Wenn das Tablet nichts serviert
In der Strategie des Medienkonzerns Google kommt dem kompakten Tablet Nexus 7 eine Schlüsselposition zu. Ende August ist es in Deutschland an den Start gegangen.
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Die technischen Daten des vom taiwanesischen Asus-Konzern hergestellten Nexus 7 sind bekannt. Es läuft unter der aktuellsten Version von Googles Mobilbetriebssystem Android 4.1 alias „Jelly Bean“ und ist kleiner und leichter als die bisherigen iPad-Modelle des Tablet-Weltmarktführers Apple.

AP/Paul Sakuma
Zwischen Smartphone- und iPad-Format: Kompakttablet Nexus 7
Sein Touchscreen mit einer Auflösung von 1.280 mal 800 Pixeln misst sieben Zoll (178 mm; iPad: 9,7 Zoll/246 mm) in der Diagonale und es wiegt 340 Gramm (iPad: 650 g). Mit seinem Quad-Core-Prozessor aus dem Hause Nvidia kann es auch HD-Videos ruckelfrei abspielen. Wermutstropfen: Eine UMTS-Version des Nexus 7 gibt es bisher nicht. Diese könnte jedoch schon bald nachgereicht werden.
Schon seit Wochen gibt es Gerüchte, dass Asus bereits an einer 3G-Version arbeitet, die bei einem Google-Presseevent am 29. Oktober vorgestellt werden soll. Eine offizielle Bestätigung von Google gibt es bisher nicht.
Nexus 7 ab 199 Euro
Das attraktivste Feature des kleinen Google-Tablets dürfte neben den kompakten Abmessungen sein Preis sein. Die Einsteigerversion mit acht GB Massenspeicher kostet 199 Euro, die Variante mit 16 GB 249 Euro. Eine Version mit 32 GB internem Speicher soll bereits in den Startlöchern stehen und ebenfalls am 29. Oktober gezeigt werden.
Gleichzeitig wird laut dem britischen Internetmagazin „The Verge“ mit einer weiteren Preissenkung gerechnet. Demnach könnte die 32-GB-Variante für 249 Euro in den Handel kommen. Ob die beiden bisherigen Nexus-7-Modelle mit 16 bzw. acht GB weiterhin erhältlich sein werden - und falls ja, zu welchem Preis -, ist nicht bekannt. Ebenfalls spekuliert wird über eine noch günstigere Variante des Android-Tablets zum Preis von 99 US-Dollar (75,50 Euro) bis Jahresende. Das berichtet das Branchenblatt Digitimes.
„Transformers 3“ vs. „Emilia Galotti“
In Österreich wird das Nexus 7 derzeit nicht angeboten. Die deutschsprachige Version des Geräts, auf der auch E-Book-Versionen gemeinfreier deutscher Klassiker wie Gotthold Ephraim Lessings „Emilia Galotti“ und der Blockbuster „Transformers 3“ in deutscher Synchronisation vorinstalliert sind, ist nur in Deutschland erhältlich.
Die Bestellung des Geräts in Googles Onlineshop Play funktioniert nur mit einer deutschen Kreditkarte. Das Tablet wird auch bei ausgewählten Handelspartnern in Deutschland angeboten.
Kompliziertes Europa
Dass Google das Nexus 7 nicht in Österreich verkauft, obwohl das keine logistische Herausforderung darstellen würde, hat auch damit zu tun, dass es immer noch keinen europäischen Markt für digitale Medienprodukte gibt. In Deutschland hat Google bereits die Lizenzen für den Verkauf von E-Books und digitalen Filmen erworben, diese gelten jedoch in der Regel nicht für Österreich. Man kann zwar mit den Kompakttablets auch arbeiten, sie sind aber eigentlich Endgeräte der Vertriebssysteme für digitale Medien.
Die EU-Kommission hatte bereits im Mai 2010 angekündigt, im Rahmen ihrer „Digitalen Agenda“ einen gemeinsamen Markt für Onlinemedienprodukte schaffen zu wollen. Die Probleme bei nationalen Lizenzen und Verwertungsgesellschaften sind aber derart komplex, dass das Team der verantwortlichen Kommissarin Neelie Kroes bis vergangenen Juli brauchte, um einen ersten Vorschlag zur Reform der Nutzungsrechte für Musik auf dem EU-Binnenmarkt vorzustellen.
Verwerter und Lizenzen
Der Vorschlag richtet sich auch gegen die Phalanx der außerordentlich mächtigen nationalen Verwertungsgesellschaften wie GEMA und Austro Mechana, die damit unter anderem zu mehr Transparenz und zu grenzüberschreitendem Handeln gezwungen werden sollen.
Diese Gesellschaften erfüllen den wichtigen Zweck, Tantiemen aus öffentlichen Aufführungen von Werken oder Entschädigungen für legale Privatkopien an die Urheber auszuschütten. Ihre Strukturen sind jedoch in jüngerer Zeit stark in die Kritik geraten, beispielsweise weil sie unilateral Leerdatenträgerabgaben auf alle Festplatten eingeführt haben, ihren Mitgliedern die Verwendung freier Creative-Commons-Lizenzen nicht erlauben und bestimmte Urhebergruppen bei der Ausschüttung der Gelder bevorzugen. Angesichts dieser Konflikte und schwindender Einnahmen aus dem klassischen Geschäft mit CDs und DVDs tendieren viele Verwertungsgesellschaften dazu, den Status quo verteidigen zu wollen.
Spielplatz für US-Konzerne
Bis es den gemeinsamen Markt für digitale Kulturgüter gibt, wird es also noch einige Zeit dauern. Die Zersplitterung des EU-Markts hat aber nur den US-Konzernen geholfen. Apple, Amazon, Google und Microsoft können, gestützt auf die Weltsprache Englisch und einen starken Binnenmarkt ihre Vertriebssysteme schnell entwickeln und zur Reife bringen, mit attraktiven Inhalten bestücken, sie schließlich mit Patenten und Geschmacksmustern wirksam absichern.
Wenn der europäische Binnenmarkt für digitale Güter dann eines Tages kommen sollte, ist er in Bezug auf die Infrastruktur ein Spielplatz für die US-amerikanische IT-Industrie, die mit großer Wahrscheinlichkeit keine EU-eigenen Konkurrenten zu fürchten hätte.
Reproduktionen für Replikanten
Den Namen der Nexus-Produktreihe hat Google wohl aus einer Kurzgeschichte von Philip K. Dick entlehnt, die Ridley Scott als Vorlage für seinen Science-Fiction-Film „Blade Runner“ verwendete. In diesem Streifen ist „Nexus“ der Markenname der Replikanten, biotechnisch hergestellter Arbeitssklaven, die zwar kurzlebig sind, aber dem Menschen physisch und intellektuell weit überlegen sein können. Sie aussperren zu wollen hat schon im Film nicht funktioniert.
Günter Hack, ORF.at
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