Die vermeintliche Rettung
Das einst mächtigste Kriegsschiff der Welt, die 1628 erbaute schwedische „Wasa“, ist von Korrosion und Holzzerfall bedroht. Das Schiff, das eigens in einem Museum in Stockholm untergebracht ist und rund 800.000 Besucher im Jahr anlockt, bereitet Restauratoren seit seiner Bergung im Jahr 1961 schlaflose Nächte.
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Gerade die Bemühungen zur Rettung des Schiffs sorgen jetzt für Probleme, wie die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf das Wissenschaftsjournal „Biomacromolecules“ berichtet. Chemiker um Ingela Bjurhager vom Königlichen Institut für Technologie in Stockholm berichten demnach, dass die sogenannte Zugfestigkeit des Eichenholzes der „Wasa“ bereits um 80 Prozent verringert ist. Das heißt: Die Zellwände im Holz zersetzen sich - die Schiffsplanken würden dadurch an Dichte verlieren.

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Die schwierige Restaurierung der „Wasa“
Verfall erst seit der Bergung
Nach seiner Bergung behandelte man das Holz 17 Jahre lang mit Polyethylenglykol, um es zu konservieren, wie es heißt. Doch der Schwefel im Holz reagierte mit Sauerstoff und zersetzte die Eichenbretter des historischen Schiffs. Wahrscheinlich sei der Verfall der „Wasa“ überhaupt erst nach der Bergung in Gang gekommen, vermuten die Wissenschaftler. Nun setzt man auf die Erforschung des Zellzersetzungsprozesses, um eine Lösung für das Problem zu finden und das Schiff doch noch zu retten.
Das Schicksal der „Wasa“ hatte jedenfalls von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden, wie auf Wikipedia nachzulesen ist. Gebaut wurde das Schiff unter der Ägide des schwedischen Königs Gustav II. Es sollte im Dreißigjährigen Krieg das katholische Polen abschrecken. Denn dort regierte jener Vetter von Gustavs Vater Karl IX., den dieser vom schwedischen Thron gejagt hatte. Und der wollte - nicht zuletzt aus Rache - das lutherische Schweden zurückerobern.
Die verhängnisvollen Wünsche des Königs
Der verantwortliche Schiffbaumeister war der Holländer Henrik Hybertsson. Er hatte sich den Wünschen Gustav II. zu beugen - teilweise wider besseres Wissen. Einige dieser Wünsche waren noch vergleichsweise einfach zu erfüllen - etwa die 500 knallbunten Fratzen, die die Gegner auf See verhöhnen sollten. Dass aber auf das erste mit Kanonen bestückte Deck noch ein zweites aufgebaut wurde, damit auf einem einzigen Schiff mehr Schusskraft vereint war als jene der gesamten polnischen Flotte, führte zum Untergang.

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Das „Wasa“-Museum Vasamuseet ist ein Touristenmagnet
Das Schiff hatte schon vor seiner ersten Ausfahrt gefährlichen Tiefgang und neigte zur Schieflage. Als bei einem Test 30 Matrosen von einer Seite gemeinsam auf die andere liefen, kippte es beinahe um - der Test wurde abgebrochen.
Der Ballast an Steinen unter Deck reichte nicht aus, das Schiff stabil zu halten - die „Wasa“ war oberlastig, wie auf der Website des „Wasa“-Museums erklärt wird. Dennoch bestand der König auf ein Auslaufen. Die Route führte direkt am Königssitz vorbei - und noch in Sichtweite des Schlosses, als die erste Windböe die Segel aufblähte, sank das Schiff nach nur 1.300 Metern Fahrt. Die Blamage für das Königshaus war perfekt.
Die Geschichte der Besatzung
Mit dem Schiff gingen auch zwischen 30 und 50 Menschen unter. In den 90er Jahren enthüllten Untersuchungen der Knochenreste die Geheimnisse eines Teils der Mannschaft. Die ertrunkenen Besatzungsmitglieder hätten begonnen, „über sich zu sprechen“, beschrieb damals gegenüber der deutschen Presseagentur dpa die schwedische Forscherin Ebba During das, was sie nach mehrjährigen Untersuchungen von 1.553 Skelettteilen über das Leben von 25 der Verunglückten herausgefunden hatte.
Mit Hilfe von DNA-Analysen fand die Osteologin heraus, dass unter den Toten zwei Frauen im Alter von 16 und 20 Jahren waren, die sie „Ylva“ und „Beata“ nannte. Die Analyse von Beatas Zähnen enthüllte, dass sie an Mangelkrankheiten durch schlechte Ernährung litt und Kinderkrankheiten durchgemacht hatte, die das Wachstum einiger Zähne stoppten. Die DNA-Analyse enthüllte auch, das Ylva und Beata Geschwister waren, und nicht zuletzt, dass Beata Durchfall hatte.
Die „wilde Truppe“ der „Wasa“
Unter den männlichen „Wasa“-Opfern fanden sich etliche mit bewegtem Vorleben. So war „Adam“, beim Untergang 25 Jahre alt, möglicherweise ein Schläger - und ein schlechter dazu, denn Ebba During diagnostizierte eine „echte Boxernase“ mit gebrochenem Nasenbein. Der 40-jährige „Ivar“ konnte mit seinen völlig verkrüppelten Füßen kaum noch gehen, was ihm wohl auch das Leben kostete. During vermutete nach der Skelettanalyse, dass ihm irgendwann in seinem Leben die Zehen abgeschnitten worden waren.
„Filip“, ein junger Mann an einem Ruder der „Wasa“, hatte am Unterkiefer gleich zwei Reihen Vorderzähne, was - so die Forscherin - „seinem Lachen einen furchterregenden Ausdruck verliehen haben muss“. Und als ob das nicht schon schlimm genug war, erwiesen sich Filips Armgelenke trotz seines jungen Alters vermutlich vom vielen Rudern schon als völlig verschlissen. Insgesamt, so folgerte in den 90er Jahren die Leitung des Stockholmer „Wasa“-Museums, muss die Besatzung eine „wilde Truppe“ gewesen sein.
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