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Weltweite Empörung und Kritik

Nach ihrem Protest gegen Kreml-Chef Wladimir Putin in einer Kirche müssen drei Frauen der Punkband Pussy Riot ins Straflager. In dem international umstrittenen Strafprozess begründete Richterin Marina Syrowa die Verurteilung zu je zwei Jahren Haft am Freitag in Moskau mit Rowdytum aus religiösem Hass.

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Die Künstlerinnen hätten die Gefühle der Gläubigen absichtlich beleidigen wollen, sagte Syrowa in ihrer fast dreistündigen Urteilsverkündung. Einen politischen Hintergrund, wie ihn die Frauen betont hatten, wies sie zurück. Die 22-jährige Nadeschda Tolokonnikowa, die 24-jährige Maria Alechina und die 30-jährige Jekaterina Samuzewitsch hatten bei einer kurzen Performance in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale am 21. Februar den Patriarchen Kirill als „Hund“ bezeichnet und die Gottesmutter Maria angefleht, Putin zu vertreiben, der kurz darauf zum dritten Mal zum Präsidenten gewählt wurde.

Sicherheitskräfte bewachen drei Mitglieder der russischen Punk-Band Pussy Riot

AP/Sergey Ponomarev

Die Künstlerinnen nehmen in einem Glaskäfig das Urteil entgegen

Sie sitzen seit fast einem halben Jahr in Untersuchungshaft, nun kommen sie in eines der 46 Straflager für Frauen, in denen derzeit etwa 59.000 weibliche Häftlinge einsitzen. Frauen aus Moskau werden nicht zwangsläufig in Lagern nahe der Hauptstadt inhaftiert, sondern können sich Hunderte Kilometer entfernt wiederfinden. Die Pussy-Riot-Sängerinnen könnten somit weit weg von ihren Familien und Kindern festgehalten werden.

„Normale“ Unterbringungsform

Der Vollzug ist unterschiedlich streng. Die drei Pussy-Riot-Sängerinnen sind zu „normaler“ Unterbringungsform verurteilt. Damit dürfen sie sich frei bewegen und das Lager mit Genehmigung auch kurzzeitig verlassen. Die Frauen-Lager bestehen aus Verwaltungsgebäuden, Schlafräumen für die Gefangenen und einem Arbeitsbereich. Die Komplexe sind mit Zäunen, Stacheldraht und Wachtürmen von der Außenwelt abgeriegelt.

Die Lebensumstände der Frauen in den Lagern werden auf der Website des russischen Strafvollzugs sowie von der Mitarbeiterin der Moskauer Nichtregierungsorganisation Gefängnis und Freiheit, Jelena Gordejewa, geschildert. Untergebracht sind die Frauen in den meisten Fällen in Baracken mit 100 bis 120 Mitgefangenen. Sie sind in grüne Uniformen gekleidet, auf denen vorne ihr Name prangt. Persönliche Kleidung ist verboten.

Der Tag beginnt mit Appell um 6.00 Uhr

Der Tag beginnt mit dem Aufstehen um 6.00 Uhr, anschließend müssen sie sich draußen zum Durchzählen versammeln. Nur wenn die Temperaturen unter minus 30 Grad fallen, findet die Zählung drinnen statt. Weniger als die Hälfte der Frauen geht im Lager einer Arbeit nach. Wer arbeitet, kann zwischen 25 und 50 Euro im Monat verdienen. Die Arbeit besteht in der Regel darin, Uniformen für die Gefängnisverwaltung, die Armee oder das Innenministerium zu nähen.

Im Normalfall dürfen die Frauen pro Jahr sechs kurze Besuche (bis zu vier Stunden) erhalten sowie vier lange Besuche (bis zu drei Tage). Zudem darf jede Frau jährlich sechs Pakete empfangen. Nach einem halben Jahr können die Insassen wegen guter Führung in den „erleichterten“ Vollzug verlegt werden und damit öfter Besuch oder Pakete empfangen. Monatlich dürfen die Frauen umgerechnet etwa 300 Euro aus ihrem persönlichen Vermögen ausgeben.

Neues Lied nach Urteil

Kurz nach dem harten Urteil griffen Mitglieder von Pussy Riot in einem neuen Lied Putin erneut an. „Das Land geht auf die Straße mit Mut, das Land sagt dem Regime ‚Auf Wiedersehen‘“, heißt es in dem Song „Putin entzündet das Feuer der Revolution“. Den Text der „Single zum Urteil“ sowie ein Video veröffentlichte die Gruppe im Internet. „Wir werden weiterkämpfen“, heißt es in einem Kommentar.

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