Neues Konzept soll Auftrieb geben
Die angeschlagene Drogeriemarktkette Schlecker Österreich ist überraschend an die Restrukturierungsgesellschaft TAP 09 verkauft worden. Der Fonds und der deutsche Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz unterschrieben Montagabend in Linz den Kaufvertrag, teilte die Insolvenzverwaltung am Dienstagvormittag in einer Aussendung mit.
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TAP 09 übernimmt alle 1.350 Schlecker-Standorte in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg. Die Drogeriemarktkette soll unter dem Namen „daily“ zu einer Nahversorgungskette umgebaut werden. Rund 4.600 der 5.000 Mitarbeiter will der Fonds „eine Weiterbeschäftigung anbieten“. In Österreich beschäftigt Schlecker rund 3.000 Mitarbeiter, vorwiegend Frauen, in 900 Filialen. Zu den Investoren, die hinter dem Fonds rund um Rudolf Haberleitner stehen, war vorerst nichts bekannt. Über den Kaufpreis und die Vertragsdetails vereinbarten beide Parteien Stillschweigen, hieß es in der Mitteilung.
Geiwitz: Bestmögliche Lösung
„Ich freue mich sehr, dass es für die 4.600 Mitarbeiter und die Filialen eine gute Zukunft geben wird“, so Geiwitz. „Die Gespräche mit TAP 09 waren sehr kooperativ und von dem Bestreben einer bestmöglichen Lösung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geprägt.“ „Wir freuen uns über den Zuschlag. Wir haben mit diesen Standorten jetzt eine Basis, auf der wir unser neues Konzept sehr schnell umsetzen können“, so Rudolf Haberleitner, Vorstand von TAP 09.
Schlecker Deutschland schlitterte bereits im Jänner in die Insolvenz und wurde im Juni abgewickelt. Rund 25.000 Beschäftigte verloren ihren Job. Der Fonds TAP 09 investiert laut Homepage in „Unternehmen mit Substanz und Restrukturierungsbedarf im Finanz- und Ertragsbereich“.
„Positives Zukunftskonzept“
TAP 09 hat offenbar die Insolvenzgefahr gebannt. „Eine Insolvenz wird es nicht geben. Sonst hätten wir es nicht gekauft“, sagte der Wiener Anwalt Franz Guggenberger, der für die Käufer spricht, zur APA. Die Anzahl und die Herkunft der Investoren hinter der Restrukturierungsgesellschaft wollte auch der Anwalt, der selber an der Übernahme beteiligt ist, vorerst nicht bekanntgeben.
Seit der Insolvenz des deutschen Mutterkonzerns wurde um die Zukunft der Österreich-Tochter gerungen. Guggenberger sieht diese nun gesichert: „Wir haben ein sehr positives Zukunftskonzept.“ Handelsexperten sind hingegen skeptisch, dass alle Filialen erhalten bleiben.
Gewerkschaft: Arbeitsverhältnisse gehen über
Die Gewerkschaft zeigt sich ebenfalls erfreut über den Verkauf von Schlecker Österreich an den heimischen Finanzinvestor TAP 09, pocht aber auf die Einhaltung der bestehenden Arbeitsverträge. Die Gewerkschaft erhalte „zahlreiche Anfragen“, was die Übernahme für die bestehenden Dienstverhältnisse bedeutet, so GPA-djp-Chef Wolfgang Katzian.
Alle arbeitsrechtlichen Ansprüche und Abfertigungsansprüche würden bestehen bleiben. „Für die rund 3.000 Beschäftigten bedeutet diese Übernahme, dass ihre Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Eigentümer übergehen“, so der Gewerkschafter am Dienstag in einer Aussendung.
Kontakt mit neuem Eigentümer gesucht
Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen des Unternehmensumbaus auf die Mitarbeiter sind für Katzian derzeit noch nicht abschätzbar. Die Gewerkschaft suche gerade den Kontakt mit dem neuen Eigentümer, um etwaige Fragen zu klären, so der zuständige GPA-Wirtschaftsbereichssekretär Manfred Wolf. Die Gewerkschaft sieht die Übernahme als Chance für eine „Neuausrichtung“ der Arbeitsbedingungen bei der Kette. Die Mitarbeiter hätten Wertschätzung und faire Arbeitsbedingungen verdient, betonten Katzian und Wolf.
In der Steiermark gibt man sich erfreut und sieht die Filialen gesichert. Laut der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) ist die Steiermark das Bundesland mit dem höchsten Filial- und Mitarbeiteranteil - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Bitte um Mietreduktion
Die Vermieter der Schlecker-Filialen bittet der neue Eigentümer um Zugeständnisse: In einem Schreiben datiert mit 27. Juli, das der APA vorliegt, bittet der Fonds entweder die Mietzahlungen für sechs Monate auszusetzen oder eine Senkung der Miete um 20 Prozent zu akzeptieren. Bis Dienstag sollten die Eigentümer ihre Entscheidung Schlecker mitteilen, so das Schreiben weiter.
Das neue Nahversorgungskonzept von Schlecker soll die Konsumenten motivieren, ihre Güter des täglichen Bedarfs direkt am Wohnort zu kaufen, so das neue Modell. „Wir befinden uns in einer Phase der Neuorientierung und wir arbeiten mit Hochdruck daran, ein positives Umfeld für einen Neustart zu schaffen“, appellierte der Fonds an die Vermieter. Mit der Kostenoptimierung werde ein wesentlicher Beitrag zur Absicherung des Standortes geleistet.
Schlecker-Kinder kauften Immobilien
Die Immobiliendeals der Schlecker-Kinder in Österreich seien nur ein „Randthema“, sagte Geiwitz’ Sprecher Phillip Kübber zur APA. Die deutsche Staatsanwaltschaft werde die Verkäufe überprüfen, weil sie Bestandteil der laufenden Ermittlungen seien.
Lars und Meike Schlecker kauften nach der Insolvenz von Schlecker Deutschland am 29. Februar laut Medienberichten zwei Grundstücke, und zwar die Schlecker-Logistikcenter in Pöchlarn und im steirischen Gröbming. Schon am 17. Jänner sollen sie außerdem die Österreich-Zentrale in Pucking in Oberösterreich übernommen haben.
Auch für die weiteren Schlecker-Töchter zeichnen sich laut Kübber Übernahmen ab: „Gute News“ zum Verkauf von Schlecker Tschechien werde es in den nächsten Tagen geben, kündigte der Sprecher an. Auch die Investorengespräche zur Spanien-Tochter seien „relativ vielversprechend“. Damit wären alle Schlecker-Auslandstöchter an Investoren verkauft.
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