Neue Zeiten für erkrankte Arbeitnehmer
Der Ministerrat hat sich Ende Juli mit der Neuregelung der Invaliditätspension befasst. Ziel ist, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) vor der Regierungssitzung sagte, die derzeitige befristete Invaliditätspension im Laufe der nächsten 15 Jahre abzuschaffen. Der Sozialminister rechnet mit Nettoeinsparungen durch das neue Modell von 700 Millionen Euro bis 2018.
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Wer zu krank ist, um seinen Beruf weiter auszuüben, erhält in Zukunft statt einer befristeten Invaliditätspension vermehrt Unterstützung bei der Rehabilitation und Umschulungsmaßnahmen. Den Lebensunterhalt soll dann ein „Rehabilitationsgeld“ beziehungsweise ein „Umschulungsgeld“ sichern. Gelten wird die Neuregelung ab 1. Jänner 2014 für alle dann 50-Jährigen oder Jüngeren. Erster betroffener Jahrgang werden also die 1964-Geborenen sein, wie Hundstorfer sagte.

APA/Hans Klaus Techt
Alle vor 1964 Geborenen bleiben von der Reform verschont, damit sich die Regierung nicht „überhebt“
Strenge Stichtagsregelung
Wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer des Jahrgangs 1964 - und vor allem natürlich alle später Geborenen - im Jahr 2029 oder später das reguläre Pensionsalter von 65 Jahren erreichen, sollte die befristete Invaliditätspension folglich Geschichte sein. De facto ist diese Pensionsform seit Jahren maßgeblich dafür verantwortlich, dass das faktische Pensionsantrittsalter in Österreich weiterhin bei EU-weit rekordverdächtig geringen 58 Jahren liegt.
Warum nicht sofort sämtliche auch ältere Jahrgänge erfasst werden, begründete Hundstorfer damit, dass man sich bei der Umstellung auf das neue System nicht „überheben“ wolle. Ursprünglich hatte es geheißen, die Neuregelung werde generell nur für unter 50-Jährige gelten. Der seitens der ÖVP zuständige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) betonte allerdings vor der Regierungssitzung, dass von Anfang an eine Stichtagsregelung geplant gewesen sei.
Einsparungen von einer Milliarde erhofft
Hundstorfer rechnet durch das neue Modell mit Einsparungen von einer Milliarde Euro bei der Pensionsversicherung, die sich künftig die Kosten für die befristete Invaliditätspension ersparen wird. Gleichzeitig verursacht die Reform wegen der vorgesehenen Umschulungen und Rehabilitätsmaßnahmen allerdings mehr Kosten, etwa beim Arbeitsmarktservice (AMS). Der Sozialminister geht daher davon aus, dass abzüglich dieser Mehrausgaben Nettoeinsparungen von 700 Millionen Euro möglich sein werden.
Als Beispiel für eine mögliche Umschulung nannte Hundstorfer einen Tischler, der wegen seiner Bandscheibenprobleme den erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann. Dieser könne dann etwa als Fachberater in einem Baumarkt tätig werden. Statt des bisherigen Grundsatzes des Berufsschutzes gilt künftig ein „Qualifikationsschutz“, also der Schutz vor sozialer „Herabstufung“. Das bedeutet konkret, dass Facharbeiter im Rahmen der Umschulung darauf Anspruch haben, eine Lehre zu absolvieren - aber das umgekehrt auch nicht ablehnen können.

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Die künftige Regelung im Überblick
Künftig Rehabilitationsgeld ...
Eine Invaliditätspension soll es künftig nur noch bei dauernder Invalidität oder Berufsunfähigkeit geben oder wenn eine Umschulung nicht zweckmäßig und zumutbar ist. Jetzt wird die Invaliditätspension schon gewährt, wenn jemand voraussichtlich länger als ein halbes Jahr arbeitsunfähig ist. Bei kürzerer Berufsunfähigkeit greift das Krankengeld. Künftig soll - bei Aussicht auf Genesung - nach dem Krankengeld ein Rehabilitationsgeld ausbezahlt werden. Der Betroffene soll wieder in den Arbeitsprozess integriert werden.
Beim Rehabilitationsgeld handelt es sich um eine Art verlängerten Krankengeldanspruch, wobei die Höhe wie beim erhöhten Krankengeld 60 Prozent des Letztbezuges ausmacht. Das Rehab-Geld wird zwar grundsätzlich nur für ein Jahr gewährt, der Bezug kann jedoch verlängert werden. Verweigert der Bezieher zumutbare medizinische Rehab-Maßnahmen, so ist das Rehab-Geld „für die Zeit der Verweigerung der Mitwirkung zu entziehen“. Die Kosten des Rehab-Geldes werden den Krankenkassen von der Pensionsversicherungsanstalt ersetzt.
... oder Umschulungsgeld
Wer seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann, wird umgeschult und bekommt ein Umschulungsgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes plus 25 Prozent. Damit soll etwa die Höhe der derzeitigen Invaliditätspension erreicht werden (957 Euro 14 Mal pro Jahr). Dafür muss der Betroffene einen neuen Berufsweg einschlagen, der auf seine Gesundheit Rücksicht nimmt und bei dem es Aussicht auf Beschäftigung gibt. Die Regierungspläne sollen nach der Begutachtungsfrist im Herbst vom Parlament beschlossen werden. Inkrafttreten soll das Gesetz mit 1. Jänner 2014, bis dahin haben die Behörden Zeit zur Umstellung des Systems.
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