Nicht mehr alle in der Politik
Die Wege jener, die in Knittelfeld vor zehn Jahren im Mittelpunkt standen, haben sich seither durchaus unterschiedlich gestaltet. Manche Feinde von damals sind heute im BZÖ vereint, andere in der FPÖ, Karl-Heinz Grasser steht nach einer Glamourzeit im Team der ÖVP mittlerweile im Visier der Justiz, Susanne Riess-Passer hat längst den Absprung in die Privatwirtschaft geschafft und der, um den sich alles drehte, verstarb 2008 bei einem Autounfall, Jörg Haider.
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Haider wurde nach Riess-Passers Rückzug als Parteiobfrau gedrängt, wieder selbst die FPÖ anzuführen. Nachdem er sich zunächst dazu bereit erklärt hatte, überlegte es sich der Kärntner Landeshauptmann wieder anders, da er von Abfangjäger-Lobbyisten bedroht worden sei. 2005 spaltete sich die freiheitliche Legende mit dem Regierungsteam von der FPÖ ab und gründete das BZÖ, dessen Obmann er bis zu seinem Tod blieb. Ausgeschlossen aus der FPÖ wurde Haider übrigens von Hilmar Kabas, der in Knittelfeld neben ihm am Podium sitzen durfte.
Das Comeback des „Reißwolfs“
Kurt Scheuch, der „Reißwolf von Knittelfeld“, schaffte es drei Jahre nach Knittelfeld zum Klubobmann der Kärntner Freiheitlichen, die zwischendurch zum BZÖ gehörten. Seit diesem Sommer führt er die Kärntner Freiheitlichen an, nachdem sich sein Bruder Uwe, ebenfalls ein „Knittelfelder“, aus der Politik zurückgezogen hatte.
Stadlers später Weg ins BZÖ
Ewald Stadler hatte im Zuge des Delegiertentreffens eine zentrale Rolle inne, da er als der Organisator des „Putsches“ galt. Stadler, von Riess-Passer in die Volksanwaltschaft abgeschoben, war es, der das Sammeln der Unterschriften für einen Sonderparteitag organisierte und so Knittelfeld überhaupt erst möglich machte.
Bei der Abspaltung des BZÖ blieb er in der FPÖ und war maßgeblich an deren Rettung beteiligt, ehe sich Stadler mit Strache überwarf und „wilder Abgeordneter“ im Nationalrat wurde. Im letzten Nationalratswahlkampf stand er wieder an der Seite Haiders, diesmal für das BZÖ. Mittlerweile ist der Vorarlberger Mitglied des Europaparlaments.
Strache als Gewinner
Heinz-Christian Strache war einer der Antreiber des Delegiertentreffens, der sich auch gegen jegliche Kompromissvariante stellte. Sein Auftreten goutierten auch in der eigenen Landespartei nicht alle, trotzdem schaffte er es 2004 an die Spitze der Wiener FPÖ. Als sich das BZÖ abspaltete, stieg er zum Obmann der Bundespartei auf, die er seither wieder in Richtung alter Stärke führte.
Scheibner mit Ministerkarriere
Herbert Scheibner hat in Knittelfeld eine Rolle gespielt, die in seiner Karriere zu den Standards gehörte, jene des Überlebenskünstlers. Von Riess-Passer ausgeschickt, saß er am Ende plötzlich neben Haider vor der Presse, was ihm den Spitznamen „Brutus“ einbrachte. In der Regierung Schüssel II wechselte er vom Verteidigungsministerium in den Nationalrat, wo er zunächst den FPÖ- und später den BZÖ-Klub führte. Heute ist er einfacher Abgeordneter des orange Bündnisses und betätigt sich nebenbei als Geschäftsmann.
Westenthaler vom Fußball zurück in die Politik
Peter Westenthaler nahm gemeinsam mit Riess-Passer nicht nur sprichwörtlich den Hut und wurde fürs erste Vorstand in der Fußball-Bundesliga. Wie auch Stadler fand jedoch auch Westenthaler den Weg zurück zu Haider. 2006 konnte er das BZÖ bei der Nationalratswahl gerade noch im Hohen Haus halten. Seither ist er Abgeordneter des Bündnisses, das mit dem damaligen niederösterreichischen FPÖ-Chef Ernest Windholz übrigens auch einen der prominentesten „Knittelfelder“ in seinen Reihen hat.
Grassers Annäherung an die ÖVP
Karl-Heinz Grasser hatte es in Knittelfeld besonders schwer als Finanzminister, war er damit doch für die unpopuläre Verschiebung der Steuerreform verantwortlich. Nach teils offenbar recht heftigen Anfeindungen aus dem Auditorium verließ er den Tagungsort und teilte Riess-Passer das Geschehen mit. Nach seinem Rücktritt heuerte er in der ÖVP an, zwar nicht als Parteimitglied, aber als Finanzminister im Auftrag der Volkspartei. Unter Rot-Schwarz hätte er nach dem Willen von Wolfgang Schüssel (ÖVP) sogar Vizekanzler werden sollen, was aber intern von einer Gruppe um Andreas Khol verhindert wurde. Heute wird gegen Grasser wegen diverser Verdachtsmomente von der Justiz ermittelt.
Riess-Passer bei Wüstenrot
Susanne Riess-Passer war in Knittelfeld nicht dabei. Sie verbrachte einen nervösen Tag im Burgenland. Als ihr die Vorgänge in Knittelfeld geschildert wurden, legte sie konsequent ihr Amt in Partei und Regierung zurück. Seither hält sich die ehemalige FPÖ-Chefin und Vizekanzlerin mit Politstatements zurück und führt stattdessen seit bald einem Jahrzehnt den Versicherungskonzern Wüstenrot.
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