Einmal Weltraum und zurück
Science-Fiction ist in gewissem Grade ein Subgenre, das sich innerhalb großer Genres wie Horrorfilm, Fantasy und Drama einnistet und diese als Deckmantel verwendet. Außerirdische invasieren die Erde („The Day the Earth Stood Still“) oder direkt die Körper ihrer Opfer („Body Snatchers“), bisweilen bricht der Mensch selbst zur Reise in das Weltall auf, mitunter sogar in die Vergangenheit.
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Flächendeckend etablierte sich der Begriff Science-Fiction erst nach 1945 - in einer Zeit, die von den Erfahrungen des Weltkrieges, des Kalten Krieges und der Angst vor atomarer Zerstörung geprägt war.
Exemplarisch für die Paranoia ob der neuen Gefahren steht „The Incredible Shrinking Man“ aus 1957: Scott Carey gerät bei einem Ausflug in einen radioaktiven Nebel, ab dann schrumpft er täglich und muss bald in einem Puppenhaus leben; Ehe und Psyche leiden. Auf der Flucht vor einer ihn attackierenden Katze gerät er in den Keller seines Hauses. Im Kampf mit Spinnen und beständig weiter schrumpfend, findet Scott schließlich auf der Ebene des Mikrokosmos in einer Vereinigung mit der Natur seinen Frieden. Beinahe zeitgleich mit „Attack of the 50 ft. Woman“ erschienen, bietet „The Incredible Shrinking Man“ letztlich in der Hinwendung zum Kosmos einen Ausweg.
Kubricks stilbildende „Space Odyssey“
Analog zum Rennen der USA und der Sowjetunion zum Mond geriet auch im Kino der 1960er Jahre das Reisen des Menschen in das All in den Fokus. Während „Fantastic Voyage“ (1966) das Innere des Körpers mittels mikroskopisch verkleinertem U-Boot erkundete, schwang sich Stanley Kubrick mit „2001 - A Space Odyssey“ (1968) zu einer stilbildenden Reise vom Urmenschen zur posthumanoiden Zivilisation auf. Die vermeintliche Reise in den Weltraum wird dabei zur Auslotung des psychischen Raumes, der Position des Menschen angesichts der Unendlichkeit.
Noch defätistischer, analog zur zerstobenen Vision der Gesellschaftsänderung, zeigt sich der Weltraum in den 1970er Jahren. Ridley Scotts Klassiker „Alien“ (1979) kennzeichnen düstere Bilder, keine strahlende Zukunftsvision. Die Weite des Alls verspricht nur noch Leere und Schrecken, keine Erkenntnis. Zugleich katapultierte Scott mit seiner Fabel der außerirdischen Lebensform, welche die sozial degenerierte Besatzung eines Transporterraumschiffs sukzessive massakriert, den stark auf körperlichen Effekten fußenden Horrorfilm in die Kategorie A der Filmgenres. Eine sexuelle Symbolik erhält die Parabel durch die phallischen Aliens des Schweizer Künstlers HR Giger.

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„Blade Runner“ war bei Kritik und Publikum zunächst kein großer Erfolg, wurde mit der Zeit aber zum Kultfilm
Einzug der kühlen Comicästhetik
In den 1980ern hielten schließlich auch im Science-Fiction-Kino Punk und kühle Comicästhetik Einzug. Neben dem Erstling der erfolgreichen „Terminator“-Trilogie (1984) mit Arnold Schwarzenegger sticht in dieser Phase vor allem „Blade Runner“ (1982) aus der Masse hervor, erneut unter der Regie von Ridley Scott.
Damals kein Erfolg, gilt das Los Angeles des Jahres 2019, in dem Spezialagent Deckard Jagd auf Replikanten macht, mittlerweile als stimmige Parabel auf die kapitalistischen Ronald-Reagan-Jahre in den USA. Im Großstadtmoloch fliegen die Bewohner zwar mit Autos durch die Schluchten der Metropole, Glühbirnen für die Innenräume sind jedoch Mangelware. Gemütlichkeit und weiß erleuchtete Wissenschaftsszenerien weichen in diesem Neo-Film-Noir einer düster-tropfenden Ästhetik.
Komplexe Ironie in den 1990er Jahren
Eine Duftmarke in den sorgloseren 1990er Jahren setzte Terry Gilliam mit seinem komplex-ironischen Meisterwerk „Twelve Monkeys“ (1995). Als Remake des französischen Kurzfilms „La Jetee“ aus dem Jahr 1962 schickt der Regisseur seine Hauptfigur James Cole gleich mehrmals in die Vergangenheit, um den Ausbruch des Dritten Weltkrieges zu verhindern - ein Panoptikum verschiedenster, sich überlappender Zeitebenen, entvölkerter Gebäude und mit einem körperlich an die Grenze gehenden Bruce Willis.
Die Verlorenheit angesichts des Wegbrechens der letzten sicheren Gewissheit, des chronologischen Zeitverlaufs, wird stets mit Gilliam’scher Ironie abgefedert. Prägende Arbeiten der 1990er Jahre wie „Independence Day“, „Men in Black“ und „Matrix“ werden in der Filmmuseumsreihe hingegen ausgespart.
Noch eigenwilliger scheint die Auswahl zur Periode 2000 bis 2010. Die technologisch ausgefeilten, dank 3-D-Effekt verstärkt auf optischen Schauwert setzenden Werke wie „Avatar“ oder zuvor die Fortsetzung der „Matrix“-Reihe und die „X-Men“-Saga machen da Werken von speziellem Interesse Platz, wie Olivier Assays „Demonlover“, Jang Sun-woos „Resurrection of the little match girl“ oder „Kamisama no pazuru“ von Takashi Miike.
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