Milliardenauftrag in Schwebe
Großbritannien wird in den kommenden Jahren rund 15 Milliarden Euro in den Ausbau seines Eisenbahnverkehrs investieren. Neben der Schnellzugverbindung Crossrail quer durch London soll auch die Pendlerstrecke Thameslink mit 1.200 neuen Zügen ausgerüstet werden. Doch bei der Auftragsvergabe spießt es sich.
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Die 225 Kilometer lange Eisenbahnstrecke Thameslink führt in Nord-Süd-Richtung von Bedford durch London nach Brighton und ist eine der wichtigsten Pendlerstrecken Londons. Jedes Jahr werden bis zu 40 Millionen Fahrgäste befördert. Doch die Zuggarnituren sind veraltet und gehören dringend erneuert.
Eigentlich hat das deutsche Unternehmen Siemens den Zuschlag für den Großauftrag bekommen. Wegen Schwierigkeiten mit der Finanzierung komme es jedoch zu Verzögerungen, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) Ende August berichtete.
Vergabe drei Jahre lang geprüft
Damit schwinde für Siemens die Hoffnung, den vereinbarten Milliardenauftrag noch im laufenden Geschäftsjahr (bis 30. September) verbuchen zu können. Der Auftrag belaufe sich auf 1,8 Mrd. Euro, inklusive der über Jahrzehnte laufenden Service- und Wartungsverträge sogar auf 4,2 Mrd. Euro. Ein Unternehmenssprecher wollte sich dem Blatt zufolge nicht dazu äußern.
Siemens war im Juni vom britischen Verkehrsministerium als bevorzugter Bieter ausgewählt worden, die rund 1.200 Züge zu liefern. Seitdem wird exklusiv verhandelt. Siemens ist nach eigenen Angaben weiter zuversichtlich, den Auftrag zu erhalten. Das Transportministerium habe vor der Auswahl drei Jahre lang die Vergabe ausführlichst geprüft, sagte ein Unternehmenssprecher. 2015 sollen die ersten Züge geliefert werden.
Unterlegener Konzern Bombardier wehrt sich
Die Entscheidung zugunsten des deutschen Konzerns hatte in Großbritannien Ärger ausgelöst. Der unterlegene Siemens-Konkurrent Bombardier hatte nach der Entscheidung im Sommer angekündigt, er müsse deshalb alle seine Aktivitäten in Großbritannien auf den Prüfstand stellen und vor der Schließung seines englischen Standorts in Derby gewarnt. 1.400 Stellen will Bombardier im Königreich streichen. Im Kampf um den Auftrag hat der kanadische Konzern die Unterstützung britischer Gewerkschafter.
Siemens hält dagegen. Die Entscheidung des Transportministeriums sei „in einem fairen und transparenten Verfahren nach EU-Recht“ gefallen. Die Züge sollen zwar in Krefeld gefertigt werden, mehrere hundert Arbeitsplätze würden aber auch in Großbritannien entstehen. Siemens beschäftige 16.000 Menschen in Großbritannien, davon die Hälfte in der Fertigung oder in Forschung und Entwicklung. Insgesamt habe der Konzern, der seit 168 Jahren in dem Land vertreten sei, dort 13 Fertigungsstätten. 650 Angestellte seien es in der Bahntechnik.
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