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Hausdurchsuchungen an 22 Adressen

In Deutschland hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen der Pleite der Drogeriemarktkette Schlecker ein Ermittlungsverfahren gegen den 68-jährigen Unternehmensgründer Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte eingeleitet. Dabei gehe es konkret um den Verdacht der Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott, bestätigte die Behörde Mitte Juli.

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Außerdem seien 18 Wohnungen und vier Geschäftsräumlichkeiten im gesamten deutschen Bundesgebiet durchsucht worden. „In unserer Vorprüfung hat sich ein Anfangsverdacht bestätigt“, sagte Staatsanwältin Claudia Krauth. Durchsucht wurden drei Firmenräume in Baden-Württemberg und eine Unternehmensadresse in der Region Osnabrück (Niedersachsen), Razzien an Privatadressen fanden in Berlin, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen statt.

Laut Staatsanwaltschaft waren dabei rund 160 Ermittler im Einsatz. Die deutschen Behörden hatten bereits Mitte Juni eine Vorprüfung eingeleitet, bei der es um die Frage, ob die Schlecker-Pleite mit möglichen Straftatbeständen in Verbindung steht, ging.

Vorwurf strategischer Fehler

Schwere strategische Fehler hatte sich die Familie Schlecker - sowohl Anton Schlecker als auch seine Ehefrau Christa sowie die beiden Kinder Lars und Meike Schlecker saßen in der Konzernleitung - zuletzt von einem früheren Unternehmensberater vorwerfen lassen müssen. Anton Schlecker, ursprünglich gelernter Fleischermeister, der 1975 seinen ersten Drogeriemarkt eröffnet hatte, habe nicht über Finanzierungsfragen sprechen wollen, sagte Norbert Wieselhuber, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner, Anfang Juli den „Stuttgarter Nachrichten“.

Außerdem habe Schlecker die geplante Schließung unrentabler Filialen behindert. „Wenn wir ihm aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine Filiale nehmen wollten, war es so, als würden wir ihm ein Kind wegnehmen“, so Wieselhuber. Mit der Restrukturierung wollte die Unternehmensberatung die Drogeriekette bis 2012 wieder in Gewinnzone bringen. Stattdessen brach das Unternehmen zusammen.

„Läden einfach nur neu angestrichen“

„Weil unser Konzept nicht zu Ende gebracht worden ist“, sagte der für Schlecker zuständige Projektleiter bei Wieselhuber & Partner, Timo Renz. Spätestens im Sommer 2011 sei Anton Schlecker von dem Konzept abgewichen. „Er hat die Marketingkampagne wieder eingestellt und statt der Renovierung der Läden ein Revitalisierungsprogramm erfunden. Das heißt, die Läden wurden einfach nur neu angestrichen.“

Laut einem früheren Bericht der Zeitung von Anfang Juli bot die Unternehmerfamilie dem Insolvenzverwalter von Schlecker Deutschland, Arndt Geiwitz, für einen Vergleich zwischen fünf und zehn Millionen Euro. Die Forderungen der Gläubiger beliefen sich allerdings auf insgesamt 750 Millionen Euro.

Insolvenzverwalter will es genau wissen

Im Insolvenzverfahren hatte Geiwitz laut „Stuttgarter Nachrichten“ von Anton Schlecker gefordert, dass der Firmengründer alle Geschenke und Zahlungen über 100.000 Euro aus den vergangenen fünf bis zehn Jahren offenlegt. Gelegenheitsgeschenke von geringem Wert lässt die deutsche Insolvenzordnung zwar zu, allerdings habe Geiwitz Geldgeschenke an Schleckers Enkelkinder, einen Beitrag zur Renovierung der Wohnung seines Sohns Lars, eine Rückzahlung an die Firma seiner Kinder sowie die Übertragung einer Villa an seine Frau Christa angemahnt, berichtete die Zeitung.

Für Geiwitz kommen die Ermittlungen nicht überraschend. Die Ermittlungen bezögen sich größtenteils auf Tatsachen, die den Berichten und Unterlagen der Insolvenzverwaltung zu entnehmen seien, sagte Geiwitz der „Südwest Presse“. Die Staatsanwaltschaft prüfe die Unterlagen über Vermögen und mögliche Übertragungen, „aber nicht, weil unsererseits neue Verdachtsmomente dazugekommen wären, sondern weil die Staatsanwaltschaft die strafrechtliche Seite des Falles wie bei jedem anderen Fall auch überprüfen muss“. Dieser Schritt sei aus seiner Sicht eher Routine und erwartbar gewesen.

„Nichts mehr da“ vom Familienvermögen

Den Wert des 12.000 Quadratmeter großen Familienanwesens in Ehingen (Baden-Württemberg), Schleckers Geburtsort, bezifferte ein Gutachter nach Angaben des Blattes auf zwei und drei Millionen Euro. Diesen Betrag muss die Familie zahlen, wenn sie das Grundstück aus der Insolvenzmasse zurückkaufen möchte. Der „Tagesschau“ der ARD hatte Meike Schlecker Anfang des Jahres gesagt, dass vom früher mit fast zwei Milliarden Euro bezifferten Familienvermögen praktisch nichts mehr übrig sei. „Es ist nichts mehr da.“ Im März berichtete das „Manager Magazin“, dass der Familie trotz der Pleite monatlich rund 70.000 Euro zum Leben blieben.

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