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„Heir it is“

Es war eine ungewohnte Situation: Auf US-amerikanischen Websites tauchten Nacktfotos von Prinz Harry auf - doch die britischen Medienhäuser, Boulevardmedien wie „Sun“ und „Daily Mail“ eingeschlossen, zeigten kein einziges davon.

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Wohl nicht zuletzt, weil das Königshaus überraschend schnell reagierte und eine deutliche Warnung abgab, die Fotos nicht abzudrucken, und gleich vorsorglich den Medienrat anrief. Doch die „Sun“ druckte nach einem Tag des Überlegens doch noch die eindeutigen Bilder von Prinz Harry beim „Strip Billard“ in Las Vegas. Der Fall birgt abseits des üblichen „Tit for tat“ zwischen Boulevard und Königshaus großen politischen Sprengstoff.

Die zu Murdochs News-Corp.-Konzern gehörende „Sun“ veröffentlichte am Freitag mit Verspätung die Fotos unter dem Titel „Heir it is - Pics of naked Prince Harry you’ve already seen on the Internet“ (etwa: „Es ist der Thronfolger - die Bilder des nackten Prinz Harry, die Sie bereits im Internet gesehen haben“). In einem begleitenden Kommentar wurde die Publikation als Zeichen des Kampfes für die Pressefreiheit dargestellt.

„Wir mögen ihn“

Die Leser hätten ein Recht, die Bilder zu sehen, begründete das Blatt die Entscheidung in einer Erklärung. Die „Sun“ sagte zu ihrem Abdruck, es sei „lächerlich“, dass die Bilder „von Hunderten Millionen Menschen im Internet“ angeschaut werden könnten, nicht aber in „der beliebtesten Zeitung der Nation, die jeden Tag acht Millionen Menschen lesen“.

Die „Sun“ betont in ihrem Artikel, dass sie mit der Veröffentlichung kein moralisches Urteil über den Prinzen abgeben wolle. „Für einen Royal bewegt er sich oft an der Grenze - aber er ist 27, Single und ein Soldat“, hieß es darin weiter. „Wir mögen ihn.“ Die Gründe für die Veröffentlichung gingen über die Geschichte selbst hinaus. Es gehe um die Pressefreiheit.

Das Argument des Königshauses, es bestehe kein „öffentliches Interesse“ an der Publikation der Fotos, wies die Zeitung zurück. Das sei eines der „beliebtesten Mantras“ all jener, die den „kräftigsten Zeitungen“ einen Maulkorb verpassen wollten. Die Fotos könnten Folgen für das Image des Prinzen haben, der Großbritannien international repräsentiere - und sie seien deshalb von öffentlichem Interesse, argumentiert das Blatt.

Boulevard bangt

Die Nacktfotos sind jedenfalls eine der ersten großen royalen Skandalstorys seit dem Bekanntwerden des Abhörskandals rund um das in der Folge eingestellte Boulevardblatt „News of the World“ - das ebenso wie die „Sun“ dem Medientycoon Rupert Murdoch gehört. Das Eingeständnis, dass britische Blätter jahrelang immer wieder Prominente abhörten und überwachten, um so „Storys“ zu bekommen, hatte Entsetzen und eine parlamentarische Untersuchung ausgelöst. Dessen Schlussfolgerungen und Empfehlungen an die Regierung - etwa stärkerer Schutz der Privatsphäre - werden für Oktober mit Spannung und vom Boulevard mit Bangen erwartet.

Entsprechend wurde die Zurückhaltung des Boulevards vor allem mit der Angst, mit einer Veröffentlichung der Fotos zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen, erklärt. Die Boulevardmedien klagten bereits in der Vergangenheit, dass die bis Freitag geübte Zurückhaltung für die Branche existenzgefährdend sein könnte.

Dutzende Beschwerden

Der Presserat erhielt laut „Guardian“ bereits mehr als 150 Beschwerden über die „Sun“. Darunter sei aber keine Beschwerde des Königshauses, trotz dessen scharfer Warnung am Mittwoch. Wie der „Guardian“ berichtete, könnten noch weitere pikante Fotos und Videos von Prinz Harry auftauchen.

Die pikanten Bilder zeigen den jüngeren Sohn des britischen Thronfolgers Prinz Charles beim Feiern in einem Hotelzimmer in Las Vegas. Dabei trägt der 27-Jährige nichts außer einer Halskette und einer Uhr am Leib - und bedeckt seine Genitalien mit einer Hand. Das Königshaus hatte die Echtheit der Bilder bestätigt, sich aber an den britischen Presserat gewandt, um die Veröffentlichung zu verhindern.

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