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Kein Problem am Flugzeug selbst

Vor zwei Jahren sind die Probleme zum ersten Mal aufgetreten, im vergangenen Jahr musste die gesamte US-Flotte des modernsten Kampfjets der Welt, des F-22 Raptor, auf dem Boden bleiben. Nun wurde der Fehler gefunden, der für Probleme bei der Sauerstoffversorgung der Piloten während des Flugs verantwortlich sein soll.

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Man sei zuversichtlich, den Fehler gefunden zu haben, sagte Pentagon-Sprecher George Little. Während monatelang sowohl das Militär als auch Hersteller Lockheed Martin den teuersten Kampfjet der Welt untersuchte, stellte sich das Problem offenbar ganz anders dar. Ein Ventil der Druckwesten der Piloten sei verantwortlich, so Little.

Weste blies sich auch bei geringer Höhe auf

Das Ventil habe dafür gesorgt, dass sich die Weste aufgeblasen habe. Das sei eigentlich nur bei Flügen in sehr großer Höhe notwendig. Der zusätzliche Druck führte zu Benommenheit, Kopfschmerzen und im schlimmsten Fall zur Bewusstlosigkeit. Bereits seit Juni hatte die Airforce die Piloten ohne eine solche Weste fliegen lassen, man glaubte aber zunächst nicht, dass damit das Problem schon gelöst sei.

Zudem wurde bei der Sauerstoffzufuhr im Cockpit ein Filter entfernt, der die Luftqualität prüft. Somit können die Piloten mit mehr Sauerstoff versorgt werden. Im Mai eingeführte Flugeinschränkungen bei Flughöhe und Dauer sollen nun wieder aufgehoben werden.

Monatelange Fehlersuche

Unmittelbar nach der Ankündigung wurden allerdings auch kritische Stimmen laut. So heiß es, dass es auch fünf Vorfälle gegeben habe, bei denen auch Bodenpersonal bei Arbeiten an der F-22 von Schwindelgefühlen berichteten. Und das sei mit den Ventilen nicht erklärbar.

Schließlich unkten Kommentatoren, dass es schon sehr merkwürdig sei, dass Hunderte Experten bei Air Force, NASA und in der Industrie monatelang brauchen, um einen simplen Fehler zu finden. Mehr als vier Monate waren sämtliche F-22 im Vorjahr auf dem Boden geblieben. Seit im Herbst die Testflüge wieder starteten, wurden rund ein Dutzend Vorfälle bei den Piloten verzeichnet.

Piloten verweigerten Flüge

Im Mai weigerten sich Kampfpiloten wegen der Sauerstoffprobleme, den teuersten Kampfjet der Welt zu fliegen. Das war ein bemerkenswerter und bisher nie da gewesener Schritt - denn die Piloten riskierten nicht nur eine Abmahnung, sondern ihre gesamte Karriere. Im schlimmsten Fall konnten sie wegen ihrer Weigerung aus der Air Force entlassen werden.

Laut „Los Angeles Times“ wollte die Luftwaffe nicht mitteilen, wie viele der 200 F-22-Piloten, die auf sieben verschiedene Luftwaffenstützpunkte in den USA verteilt sind, sich dem Boykott angeschlossen haben. Doch Air-Force-Vertreter sprachen gegenüber der „LA Times“ von einem „extrem seltenen Vorkommnis“.

F-22-Raptor-Kampfjet vor einer US-Airforce-Transportmaschine

Reuters/Yuriko Nakao

188 F-22-Jets wird die US-Luftflotte im Endausbau umfassen

„Für mich als Kampfpilot und früherer Kommandant des Air Combat Command (das größte von neun Hauptkommandos der Air Force, Anm.) ist es eine schockierende Vorstellung, dass sich ein Pilot weigert, das Flugzeug zu besteigen“, so der pensionierte Viersternegeneral Richard E. Hawley. Er selbst könne sich in seinen 35 Dienstjahren an keinen einzigen Fall erinnern, in dem ein Pilot einen Auftrag verweigert habe.

„Prüfen jeden Fall einzeln“

Ein Sprecher der US-Luftwaffe räumte ein: „Wir wissen von einer kleinen Zahl von Piloten, die ihre Vorbehalte, die F-22 zu fliegen, ausgedrückt haben. Jeder einzelne Fall wird individuell entsprechend der üblichen Vorgangsweise behandelt.“ Das Regelwerk der Air Force sieht laut „LA Times“ vor, dass Flugangst, „ob generell oder in Bezug auf ein bestimmtes Flugzeug, ein berufliches Pflichtversäumnis ist, das deutliche Konsequenzen nach sich zieht“.

412 Mio. Dollar pro Jet

2005 wurden die ersten F-22 an die Air Force ausgeliefert. Ende Mai hat die Luftwaffe die letzte Tranche der insgesamt 188 bestellten Jets erhalten. Die Kosten sind enorm: Jede F-22 kostet 143 Millionen Dollar (118 Mio. Euro). Inklusive Entwicklungskosten schätzten US-Behörden die tatsächlichen Kosten für die US-Steuerzahler aber auf 412 Mio. Dollar pro Stück. Während andere Kampfjets regelmäßig zu Kampfeinsätzen im Irak, in Afghanistan und Libyen herangezogen wurden, wurde die F-22 bisher lediglich für Testeinsätze verwendet. Trotzdem kam es zu zahlreichen schweren Unfällen, zwei Piloten starben.

Bei einem der tödlich verunglückten Piloten hatte kurz vor dem Crash eine Warnleuchte angezeigt, dass sich ein Teil des Flugzeugs überhitzt. Unmittelbar danach entdeckte das Computersystem ein Leck im Motorbereich und begann automatisch, mehrere Systeme herunterzufahren - darunter auch die Sauerstoffzufuhr. Der Pilot schaffte es nicht mehr, das Notversorgungssystem zu aktivieren.

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