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Auch drei Minister geflohen?

Neuer Schlag für das Regime in Syrien: Premierminister Riad Hidschab ist aus dem Land geflüchtet. Das bestätigte ein Sprecher Hidschabs in dessen Namen. Das Staatsfernsehen erklärte hingegen, Hidschab sei entlassen worden.

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Hidschab sagte sich via arabischen TV-Sender al-Jazeera von der Führung von Präsident Baschar al-Assad los und kündigte an, dass er sich der Opposition anschließen wolle. „Ich erkläre heute, dass ich mich losgesagt habe von dem mörderischen und terroristischen Regime“, hieß es in einer Erklärung Hidschabs, die ein Sprecher in seinem Namen am Montag auf al-Jazeera verlas. „Ich erkläre, dass ich von heute an ein Soldat in dieser gesegneten Revolution bin“, heißt es in Hidschabs Stellungnahme.

Sein Sprecher sagte, Hidschab halte sich an einem sicheren Ort auf. In jordanischen Kreisen hieß es, der frühere Regierungschef habe sich mit seiner Familie ins Nachbarland Jordanien abgesetzt. Hidschabs Flucht hatte als Erster der Chef der oppositionellen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, vermeldet.

Riyad Hijab und Assad

Reuters/Syrian News Agency

Hidschab bei der Angelobung zum Premier im Juni

Hoher Baath-Funktionär

Der Erklärung Hidschabs zufolge plante der Politiker seine Flucht seit mehr als zwei Monaten. Bewerkstelligt wurde sie mit Hilfe der aufständischen Freien Syrischen Armee. Davor hatte der 46-Jährige sein ganzes Leben treu dem Assad-Regime gedient. Er bekleidete hohe Funktionen in der herrschenden Baath-Partei. Als im Frühjahr 2011 die Proteste gegen Assad begannen, war er Gouverneur der Mittelmeer-Provinz Latakia, aus der die Assad-Familie stammt.

Übergangspremier ernannt

Damit ist einer der ranghöchsten Politiker des Landes zur Opposition übergelaufen. Neben Hidschab sollen drei weitere Minister das Land verlassen haben. Um wen es sich dabei handelt, war vorerst nicht bekannt. Ahmed Kassim, Sprecher der Freien Syrischen Armee, sagte, dass insgesamt vier Minister übergelaufen seien, Namen nannte auch er nicht.

Als Übergangspremier wurde laut syrischem Staatsfernsehen Omar Ghalawandschi ernannt, der zuvor das Amt des Vizepremiers innegehabt hatte. Hidschab, der erst am 6. Juni als Regierungschef angelobt worden war, war zuvor Landwirtschaftsminister gewesen. Syrien hat ein autoritäres Präsidialsystem. Die Regierung hat eher technischen als politischen Charakter.

Explosion in Zentrale von Staats-TV

Unterdessen gehen die Kämpfe zwischen der syrischen Armee und den Rebellen ungebremst weiter. Im Gebäude des syrischen Staatsfernsehens explodierte in Damaskus am Montag eine Bombe. Das berichteten staatliche syrische Medien. Die Wirkung sei allerdings gering gewesen. Einige Angestellte hätten leichte Verletzungen erlitten, so Informationsminister Omran al-Subi.

Augenzeugen zufolge explodierte die Bombe im dritten Stock des Gebäudes und richtete erheblichen Sachschaden an. Sie sei von „feigen Terroristen“ gelegt worden, die „Syrien destabilisieren wollen“, sagte Subi.

Österreich rüstet sich für Flüchtlinge

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner betonte am Montag die Verantwortung Österreichs im Falle großer Flüchtlingsströme aus Syrien. Die Asylanträge von Syrern halten sich bisher aber in Grenzen. Derzeit wird niemand nach Syrien zurückgeschickt. Laut Ministerium gibt es genügend Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen.

Schwere Kämpfe um Aleppo

Der Kampf um die Millionenmetropole Aleppo wurde am Wochenende nach Angaben von Oppositionellen heftiger. Die Regierungstruppen attackierten mehrere Stadtviertel, berichtete die Beobachtungsstelle in London in der Nacht auf Montag im Internet.

Im britischen Sender BBC hieß es am Sonntagabend, die syrischen Regierungstruppen seien in Vorbereitung auf einen noch größeren Angriff auf Aleppo ständig verstärkt worden. Eine große Zahl von Soldaten sowie Panzern und anderen Militärfahrzeugen sei zusammengezogen worden, berichtete BBC-Korrespondent Richard Galpin von der türkischen Grenze. Kampfflugzeuge, Helikopter und Artillerie hätten Positionen der Rebellen attackiert.

Armee kontrolliert Damaskus wieder

Die Hauptstadt Damaskus dagegen ist inzwischen wieder weitgehend unter Kontrolle des Militärs. In tagelangen heftigen Kämpfen eroberten die Regierungstruppen dort mit dem Stadtviertel al-Tadamun die letzte Rebellenhochburg zurück. Nach Angaben eines lokalen Aktivisten sollen die Sicherheitskräfte bei Hausdurchsuchungen mehrere Menschen an Ort und Stelle erschossen haben. Von unabhängiger Seite lassen sich diese Informationen nicht überprüfen.

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