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Atomwaffenexperimente vertuscht?

Der Iran hat nach Angaben der Vereinten Nationen (UNO) die Zahl seiner Uranzentrifugen in einem unterirdischen Atomkomplex mehr als verdoppelt. In der stark befestigten Fordo-Anlage sei die Zahl der entsprechenden Maschinen seit Mai von 1.064 auf 2.140 gestiegen, teilte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Donnerstag in Wien in einem neuen Bericht mit.

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Die neuen Maschinen seien bisher nicht in Betrieb. Nur etwa 700 der Zentrifugen, die zur Anreicherung des spaltbaren Uran-235 benötigt werden, arbeiteten. Außerdem habe die Islamische Republik seit 2010 189 Kilogramm höher angereichertes Uran hergestellt. In dem letzten Bericht von Mai waren es noch 145 Kilogramm. Damals waren Spuren von 27 Prozent angereichertem Uran gefunden worden, der Iran deklarierte aber nur eine Anreicherung auf 20 Prozent gegenüber der IAEA.

Weißes Haus will Situation beobachten

Der vierteljährlich erscheinende Bericht dürfte die politische Debatte über einen Militärschlag weiter anheizen. Israelische Politiker drängen seit Monaten auf einen Präventivschlag gegen Atomanlagen, in denen vermutlich Uran angereichert wird.

Doch die USA zögern. „Man werde sich den neuen IAEA-Bericht genau ansehen“, erklärte Donnerstag der Pressesprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Man sei über das Ergebnis nicht überrascht. „Aber wie der Bericht auch zeigt, sind wir in der Lage, die Vorgänge im Iran sehr gut zu beobachten“, sagte Carney.

Satellitenaufnahme der iranischen Militärbasis Parchin

AP/ISIS/DigitalGlobe

Satellitenbild der Militärbasis Partschin

„Säuberungsaktionen“ auf Militärbasis

Sorgen bereiten der Atombehörde mit Sitz in Wien auch die Vorgänge auf der iranischen Militärbasis Partschin. Dort sollen Maßnahmen getroffen worden sein, die künftige Kontrollen „erheblich behindern“ würden. Die UNO-Organisation spielte damit auf die vermutete Beseitigung verdächtiger Spuren an.

Sie verdächtigt den Iran, in Partschin Sprengstofftests vorgenommen zu haben, die dem Atomprogramm dienen könnten. Westliche Staaten hatten bereits vor Monaten unter Berufung auf Satellitenbilder von Säuberungsarbeiten in dem Lager bei Teheran berichtet.

Erdarbeiten sollen Spuren von Atomtests verwischen

Dabei gehe es um ein zentrales Gebäude in der Militäranlage Parchin - in der solche Tests vermutet werden. Aufnahmen sollen zeigen, dass Materialien abtransportiert, Gebäude abgerissen und Flächen gesäubert wurden, hieß es von Diplomaten. Außerdem hätten Erdarbeiten stattgefunden.

Damit könnten Hinweise auf militärisch relevante Arbeiten, die möglicherweise schon vor einem Jahrzehnt unternommen worden seien, vernichtet worden sein. „Ich habe von kräftigen Reinigungsarbeiten in Parchin gehört“, sagte ein westlicher Abgesandter.

Ajatollah: „Streben keine Atomwaffen an“

Trotz der vorgebrachten Verdächtigungen beharrt der Iran auf seinem Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie. Der religiöse Führer im Iran, Ajatollah Ali Chamenei, erklärte, dass sein Land keine Atomwaffen entwickle. „Wir stellen keine Atomwaffen her und werden dies auch niemals tun“, sagte Chamenei. Der Iran werde aber sein Recht auf eine friedliche Nutzung der Atomenergie nicht aufgeben.

UNO richtet Task-Force ein

Die Atomenergiebehörde will nun eine Spezialistengruppe für das iranische Nuklearprogramm zusammenstellen. Wie genau diese Task-Force aussehen soll, wurde in dem knappen Schreiben vom Mittwoch zwar nicht erläutert, aber es zeige, dass die IAEA dem Iran eine höhere Priorität einräume, wie Diplomaten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärten.

„Ernsthaft besorgt“ über Nordkorea

Der Iran ist nicht das einzige Sorgenkind für die IAEA. „Ernsthaft besorgt“ sei man auch über die Fortschritte beim Ausbau des nordkoreanischen Atomprogramms, heißt es in dem Bericht. Nordkoreas „Äußerungen betreffend der Urananreicherung und dem Bau eines Leichtwasserreaktors“ seien weiterhin „zutiefst beunruhigend“. Beim Bau des Reaktors seien in den vergangenen Monaten erhebliche Fortschritte verzeichnet worden.

Ende Februar hatte sich Nordkorea mit den USA im Gegenzug für die Lieferung von Nahrungsmitteln auf die Aussetzung seines Atom- und Raketenprogramms geeinigt. Dabei hatte Pjöngjang grundsätzlich auch eingewilligt, erstmals seit 2009 wieder IAEA-Inspektoren im Land zu empfangen. Im April hatte der Start einer Langstreckenrakete mit einem Satelliten, der international als verbotener Raketentest gewertet worden war, jedoch zum Bruch des Abkommens und zum Abbruch der Verhandlungen mit der IAEA geführt.

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