Tim Foley stimmte Agentenlaufbahn zu
Die Enttarnung des russischen Spionagerings im Juni 2010 hat großes Aufsehen erregt. Die Agenten wie Anna Chapman und Tracey Lee Ann Foley, die eigentlich Jelena Wawilowa heißt, sollen bereits seit Ende der 90er Jahre in den USA tätig gewesen sein. Offiziellen Berichten von damals zufolge waren elf Spione weitgehend unbedeutend.
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Neue Ermittlungsergebnisse zeigen aber, dass sie doch erfolgreicher waren und in größerem Rahmen geplant hatten als ursprünglich angenommen. US-Behörden gehen nun davon aus, dass einige der russischen Agenten ihre Kinder ebenfalls zu Spionen heranbilden wollten.
Der Hintergedanke dabei: Wer in den USA geboren oder bereits mehrere Jahre dort erzogen wurde, fällt als Spion bei den Behörden weniger auf, und es sei wahrscheinlicher, dass er die Hintergrundüberprüfung der US-Regierung leichter bestehe. Von offizieller russischer Seite gibt es dazu bisher keinen Kommentar.
Karriere als Spion?
Die Agenten hatten insgesamt sieben Kinder im Alter zwischen damals zwölf Monaten und 20 Jahren. Am weitesten fortgeschritten schien die Einführung in das Spionagewesen bei Tim Foley gewesen zu sein. Der Sohn von Tracey Foley und Donald Howard Heathfield (Andrej Besrukow) war zum Zeitpunkt der Verhaftung seiner Eltern 20 Jahre alt und hatte gerade sein zweites Studienjahr an der George Washington University absolviert. Er wurde zwar nicht in den USA geboren, verbrachte aber mehr als die Hälfte seines Lebens dort und hatte auch keine sprachlichen Verständigungsprobleme wie manche der aufgeflogenen Spione.
Laut Angaben von früheren und aktuellen US-Beamten soll Tim Foley zugestimmt haben, die Agentenlaufbahn einschlagen zu wollen, berichtete das „Wall Street Journal“ („WSJ“). Offenbar enthüllten seine Eltern ihm ihre Identität noch vor ihrer Verhaftung. Laut FBI-Untersuchungen soll Tim Foley von seinen Eltern gefragt worden sein, ob er in ihre Fußstapfen treten wolle.
Am Ende dieses Gesprächs soll er zugestimmt und mit „Mutter Russland“ salutiert haben. Er wollte auch ein besonderes Spionagetraining in Russland absolvieren. Ob das auch umgesetzt wurde, ist unklar. Zahlreiche Ergebnisse der Ermittlungen bleiben noch geheim.
Anwalt: Anschuldigungen sind „Mist“
Für Peter Krupp, Anwalt von Tim Foleys Vater, sind diese Anschuldigungen „Mist“. Es sei für die Eltern viel zu riskant gewesen, ihre Operationen vor ihrem Sohn zu enthüllen. Derzeit halte sich Tim Foley in Russland auf. Unklar sei aber, wo. An einer Rückkehr in die USA sei er bisher gehindert worden, wird Krupp im „WSJ“ zitiert. Der Vater kam Medienberichten zufolge nach seiner Enttarnung beim größten russischen Energieunternehmen Rosneft als Berater für internationale Projekte unter.
Allerdings waren den Ermittlungen zufolge auch nicht alle Kinder für eine Spionagekarriere vorgesehen. Der gleichnamige Sohn des Agenten Juan Lazaro (Michail Anatonoljewitsch Wasenkow) durfte auch nach der Verhaftung seiner Eltern in den USA bleiben. Für ihn war eine Karriere als Konzertpianist vorgesehen. Der Anwalt der Familie verweigerte aber jeglichen Kommentar.
Mit wenigen Ausnahmen wie Chapman verwendeten die aufgeflogenen Agenten falsche Identitäten. Sie waren gut genug, um Jobs und Kredite zu bekommen und um ein amerikanisches Leben zu starten. Ein genauer Hintergrundcheck der US-Regierung hätte sie aber wahrscheinlich auffliegen lassen. Entsprechend hielten sie sich auch vom Zentrum der US-Regierung fern.
„Sehr langfristige Operation“
Die Hinweise zeigen aber deutlich, dass die Agenten an ökonomischen Geheimnissen und auch militärischen und politischen Informationen interessiert waren. Der Spion Wladimir Gurjew mit dem Alias-Namen Richard Murphy etwa infiltrierte eine gut vernetzte Beratungsfirma mit Niederlassungen in Manhattan und Washington. Das Spezialgebiet des Unternehmens: Auswirkung von Regierungsentscheidungen auf globale Märkte. Murphy/Gurjew arbeitete dort als IT-Fachmann.
Laut den US-Behörden war es eine wichtige Aufgabe dieses Spionagerings, als Vermittler zu anderen Agenten zu fungieren, die wahrscheinlich stärker vom US-Abwehrdienst überwacht würden: „Das ist eine sehr langfristige Operation“, sagte ein US-Beamter gegenüber dem „WSJ“.
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