Wasser steht über drei Meter hoch
Das Auftreffen des Hurrikans „Isaac“ auf die Golfküste des US-Bundesstaats Louisiana am Mittwoch ist der erste wirkliche Test für die neuen Dämme rund um die Stadt New Orleans. Seit der verheerenden Hurrikan-Katastrophe von 2005 wurde der Hochwasserschutz um 17 Mrd. Dollar (13,8 Mrd. Euro) verstärkt. Doch die ersten Deiche wurden bereits wenige Stunden nach dem Eintreffen von „Isaac“ überflutet.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Das vom Hurrikan verursachte Hochwasser schwappte bereits über Dämme im Südosten der Metropole New Orleans, teilte der Nationale Wetterdienst laut der Website des Senders Weather Channel mit. In Plaquemines Parish, das auf einer Landzunge im Golf von Mexiko liegt, stand das Wasser demnach in einigen Häusern bis zu 3,60 Meter hoch.

APA/EPA/Skip Bolen
New Orleans wird von bis zu sechs Meter hohen Deichen vor Überflutungen des Pontchartrain-See geschützt
Angst vor Dammbrüchen
Möglicherweise werde das Wasser Löcher in den Damm reißen, sagte der örtliche Behördenvertreter Billy Nungesser am Mittwoch dem Fernsehsender CNN. Die Gegend könnte vollständig überschwemmt werden. Nungesser zufolge hatten sich mindestens die Hälfte der 2.000 Bewohner der bedrohten Gegend vor dem Eintreffen des Sturms in Sicherheit gebracht. „Vom Ostufer haben wir Meldungen bekommen, wonach sich Menschen auf ihre Hausdächer in Sicherheit gebracht haben“, sagte Nungesser.
Wie viele Menschen von dem strömenden Regen und dem Sturm direkt bedroht sind, war zunächst nicht klar. Der Regen und die Windböen verhinderten bisher eine umfangreiche Suche. Sicherheitsbehörden seien zwar in der Gegend, doch seien viele Straßen unpassierbar, und auch Boote könnten wegen des Sturms derzeit nicht eingesetzt werden, so Nungesser.
Armee: Deiche halten stand
Bei der Armee zeigt man sich jedoch optimstisch: „Wir haben Vertrauen in das System“, erklärte das Pionierkorps der US-Armee am Mittwoch. Das System reagiere nach Plan. Es wurde nicht damit gerechnet, dass der Sturm die Stadt direkt treffen werde, Auswirkungen sollten aber dennoch zu spüren sein. Das Ingenieurkorps erklärte, dass die Dämme in Plaquemines nicht zu dem nach „Katrina“ errichteten Flutabwehrsystem zählten.

APA/EPA/Skip Bolen
Rund um New Orleans wurden riesige Dämme errichtet
New Orleans setzt auf neues Deichsystem
Plaquemines Parish liegt außerhalb des Stadtgebiets von New Orleans. New Orleans schloss seine 127 knapp acht Meter hohen Fluttore. Im Gegensatz zu 2005 sei die Stadt diesmal gut gewappnet, bekräftigte Bürgermeister Mitch Landrieu: „Wir haben volles Vertrauen, dass die Dämme halten werden.“ Die Stadt hat seit den Überflutungen von 2005 rund zehn Milliarden Dollar alleine in ein Damm-, Schleusen- und Pumpsystem investiert. Zudem wurden 159 Kilometer Küstendeich und Flussdamm seit 2007 in Louisiana neu gebaut oder auf bis zu acht Meter erhöht.
Enorme Regenmengen erwartet
Angesichts des großen finanziellen Aufwandes war man auf den ersten Testfall gespannt. Und der hat sich nun mit „Isaac“ eingestellt. Der Hurrikan der Stärke eins erreichte Dienstagabend die Küste und peitschte in der Nacht über den Bundesstaat Louisiana hinweg. Er ist zwar deutlich schwächer als der verheerende Wirbelsturm „Katrina“, der mit der Stärke drei auf New Orleans traf, doch Wetterexperten warnten davor, den Sturm zu unterschätzen.

Reuters/Michael Spooneybarger
Mit Sandsäcken versuchen Menschen, ihre Häuser zu schützen
Zwar verlangsamte „Isaac“ nach dem Auftreffen auf Land am Mittwoch zunächst seine Geschwindigkeit, wie die US-Wetterbehörde erklärte. Doch gerade weil sich der Wirbelsturm so langsam ins Landesinnere vorarbeite, steige die Gefahr für regenbedingte Überschwemmungen, warnte das US-Hurrikan-Zentrum. Im Zuge des Hurrikans ist mit Niederschlägen bis zu 50 Zentimeter zu rechnen. Auch in Städten in Mississippi und Alabama wurde Hochwasserwarnung ausgegeben.
New Orleans wurde zur Geisterstadt
In New Orleans steht unterdessen das Leben still. Schulen und Universitäten, Geschäfte und Büros blieben geschlossen. Wegen Stromausfällen saßen insgesamt etwa 300.000 Menschen zeitweise im Dunkeln. Auf dem Flughafen von New Orleans wurden alle geplanten Flüge gestrichen. Während viele Bewohner den Aufruf zur Evakuierung befolgten, verbarrikadierten sich andere im berühmten French Quarter mit Lebensmitteln und Treibstoff in ihren Häusern. Einige Hotels hatten ihre Gäste aufgefordert, bis Dienstagmittag die Zimmer zu räumen.

AP/David J. Phillip
Fast menschenleere Canal Street in New Orleans
Notstand ausgerufen
US-Präsident Barack Obama rief am Dienstag den Notstand auch für den Bundesstaat Mississippi aus. Das hatte er am Vortag bereits für Louisiana getan, um für den Ernstfall auch Bundesmittel für die betroffenen Staaten freizumachen. Als Lehren aus der Kritik am zögerlichen Krisenmanagement der Regierung des damaligen Präsidenten George W. Bush hatten Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida bereits in den vergangenen Tagen den Notstand ausgerufen.
Stürmischer Nominierungsparteitag
In Haiti und der Dominikanischen Republik waren beim Durchzug von „Isaac“ 24 Menschen getötet worden. Ausläufer des Tropensturms sorgten auch in Florida für Behinderungen. Auch der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney wurde Opfer der Wetterkapriolen. Sein Nominierungsparteitag musste um einen Tag verschoben werden und stand ganz im Zeichen einer möglichen Katastrophe.
Links: