unter Überwachung des britischen Geheimdienstes, wie bekanntwurde. Beruflich hatte er mit der Entwicklung von Satelliten und anderer Hightech-Nachrichtentechnik zu tun, was entsprechenden Gerüchten Auftrieb verlieh.

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