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Ermittlungen nach Bluttat auf Hochtouren

Nur zögerlich geben die Ermittler Details zu dem mysteriösen Gewaltverbrechen auf einem Waldparkplatz in der Nähe der ostfranzösischen Stadt Annecy bekannt. Allein das kann als Indiz dafür gewertet werden, dass auch sie bei dem Vierfachmord vor einem Rätsel stehen. Bestätigt wurde Donnerstagfrüh allerdings, dass es eine weitere Überlebende gibt.

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In der Nacht auf Donnerstag - Stunden, nachdem ein zufällig vorbeikommender Radfahrer drei Ermordete in einem britischen Auto und einen weiteren erschossenen Radfahrer entdeckt hatte - wurde das vierjährige Mädchen gefunden. Es sei acht Stunden lang unter den drei Leichen in dem Auto begraben gewesen und habe sich die ganze Zeit über nicht bewegt, sagte der Staatsanwalt von Annecy, Eric Maillaud. Ein lebensgefährlich verletztes Mädchen war am Vortag neben dem Wagen gefunden worden.

„Sie ist ja erst vier Jahre alt“

Die Ermittler hätten erst nach Eintreffen der Pariser Gerichtsmediziner Zugang zum Auto erhalten und das Mädchen erst dann entdeckt, so Maillaud. Laut einem Ermittler war die Vierjährige fast acht Stunden „unter den Beinen ihrer Mutter verborgen“. Maillaud sagte: „Sie sprach Englisch, erzählte uns, dass sie Lärm und Schreie gehört hat. Mehr kann sie nicht sagen, sie ist ja erst vier Jahre alt.“ Bei den Toten handelt es sich um die Eltern und die Großmutter des Mädchens.

Ein Polizist sichert die Zufahrt zum Tatort in Annecy

APA/EPA/MAXPPP/Norbert Falco

Ermittler riegelten die Gegend großräumig ab

Das schwerstverletzte andere Mädchen dürfte die Schwester der Vierjährigen sein. Eine eindeutige Identifikation war laut den Angaben der Ermittler jedoch nur beim Fahrer des BMW mit britischem Kennzeichen möglich. Laut Polizei saß der Familienvater auf dem Fahrersitz, auf dem Rücksitz fanden die Ermittler die Frauenleichen. Sie waren allem Anschein nach auf Urlaub in der französischen Alpenregion. Die Gegend im Departement Haute-Savoie ist bei Touristen aus aller Welt sehr beliebt.

Spekulationen über Tathergang

Der vierte Tote war ein Bürger der Nachbargemeinde, der offenbar beim Radfahren Erholung suchte. Am Tatort im Gemeindegebiet des Ortes Chevaline lagen zahlreiche Patronenhülsen aus einer automatischen Pistole. 60 Beamte suchten die ganze Nacht in der Umgebung nach möglichen Hinweisen. Auch ein Helikopter war im Einsatz. Schon am Vortag war mit der Befragung möglicher Zeugen begonnen worden. Unklar blieben zunächst die Hintergründe der Tat.

Spekuliert wurde darüber, dass die Familie Opfer eines Raubüberfalls geworden sein könnte, in den der Radfahrer hineingeraten war. Der Staatsanwalt bestätigte diese These nicht. Ein anderer möglicher Tathergang wäre, dass sowohl die Familie als auch der Radfahrer zufällig Zeugen etwa einer verbrecherischen Verabredung wurden und das mit dem Leben bezahlen mussten. Auch persönliche Motive innerhalb der Familie wurden anfangs nicht gänzlich ausgeschlossen.

Ermittler setzen auf die beiden Mädchen

Die Ermittler setzen ihre Hoffnungen auf die beiden Überlebenden. Neben dem kleinen Mädchen geht es dabei vor allem um dessen offenbar ältere Schwester: Laut Chefermittler Benoit Vinnemann hat sich ihr Zustand in der Nacht deutlich gebessert. Sie befindet sich jedoch offenbar immer noch auf der Intensivstation des Spitals von Grenoble. Vinnemann sagte, die Ärzte gingen davon aus, dass sie in einigen Tagen wieder ansprechbar sein werde.

Ein Indiz dafür, dass den beiden Mädchen als überlebenden Zeuginnen der Bluttat weiterhin Gefahr durch die Täter droht, liegt in außergewöhnlichen Schutzmaßnahmen für sie: Laut britischen Medienberichten wurde das Spital in Grenoble in der Nacht auf Donnerstag von schwer bewaffneten Polizeibeamten zur Bewachung umstellt. Der Aufenthaltsort des kleineren Mädchens wiederum wird von der Polizei geheim gehalten.

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